Er fehlte sieben Monate wegen einer Drogensperre, er fehlte ein halbes Jahr wegen einer Dopingsperre, er verhöhnte seinen Trainer als Mr. Bean, er wurde von seinem Ex-Klub FC Chelsea auf 17,2 Millionen Euro verklagt und er war einer der besten rumänischen Fußballer aller Zeiten. Von der wechselhaften Karriere des Adrian Mutu.
Adrian Mutu und das Geld, das ist eine lange Geschichte mit vielen Kapiteln. Aktuell geht es im großen Kontext aber lediglich um kleine Summen: 15.000 Euro soll der mittlerweile 40-jährige Mutu als Trainer der Reservemannschaft des FC Al-Wahda aus Abu Dhabi monatlich kassieren, seit mittlerweile eineinhalb Jahren. Liebend gerne würde er sein Gehalt reduzieren, um dafür rumänischer U21-Nationaltrainer zu werden. 5000 Euro würde er mit dieser Tätigkeit Berichten zufolge verdienen.
Der bisherige U21-Trainer Mirel Radoi wurde zur A-Nationalmannschaft befördert und soll diese über die Nations-League-Playoffs zur EM führen, bei der Nachfolgersuche stieß der Verband auf den langjährigen Nationalspieler Mutu. Von einigen Medien wurde der Wechsel bereits als fix vermeldet, nun soll es aber Probleme bei den Verhandlungen mit Al-Wahda geben. Ausgang offen, eine Entscheidung wird Mitte Januar erwartet.
Chelsea fordert 17,2 Millionen Euro von Mutu
Ob 5000 oder 15.000 Euro, an Mutus großem finanziellen Problem ändert das wenig. Seit 2005 fordert sein Ex-Klub FC Chelsea 17,2 Millionen Euro von ihm. Damals war er des Kokainkonsums überführt, daraufhin für sieben Monate gesperrt und von Chelsea entlassen worden. Rund ein Jahr zuvor hatte der Klub den damals 24-Jährigen für 19 Millionen Euro vom AC Parma verpflichtet.
Chelsea will Entschädigung dafür und zwar zu Recht, wie der Internationale Sportgerichtshof CAS 2009 entschied. "Unmenschlich und extrem ungerecht", nannte Mutu das Urteil. Doch 2018 gab auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Chelsea Recht. Seitdem ist es in der Causa ruhig geworden. Ob Mutu die Strafe bereits gezahlt hat? Und wenn nicht: Ob er sie überhaupt zahlen kann? Man weiß es nicht.
gettyAdrian Mutu: Einer wie Gheorge Hagi
Mutu ist hoch gestiegen und tief gefallen. Er wuchs auf in der Walachei im Süden Rumäniens und überzeugte als Jungprofi bei seinem Heimatklub FC Arges Pitesti. Ein dribbelstarker, kreativer, flexibler Offensivspieler. Einer, der Tore vorbereitet und schießt. Einer wie Gheorge Hagi, der wohl größte Spieler, den Rumänien je herausgebracht hat.
Mit 19 Jahren wechselte Mutu zum Hauptstadtklub Dinamo Bukarest, schoss 22 Tore in 35 Spielen und zog nach nur einem Jahr zu Inter Mailand weiter. In die Serie A, in die reichste und berühmteste Liga dieser Zeit. Doch Mutu kam kaum zum Zug und wurde nach nur einer Saison an Hellas Verona weitergereicht. Es folgten eine durchschnittliche Saison, eine herausragende und der nächste Wechsel. Bei seinem neuen Klub AC Parma überzeugte Mutu auf Anhieb.
In London verlor Mutu die Kontrolle über sein Leben
Im Sommer 2003 übernahm Roman Abramovich den FC Chelsea und machte sich auf, die besten Spieler des Kontinents in London zu versammeln. Einen der ersten, den er holte, war für 19 Millionen Euro Mutu. Knapp eineinviertel Jahre sollte er bleiben und währenddessen die Kontrolle über sein Leben verlieren. Dabei fing alles so gut an: Gleich in den ersten drei Spielen traf er und auch im weiteren Verlauf der Hinrunde zeigte er stabile Leistungen. In der Rückrunde ließ er nach, zum Saisonstart unter dem neuen Trainer Jose Mourinho spielte er gar keine Rolle mehr.
Mutu war frustriert, bekam Depressionen und litt unter Stimmungsschwankungen. Er ließ sich samt kostspieligem Rechtsstreit scheiden und bandelte daraufhin mit einem rumänischen Pornostar an. Er kaufte teure Autos und noch teurere Jachten. Er lieferte sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei, lebte mehr in der Nacht als am Tag. Und er begann zu koksen. Als das im Oktober 2004 aufflog, war Mutu arbeitslos. "Meine Karriere liegt in Ruinen", sagte er damals. "Ich kann eigentlich aufhören, Fußball zu spielen. Was bleibt mir noch?"
Mutu: "Ich habe in Florenz meine innere Mitte gefunden"
Doch aufhören musste er nicht, weil ihm Juventus Turin bereits in der folgenden Winterpause eine neue Chance gab. Für den Verein war das Risiko gering, Mutu nach der Vertragsauflösung schließlich ablösefrei zu haben. Kurz vor Saisonende lief seine Sperre aus und Mutu debütierte für Juventus am letzten Spieltag. Pünktlich zur Meisterfeier. Im Laufe der folgenden Saison erarbeitete er sich einen Stammplatz und holte mit Juve erneut den Titel - beide wurden dem Klub wegen eines Manipulationsskandals jedoch wieder entzogen. Außerdem ereilte Juve 2006 der Zwangsabstieg.
Mutu aber blieb in der Serie A, er wechselte zum AC Florenz, wo er fünf Jahre spielen sollte. So lange wie bei keinem anderen Verein. Es begann so schön, es endete so traurig. In den ersten drei Saisons kam Mutu in der Serie A zusammengerechnet auf 63 Scorerpunkte. "Ich habe in Florenz meine innere Mitte gefunden", sagte er. "Nirgendwo ist es so schön wie hier."
Geschwänztes Training und der Nationaltrainer Mr. Bean
Und gerade als es so schön war, fiel Mutu durch einen Dopingtest. In seinem Blut wurde die verbotene Substanz Sibutramin gefunden, die in einem eingenommenen Abführmittel enthalten war. Mutu wurde erneut gesperrt. Zunächst für neun Monate, später wurde die Dauer auf sechs reduziert. Florenz kürzte Mutu während der Sperre zwar das Gehalt, hielt aber an ihm fest.
Das änderte sich, als er kurz nach seinem Comeback ein Training schwänzte. Florenz suspendierte ihn, begnadigte ihn zwar nach einer öffentlichen Entschuldigung, doch im darauffolgenden Sommer 2011 wurde er an den FC Cesena abgeschoben.
Kurz darauf flog Mutu aus der Nationalmannschaft, weil er vor einem Freundschaftsspiel gegen San Marino mit einem Teamkollegen in einer Bar beim Trinken erwischt worden war. Trainer Victor Piturca begnadigte ihn zwar, warf ihn 2013 aber final aus der Nationalmannschaft. Nach einer Nichtnominierung hatte Mutu ein Foto von Piturca mit dem Gesicht von Mr. Bean bei Facebook gepostet. Sowohl auf Klub- als auch auf Nationalmannschaftsebene verschwand Mutu von der großen Bühne.
gettyMutu fordert: Seriosität, Disziplin, Pünktlichkeit
Nach einem Abstieg mit Cesena spielte er noch ein bisschen in Frankreich beim AC Ajaccio, in seiner Heimat bei Petrolul Ploiesti, in Indien beim FC Pune City und erneut in seiner Heimat bei ASA Tirgu Mures. 2016 beendete er mit 37 Jahren ohne einen einzigen Titel seine aktive Karriere. Eine Karriere, in der so viel mehr möglich gewesen wäre.
Wenig später wurde Mutu Präsident von Dinamo Bukarest. Und damit seine Spieler nicht die gleichen Fehler machen wie er, forderte er bei seiner ersten Ansprache an die Mannschaft nach eigener Angabe drei Dinge: Seriosität, Disziplin, Pünktlichkeit. Lange konnte er die Einhaltung nicht überprüfen, denn schon bald war er wieder weg. Erst wurde er technischer Direktor des rumänischen Verbandes, dann für 61 Tage Trainer des rumänischen Erstligisten FC Voluntari und schließlich der Al-Wahda-Reserve.
Womöglich ist er bald zu geringeren Bezügen rumänischer U21-Nationaltrainer, womöglich auch nicht. Sicher ist aber: "Nach London würde ich nie zurückkehren, selbst wenn ich mit Gold bezahlt werden würde."