Jorge Mendes zum Berater des Jahrhunderts gekürt: Der kuriose Transfer des Fabio Silva

Nino Duit
05. Januar 202113:00
Fabio Silva wechselte im Sommer für 40 Millionen Euro vom FC Porto zu den Wolverhampton Wanderers.getty
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Cristiano Ronaldos Berater Jorge Mendes (54) war wohl noch nie so mächtig wie aktuell. Er verdient längst nicht mehr nur an Spielern, sondern auch an Klubs - wie der durchaus kuriose Transfer von Fabio Silva vom FC Porto zu den Wolverhampton Wanderers im vergangenen Sommer zeigt.

Als Ende Dezember zu den alljährlich vergebenen "Globe Soccer Awards" nach Dubai geladen wurde, standen diesmal nicht nur Auszeichnungen für das vergangene Jahr, sondern gleich auch für das Jahrhundert an (obwohl es Recherchen zufolge erst zu einem Fünftel absolviert ist). Bei den Spielern gewann jedenfalls Cristiano Ronaldo, bei den Trainern Pep Guardiola - und bei den ebenfalls gekürten Beratern Jorge Mendes.

Er, der sich eigentlich immer im Hintergrund hält, stand auf der Bühne und bekam seine goldene Trophäe überreicht. An diesen alljährlichen Moment im Scheinwerferlicht ist Mendes aber längst gewöhnt: Zehn von elf vergebenen Berater-Auszeichnungen gingen bisher an ihn (nur 2016 gewann Mino Raiola). Nun also die verfrühte Jahrhundert-Auszeichnung.

Während die Karriere-Höhepunkte von Ronaldo und Guardiola wohl überschritten sind, befindet sich Mendes auf seinem absoluten Zenit. Es scheint, als könne er das Jahrhundert weiterhin prägen: Kein Berater war im vergangenen Sommer an so vielen großen Transfers beteiligt wie Mendes, der unter anderem Ruben Dias für 68 Millionen Euro von Benfica Lissabon zu Manchester City transferierte (und im Gegenzug Nicolas Otamendi von City zu Benfica).

Das Paradebeispiel für Mendes' Macht im Weltfußball ist aber der 40 Millionen Euro schwere Transfer eines 18-jähriger Portugiesen mit dem Allerweltsnamen Fabio Silva - und dessen Begleiterscheinungen.

Jorge Mendes' Einfluss auf die Wolverhampton Wanderers

Rückblick: 2016 übernahm das chinesische Konglomerat Fosun International Limited für rund 50 Millionen Euro den damaligen englischen Zweitligisten Wolverhampton Wanderers. Die Investoren besitzen gleichzeitig Anteile an Mendes' Agentur GestiFute und praktizieren folgerichtig eine enge Zusammenarbeit mit dem Berater.

Neben Trainer Nuno Espirito Santo, zu Spielerzeiten einst Mendes' erster großer Transfer, wechselten seit der Übernahme etliche GestiFute-Spieler nach Wolverhampton. Unter anderem Ruben Neves, Joao Moutinho und Diogo Jota, der Mendes mal "meinen rechten Arm" nannte.

Die neu zusammengestellte Mannschaft stieg in die Premier League auf und qualifizierte sich anschließend für die Europa League, ehe im vergangenen Sommer mit Jota und Matt Doherty erstmals seit der Übernahme zwei wichtige Spieler den Klub verließen.

Der seit jeher von GestiFute beratene Stürmer Jota wechselte für rund 45 Millionen Euro zum FC Liverpool, Rechtsverteidiger Doherty, der sich in Wolverhampton der Agentur anschloss, für rund 17 Millionen Euro zu Tottenham Hotspur. Deren Trainer Jose Mourinho wird übrigens ebenfalls von GestiFute beraten. Als Ersatz für rechts hinten kam für 30 Millionen Euro mit Nelson Semedo vom FC Barcelona ein weiterer Mendes-Klient - und für den Sturm für 40 Millionen Euro Fabio Silva vom FC Porto.

Fabio Silva wechselte im Sommer für 40 Millionen Euro vom FC Porto zu den Wolverhampton Wanderers.getty

Wie Fabio Silva bei den Wolverhampton Wanderers landete

Während in den vergangenen Jahren ein GestiFute-Spieler nach dem anderen nach Wolverhampton wechselte, kämpfte sich Silva durch Portos Nachwuchsmannschaften und löste 2019 den bisherigen Rekordhalter und aktuellen Wolverhampton-und-GestiFute-Spieler Neves als jüngsten Spieler und Torschützen des Klubs ab. Von einem Stammplatz war Silva aber weit entfernt, wettbewerbsübergreifend kam er in der vergangenen Saison lediglich 531 Minuten zum Einsatz.

Auch wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie geriet Porto, das seit jeher enge Beziehungen zu Mendes' Agentur mit Sitz in Porto pflegt, unterdessen in akute finanzielle Probleme und trat offenbar mit der Bitte an Mendes heran, Silva für möglichst viel Geld an einen anderen Klub zu vermitteln. Dabei wird der Spieler gar nicht von GestiFute beraten, sondern einer Agentur namens STV.

Mendes wurde dennoch von Porto als Mittelsmann eingesetzt, und und so landete Silva völlig überraschend bei Wolverhampton, das für einen zweifellos talentierten, aber auf Profiniveau reichlich unerprobten 18-Jährigen die klubinterne Rekordsumme von erstaunlichen 40 Millionen Euro zahlte.

Letztlich verhandelte Mendes also mit Mendes. Und wurde dafür fürstlich entlohnt.

Die kuriosen Begleiterscheinungen des Silva-Transfers

Als das börsennotierte Porto wenig später seine Bilanzen veröffentlichte, kamen nämlich Details zum Transfer an die Öffentlichkeit: Von der Ablösesumme in Höhe von 40 Millionen Euro gingen nur 30 Millionen Euro an Porto, sieben dagegen an GestiFute und drei an Silvas Berateragentur STV. Während die drei Millionen Euro für STV bei einer tatsächlichen Ablösesumme von 30 Millionen Euro eine marktgerechte Provision von zehn Prozent für die den Spieler vertretenden Agentur darstellen, verwundert der Anteil für GestiFute durchaus.

Auf die kuriosen Vorgänge angesprochen, verkündete Portos Präsident Jorge Nuno Pinto da Costa im Herbst noch weitere Kuriositäten. "Mendes war ein exzellenter Agent für Porto", sagte er bei ITV und enthüllte: "Fabio hatte eine Ausstiegsklausel in Höhe von zehn Millionen Euro und wurde für 40 verkauft, wir haben also 20 Millionen Euro mehr verdient (abzüglich der zehn Millionen Euro Berater-Provision, Anm. d. Red.). Ein komischer Deal? Es war ein großartiger Deal und Mendes war dafür äußerst wichtig." Besagte Ausstiegsklausel wurde zuvor niemals thematisiert. Stattdessen hieß es stets, dass Silvas festgeschriebene Ablösesumme bei 125 Millionen Euro liege.

Es stellen sich Fragen über Fragen: Sagt Pinto da Costa die Wahrheit? Wenn ja: Warum sollte Wolverhampton freiwillig mehr Geld bezahlen? Gibt es womöglich weitere noch nicht enthüllte Absprachen oder Gefälligkeiten zwischen den Beteiligten?

Jorge Mendes ist der Gewinner - einmal mehr

Bei all den Kuriositäten und erstaunlichen Begleiterscheinungen erscheint aktuell noch völlig unklar, wer von dem Spieler und den beiden Klubs Gewinner und wer Verlierer ist. Unumstrittener Gewinner ist dagegen Mendes, der sieben Millionen Euro an einem Spieler verdiente, den er nicht einmal berät.

Übrigens kein Einzelfall: Die gleiche Summe kassierte seine Agentur dem Vernehmen nach im Sommer auch, als der ebenfalls nicht von GestiFute beratene Trincao für 31 Millionen Euro vom SC Braga zum FC Barcelona wechselte. Ein Tor geschossen hat der bei Barca bisher noch nicht - Silva, der bei Wolverhampton Ende des Jahres zu seinen ersten Startelfeinsätzen kam und bisher noch nicht wirklich überzeugte, gelang immerhin schon eines.

Gestopft wurde das durch Jotas Abgang entstandene Loch im Angriff übrigens eher durch Silvas ebenfalls von GestiFute beratene portugiesische Landsmänner Pedro Neto (vier Treffer) und Daniel Podence (drei Treffer). Die hatte Mendes für zusammengerechnet fast 40 Millionen Euro bereits in der Saison zuvor in Wolverhampton untergebracht.