Nach gewaltsamen Ausschreitungen bei einem Fußballspiel in Malang in der indonesischen Provinz Ostjava am Samstagabend (Ortszeit) wird die Zahl der Toten mit mindestens 125 angegeben. Unter den Toten seien auch zwei Polizisten, teilte die indonesische Polizei am Sonntag mit. Zudem seien 180 Menschen verletzt worden.
Tausende Menschen getrieben von Panik, um sie herum Aggression, Zerstörung und Tod, über allem ein Schleier aus Tränengas. Die erschütternden Szenen aus der Fußballarena im indonesischen Malang erinnerten an Bürgerkrieg - und führten zu einer der schwersten Stadionkatastrophen der Geschichte.
Mindestens 125 Menschen starben bei der Tragödie am Samstagabend (Ortszeit) in der Provinz Ostjava, unter den Opfern befinden sich auch Kinder. 180 Personen wurden verletzt. Zunächst war von mindestens 174 Todesopfern berichtet worden, wegen Doppelzählungen wurde diese Zahl aber nach unten korrigiert.
"Ich bedauere dieses Unglück zutiefst und hoffe, dass diese Fußball-Tragödie die letzte unserer Zeit sein wird", sagte Indonesiens Präsident Joko Widodo am Sonntag während einer Fernsehansprache.
Dabei versprach der Regierungschef "eine vollständige Untersuchung" der Vorfälle. Vom Fußballverband PSSI forderte Widodo verbesserte Sicherheitsvorkehrungen. Bis dies umgesetzt sei, sollten alle Spiele ausgesetzt werden.
Regelrechte Schlachten zwischen Polizei und wütendem Mob
Der Verband unterbrach daraufhin den Spielbetrieb in der ersten Liga zunächst für eine Woche. Dem gastgebenden Verein Arema FC wurde die Austragung von Heimspielen für den Rest der Saison untersagt. Zudem hat der Verband eine Untersuchungskommission eingesetzt, die der Polizei bei der Aufklärung der Katastrophe helfen soll. "Wir entschuldigen uns bei den Familien der Opfer und allen Beteiligten", sagte PSSI-Präsident Mochamad Iriawan.
Die Polizei beschrieb das, was sich zuvor im mit 42.000 Zuschauern ausverkauften Kanjuruhan-Stadions ereignete hatte, als "Aufruhr". Nach dem 2:3 Aremas gegen Persebaya FC, der ersten Niederlage der Gastgeber gegen den Erzrivalen seit über 20 Jahren, hätten 3000 Arema-Fans wutentbrannt das Spielfeld gestürmt. Dabei seien zwei Polizisten getötet worden. Als Reaktion setzte die Polizei Tränengas ein. Das löste eine Panik aus, wodurch zahlreichen Menschen zu Tode getrampelt wurden.
Die TV-Bilder aus dem Stadion zeigen regelrechte Schlachten zwischen Polizisten und einem wütenden Mob, dabei wurden die Arena und Polizeifahrzeuge demoliert. Dazwischen waren Menschen zu sehen, die sich in Sicherheit bringen wollten und Verletzte trugen. Gewaltsame Auseinandersetzungen spielten sich auch vor dem Stadion ab. Davon zeugten 13 ausgebrannte Fahrzeuge, darunter ein Polizeilaster.
Als Reaktion auf die Tragödie forderte Amnesty International eine Untersuchung des Tränengas-Einsatzes. Die Zuständigen müssten im Falle von Rechtsverstößen vor Gericht gestellt werden. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock war mit ihren Gedanken bei den Opfern: "Niemand sollte am Samstagnachmittag für ein Fußballspiel ins Stadion gehen - und dann nicht zu seinen Lieben zurückkehren."
Die Verantwortlichen der beiden Klubs sprachen den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus und versprachen finanzielle Entschädigungen. Auch die Spitze des asiatischen Verbands AFC meldete sich zu Wort. "Ich bin zutiefst schockiert und traurig, solch tragische Nachrichten aus Indonesien zu hören - einem Land, in dem Fußball geliebt wird", sagte Scheich Salman bin Ibrahim Al Khalifa.
gettyFIFA-Chef Infantino: "Eine unvorstellbare Tragödie"
Die Liebe zum Fußball schlägt in Indonesien allerdings regelmäßig in Gewalt um. In der Vergangenheit kam es bereits mehrfach zu tödlichen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Fanlager. Auch die Profis werden immer wieder zur Zielscheibe von Attacken und stehen teilweise unter Polizeischutz.
Ob unter diesen Voraussetzungen die für das kommende Jahr geplante U20-WM tatsächlich in Indonesien ausgetragen werden kann, erscheint mehr als fraglich. Auch eine geplante Olympia-Bewerbung steht nun unter keinem guten Stern. Genau wie die Reise von Borussia Dortmund. Der BVB plant während der WM-Pause eine Partie in Indonesien. PSSI-Generalsekretär Yunus Yussi hat bereits Kontakt mit dem Weltverband FIFA aufgenommen, um Sanktionen zu vermeiden.
Gianni Infantino sprach am Sonntag von einer Fußballwelt im "Schockzustand". "Dies ist ein dunkler Tag für alle, die am Fußball beteiligt sind, und eine unvorstellbare Tragödie", sagte der FIFA-Präsident: "Ich spreche den Familien und Freunden der Opfer, die nach diesem tragischen Vorfall ihr Leben verloren haben, mein tiefstes Beileid aus."
Stadionkatastrophen haben in der Vergangenheit immer wieder für Entsetzen gesorgt. Weltweit gilt das Unglück im britischen Hillsborough-Stadion im Jahr 1989 als eines der verheerendsten, als beim Zusammenbruch der Tribünen 97 Fans des FC Liverpool ums Leben kamen.
2012 starben in Port Said in Ägypten bei Ausschreitungen nach einem Fußballspiel 74 Menschen. 1964 wurden bei einer Massenpanik während eines Olympia-Qualifikationsspiels zwischen Peru und Argentinien im Nationalstadion von Lima 320 Menschen getötet und mehr als 1000 Personen verletzt.