Auswärtsspiel - die SPOX-Kolumne: Eine neue Weltordnung - PSG und Co. zerstören den Fußball

Von Fatih Demireli
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© getty

Paris Saint-Germain feiert sich für die Verpflichtung von Lionel Messi und beschleunigt - auch dank Corona - den Prozess einer neuen Weltordnung im Fußball. PSG findet prominente Mitstreiter und die vermeintlichen Beschützer des Fußballs machen einfach mit.

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Es gab mal eine Zeit, da gab Michel Platini am liebsten den Verfechter des ehrlichen Fußballs. Die Stimme der normalen Fans. Die Superreichen kauften sich gerade in der ganzen Fußballwelt ein und kamen in den Besitz vieler Klubs. Die Kaufwut erreichte nunmehr auch Frankreich.

Geld aus Katar sollte Paris-Saint Germain zur neuen Weltmacht machen, auch andere Klubs aus der Ligue 1 standen im Visier der Investoren. Platini, die französische Fußballlegende, schimpfte: "Wenn morgen Kataris gegen Russen spielen und es keine französischen Spieler auf dem Feld gibt, wüsste ich nicht, warum das noch Paris und Marseille heißen sollte."

Ein paar Jahre später wurde Platini festgenommen, weil ihm Korruption bei der Vergabe der WM 2022 in Katar vorgeworfen wurde. Auch über die WM 2018 in Russland gab es viele Spekulationen. Die Anschuldigungen, weitere folgten kurze Zeit später, kosteten ihm nicht nur den Job als UEFA-Präsident, sondern auch viel Ansehen. Das Verfahren in der Schweiz gegen ihn ist bis heute nicht abgeschlossen.

Wenn Geld ins Spiel kommt, vergessen selbst Volkshelden, dass sie in ihren Standardeinstellungen eigentlich mit Würde und Ehrlichkeit ausgestattet waren. Für Platini war es kein Problem mehr, wenn Kataris gegen Russen spielen - wenn nicht auf dem Platz, sondern in den Logen.

Financial Fairplay hat nicht für Fortschritte gesorgt

So darf man auch darüber zweifeln, ob es Platini immer ernst meinte, wenn er sich als größter Verfechter des Financial Fairplay aufspielte. 2014 feierte sich der damalige UEFA-Präsident dafür: "Wir haben es geschafft, den Fußball auf den richtigen Weg zurückzubringen. Dank des finanziellen Fairplay konnte eine Positivspirale in Gang gebracht werden." Das System beruhe "im Wesentlichen auf zwei Grundsätzen: Im Rahmen der eigenen Mittel handeln und bestimmte Grenzen nicht überschreiten".

Abgelesen hat Platini das Ganze vom Manifest der UEFA zum Thema Financial Fairplay, das auf der Webseite der europäischen Fußballunion in jeder Sprache zu finden ist. Dort steht geschrieben, wofür das FFP steht:

  • Für mehr Disziplin und Rationalität im Bereich der Klubfußballfinanzen sorgen;
  • Klubs dazu bringen, im Rahmen ihrer eigenen Einnahmen zu wirtschaften;
  • verantwortungsvolle Ausgaben für den langfristigen Nutzen des Fußballs fördern;
  • die Lebensfähigkeit und Nachhaltigkeit des europäischen Klubfußballs langfristig schützen.

Würden die Kollegen vom Postillon das Ganze so verfassen, würde man laut lachen. Leider ist es bitterer Ernst, verfasst von Juristen und Kommunikatoren der UEFA. In Wahrheit hat das Financial Fairplay für keinen einzigen dieser Punkte gesorgt. Zumindest nicht dort, wo es hätte funktionieren müssen.

Messi zu PSG: Das sagt Al-Khelaifi zu FFP

Das Fairplay sollte für Chancengleichheit stehen, doch vielmehr ist die Spirale, von der Platini sprach, weit auseinandergegangen. Die Klubs, die ohnehin schon solide wirtschafteten, tun es weiter. Die anderen überziehen weiter ihren Dispo und wenn der Rahmen gesprengt ist, hilft der Onkel aus der Ferne weiter und dann geht's wieder in den Minusbereich. Oder man verkauft sich vorschnell an eine Super League und deren Investoren.

Noch schöner ist, dass diese Klubs so tun, als wäre das gar nicht wahr. Als Paris Saint-Germain am Mittwoch Lionel Messi der Welt als Neuzugang präsentierte, wurde Präsident Nasser Al-Khelaifi gefragt, wie PSG bei Messi das Thema FFP geregelt habe.

Al-Khelaifi sagte: "Wir haben als Erstes auf unsere Zahlen geschaut und geprüft, ob das möglich ist. Wir haben gesehen: Ja, wir können ihn verpflichten." Man möge sich das mal vorstellen. Da sitzen die katarischen Bosse am Rechner, rufen ihren Kontostand ab und sagen: "Hey cool, wir haben ja Geld." Zumindest spielte Al-Khelaifi die Überraschung über das plötzliche Guthaben nicht.

Financial Fairplay: PSG findet stets Umwege

Dafür klang der Rest nicht sonderlich vertrauensvoll: "Für uns ist es klar, dass wir Financial Fairplay einhalten wollen. Wir wollen das immer beachten, bevor wir irgendetwas tun. [...] Wir werden den Regularien des Financial Fairplay folgen." Dass Paris seit Jahren tiefrote Zahlen schreibt und den Regularien des FFP niemals gerecht wird, ist bekannt.

Dennoch findet der Klub aus der französischen Hauptstadt immer wieder einen Umweg, um nicht die dafür geltenden Strafen zu bekommen. 2018 wurde man zwar wegen Tricksereien bei einem Sponsoringvertrag - der Sponsoringvertrag mit einer katarischen Firma soll 40 bis 60-mal weniger wert gewesen sein als die gezahlten 200 Millionen Euro - zu einer Strafe von 60 Millionen Euro verdonnert. Doch die Strafe wurde später deutlich reduziert.

Wegen der Coronapandemie setzte die UEFA 2020 die Regularien des FFP ohnehin zeitweise außer Kraft. Die Finanzjahre 2020 und 2021 wurden zusammengelegt, die Verluste dürfen über drei Jahre mehr als 30 Millionen Euro betragen, die Eigentümer dürfen die Verluste aus eigener Tasche bezahlen, wenn die Verluste mit der Pandemie zusammenhingen.

Verschoben wurde zudem wegen der Pandemie auch die Einführung des Salary Caps in Frankreich. Dort sollte, ähnlich wie in Spanien, eigentlich ab diesem Jahr eine Beschränkung gelten, dass Vereine maximal 70 Prozent der Einnahmen für Gehälter ausgeben dürften.

PSG holte allein in diesem Sommer Sergio Ramos, Georginio Wijnaldum, Achraf Hakimi und Gianluigi Donnarumma. Alle Spieler, die vorher schon bei zahlungskräftigen Klubs unter Vertrag standen und sich nun deutlich verbessert haben. Verbessert hat sich nun auch Messi, den der große FC Barcelona nicht mehr bezahlen konnte. Aber hey, bei Paris hat man nachgeschaut und es war Geld da. PSG gönnte sich innerhalb weniger Wochen die Aushängeschilder von Real und Barca.

PSG hat längst begonnen, den Fußball zu zerstören

Al-Khelaifi feierte auf der Pressekonferenz die Rekorde in den sozialen Medien, die große Aufmerksamkeit und die anstehenden Einnahmen, die Messi generieren wird. Eine neue Generation von Fußball-Fans feiern die Galaktischen von Paris. Neymar, Messi, Mbappe, Ramos und Co. Das gibt es sonst nur in den Filmen von Marvel, wenn der Hulk, Captain America, Iron Man und Co. gemeinsam die Welt retten.

Messi und Co. werden die Welt nicht retten, auch wenn das die Pariser Chefs so glauben. Vielmehr hat PSG damit längst begonnen, den Fußball, so wie wir ihn lieben, zu zerstören. Mit Manchester City, das gerade Jack Grealish für 117 Millionen Euro geholt hat und Harry Kane mindestens genauso viel bezahlen will, und einigen anderen Großklubs aus Europa findet PSG Mitstreiter.

Und die UEFA? Sie wird zuschauen und sich selbst dafür feiern, wenn sie eines Tages ein Teil dieser neuen Weltordnung im Fußball ist. Die Super League verhindert, eine eigene geschaffen und alle sind glücklich. Bis dahin wird vielleicht auch Michel Platini wieder einen Job bekommen.