Ablösesummen können im Fußball manchmal eine Last sein. Obwohl die Spieler meist gar nicht dafür verantwortlich sind, für wie viel Geld sie von Verein A zu Verein B transferiert werden, schwingen in jeder Summe auch Erwartungen mit. Je mehr Geld geflossen ist, desto höher sind die Ansprüche, die der neue Klub und dessen Fans an den Spieler stellen.
Manche Fußballer kommen damit klar und lassen in der Folge keinen Zweifel daran aufkommen, dass jeder gezahlte Cent gerechtfertigt war. Andere jedoch gehen aufgrund ihrer sportlichen Leistungen als finanzielles Desaster in die Vereins- oder gar Fußballhistorie ein.
Zu letzterer Gruppe dürfte wohl der Brasilianer Denilson gehören. Nach der WM 1998 zahlte Real Betis 31,5 Millionen Euro an den FC São Paulo, um den Linksaußen zu verpflichten. Bemerkenswert: Damit wurde Denilson zum damals teuersten Fußballer der Welt, die von Betis gezahlte Summe war ein Rekord.
24 Jahre später freilich lacht die Fußballwelt über derartige Beträge. Und es ist äußerst unwahrscheinlich, dass ein Klub wie Betis noch einmal einen solchen Rekord aufstellen wird. Von den Leistungen, die der geneigte Fußballfan schon damals von einem derart teuren Spieler und auch noch von einem Brasilianer erwarten durfte, war Denilson aber weit entfernt.
Denilson: Vom Jungstar Brasiliens zum teuersten Spieler
Aber warum nahm Betis überhaupt so viel Geld in die Hand? Nun, Denilson hatte durchaus einen vielversprechenden Start in seine Karriere. 1996 wurde er als damals 19-Jähriger erstmals in die brasilianische Seleção berufen und hinterließ direkt Eindruck. Bei der Copa América ein Jahr später glänzte er im Halbfinale gegen Peru mit einem Tor und bereitete im Finale gegen Bolivien zwei Treffer vor, unter anderem einen von Ronaldo. Ein neuer Star am brasilianischen Fußballhimmel schien geboren, beim Confederations Cup ein halbes Jahr später wurde er mit dem Goldenen Ball als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet.
Doch Denilson hatte auch Schwächen. Sein rechter Fuß war ziemlich unbrauchbar, zudem traf er immer wieder schlechte Entscheidungen. Bei der WM 1998 jedenfalls war von seinen wenige Monate zuvor gebrachten Leistungen schon nicht mehr viel zu sehen. Nur einmal stand er beim Turnier in Frankreich in der Startelf. Im Finale gegen Frankreich kam er nach der Halbzeitpause ins Spiel und ließ sein Talent durchaus aufblitzen, sorgte aber in einer Situation gegen Lilian Thuram auch für Kopfschütteln, als er nach einer guten Bewegung viel Raum vor sich hatte, diesen mit seinem rechten Fuß aber nicht bespielen konnte und stattdessen noch einmal in den Zweikampf ging, ehe der Ball nach einem schwachen Pass verloren ging.
Dennoch glaubte Betis an den damals immer noch erst 20-Jährigen und zahlte besagte Rekordsumme, um Denilson zu verpflichten. Und nicht nur das: Der Klub gab ihm sogar einen Zehnjahresvertrag. Doch von Erfolg war der Klub meilenweit entfernt. Im Gegenteil: In Denilsons zweiter Saison bei den Andalusiern stieg Betis ab. Allerdings war die Spielzeit ohnehin äußerst ungewöhnlich, denn auch der Stadtrivale FC Sevilla und Atlético Madrid mussten den Gang in die Zweitklassigkeit antreten. Die berühmten Begleiter dürften bei Betis aber kaum jemanden getröstet haben.
Denilson wurde anschließend für ein halbes Jahr in seine Heimat zu Flamengo verliehen und kehrte im Januar 2001 nach Spanien zurück. Immerhin verhalf der dem Klub zur sofortigen Rückkehr ins spanische Oberhaus. Doch auch danach gelang ihm der Durchbruch nicht, nur drei Tore steuerte er in der Saison 2001/02 in der Liga bei.
Denilson: Weltmeister 2002, dann folgte der Niedergang
Nichtsdestotrotz wurde Denilson von Brasiliens Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari für die WM in Japan und Südkorea nominiert, wo er zu fünf Einsätzen als Joker kam, darunter auch zu einem Kurzeinsatz im Finale gegen Deutschland. Einen in negativer Hinsicht denkwürdigen Auftritt legte er im Halbfinale gegen die Türkei hin, als er nach seiner Einwechslung beim Stand von 1:0 gleich mehrere gute Möglichkeiten zur Vorentscheidung kläglich vergab, unter anderem in der 90. Minute, als er sich entschied, zur Eckfahne zu gehen, anstatt den völlig freien Luizao anzuspielen.
Wenngleich er sich nach dem Turnier Weltmeister nennen durfte, so konnte Denilson in seiner Karriere keine Glanzpunkte mehr setzen. 2005 verließ er Betis Richtung Frankreich, es folgten weitere Stationen in Saudi-Arabien, den USA, Brasilien, Vietnam und Griechenland. Nach seinem Abschied vom griechischen Klub AO Kavala im Jahr 2010 endete seine Karriere - vermeintlich. Ein letztes irres Kapitel gab es dann nämlich doch noch.
Zwölf Jahre nach dem Ende in Griechenland verkündete Denilson im März 2022 eine sensationelle Rückkehr in den Fußball. Der inzwischen 44-Jährige unterschrieb beim unterklassigen brasilianischen Klub Íbis SC. Das Besondere daran: Íbis gilt mehr oder weniger offiziell als der schlechteste Klub der Welt. Zwischen 1980 und 1984 blieb der Verein drei Jahre, elf Monate und 26 Tage lang ohne einen einzigen Sieg und stellte damit einen Rekord auf, der sogar einen Eintrag im Guinness-Buch bekam. Doch bei Íbis schämt man sich nicht etwa für diese ungewöhnliche Ehre, sondern man ist stolz darauf. Das Maskottchen des Klubs wurde "Derrotinha" genannt, was übersetzt "Verlierer" bedeutet.
Denilson jedenfalls verkündete seinen ungewöhnlichen Schritt auf Twitter ziemlich euphorisch. "Jetzt kann ich es sagen! ES IST OFFIZIELL! Die Einladung kam und nachdem ich mit meiner Familie darüber gesprochen habe... hat der Vater hier beschlossen, nach zwölf Jahren zum Fußball zurückzukehren! Ab heute trage ich dieses Trikot", schrieb er. Ein ungewöhnliches Finale einer ebenso ungewöhnlichen Geschichte des einst teuersten Spielers der Welt, der die großen Erwartungen doch nie erfüllen konnte.