"1000 Probleme!" Keine Sponsoren, kein TV-Partner und jede Menge Unmut: Die neue FIFA Klub-WM schon jetzt im Krisen-Modus

Von Thomas Hindle/Daniel Buse
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Das vieldiskutierte Turnier wird im nächsten Sommer in den USA stattfinden - aber noch sind viele Fragen offen.

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In gerade einmal neun Monaten findet die brandneue Klub-WM in den USA statt. Das ist nicht mehr lange hin - aber niemand weiß aktuell, wie genau sie ablaufen wird. Das Turnier, das zuvor jährlich ausgetragen wurde, ist überarbeitet und auf 32 Klubs ausgebreitet worden - so viel ist klar. Aber ansonsten gibt es rund um die Klub-WM momentan mehr Fragen als Antworten.

Eine Antwort gab es am Wochenende - und die betraf die Spielorte des Turniers: In Atlanta, Charlotte, Cincinnati, Los Angeles, Miami, Nashville, Philadelphia, Seattle, Washington und Orlando wird gekickt. Das Finale findet am 13. Juli in New Jersey statt. Doch weiterhin hat die FIFA Schwierigkeiten, einen TV-Vertrag abzuschließen und Sponsoren für das neu gestaltete Turnier zu finden, für das sie schon seit längerer Zeit die große Werbetrommel rührt.

Die Bedenken der Spieler, was die Belastung durch die zusätzliche Anzahl der Spiele angeht, treffen auf das Interesse der Fans, die Top-Klubs der Welt auf dem immer stärker wachsenden Fußballmarkt USA zu sehen. Es wird ein Großereignis - aber eines, das schon vor der ersten Austragung im Sommer 2025 vor einer ungewissen Zukunft steht.

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Wie das neue Turnier ablaufen soll

Die FIFA veranstaltet mit der Weltmeisterschaft zwar das größte Fußballturnier der Welt, aber in der Schweizer Zentrale des Weltverbandes ist man allem Anschein nach ein wenig eifersüchtig auf den Erfolg der von der UEFA veranstalteten Champions League und deren extremer Beliebtheit im Vergleich zur Klub-WM.

Das Interesse an der Klub-Weltmeisterschaft hat in den letzten zehn Jahren erheblich nachgelassen. Vor allem den Fans der europäischen Top-Klubs ist das Turnier ziemlich egal, selbst wenn ihr eigener Verein beteiligt ist. Der Zeitpunkt des Turniers - in der Regel im Dezember - bedeutet, dass gleichzeitig auch in den nationalen Ligen gekickt wird, was viel mehr Interesse auf sich zieht. Außerdem haben sich die Fans der beteiligten europäischen Vereine lange nicht so zahlreich auf den Weg zu diesem Turnier gemacht wie ihre Kollegen aus Südamerika oder Asien.

Aus diesem Grund wurde das neue Format der Klub-Weltmeisterschaft aus der Taufe gehoben. Anstelle des etwas unübersichtlichen Turnierformats mit sieben Mannschaften wie in den letzten Jahren ist das Format mit 32 Teams in acht Vierergruppen den Fans aus aller Welt viel vertrauter. Wie die WM und die EM soll auch die Klub-WM alle vier Jahre stattfinden - und das im europäischen Sommer, in dem sie eigentlich die volle Aufmerksamkeit der Fans bekommen kann und nicht wie bisher um die Gunst der Zuschauer kämpfen muss.

Von den Teilnehmern der Erstausgabe 2025 kommen zwölf aus Europa, darunter Real Madrid und Manchester City mit Weltstars wie Kylian Mbappé und Erling Haaland. Außerdem sind Klubs wie Chelsea, Barcelona und Paris Saint-Germain vertreten; aus Deutschland sind Bayern München und Borussia Dortmund mit dabei. Die Seattle Sounders und per Wildcard wahrscheinlich auch Lionel Messi und Inter Miami vertreten den Gastgeber USA. Auch die Mannschaften aus Mexikos Liga MX, Monterrey, León und Pachuca, werden zweifellos viel Unterstützung erhalten. Und man darf gespannt sein, wie sich Al-Hilal, der Meister der Saudi Pro League, gegen die anderen Top-Teams schlägt.

Der ehemalige Arsenal-Trainer Arsène Wenger, der inzwischen bei der FIFA tätig ist, hat vielleicht am besten zusammengefasst, was das Turnier erreichen soll: "In Europa haben wir Glück", sagte er letztes Jahr, "aber es ist wichtig, dass wir den Fußball zu einer globalen Sache machen. Denn nur dadurch haben andere Vereine eine Chance, weiterzukommen. Das ist das eigentliche Ziel."

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"Vereine werden die Einladung ausschlagen"

Das vielleicht größte Fragezeichen, was das Sportliche angeht, steht hinter den Kadern, die Europas Top-Klubs mit zur Klub-WM nehmen werden. Denn es könnte sein, dass einige Vereine auf ihre Stars verzichten, die dann gerade eine anstrengende Saison mit mehr Europapokal-Duellen als jemals zuvor hinter sich gebracht haben. Außerdem hatten die Top-Stars wegen der EM und der Copa América auch schon den Sommer 2024 nicht frei.

Real Madrids Trainer Carlo Ancelotti äußerte im Sommer im Gespräch mit der italienischen Zeitung Il Giornale Zweifel daran, dass die Blancos das Turnier sonderlich ernst nehmen werden: "Die FIFA vergisst, dass einige Spieler und Mannschaften nicht an der neuen Klub-WM teilnehmen werden. Ein einziges Spiel von Real Madrid ist 20 Millionen Euro wert, und die FIFA will uns diesen Betrag für das gesamte Turnier geben. Das wird nicht passieren. Wie wir werden auch andere Vereine die Einladung ausschlagen."

Real beeilte sich, Ancelottis Äußerungen schnell richtigzustellen und betonte, dass der Klub selbstverständlich teilnehmen werde. Aber die Sätze des italienischen Trainers deuteten den Unmut der besten Trainer und Spieler der Welt an, für den diese neue, aufgeblähte Klub-WM gesorgt hatte.

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Sorgen um die Gesundheit der Spieler

Es war Ironie des Schicksals, dass Rodri von Manchester City zunächst öffentlich gegen den seiner Ansicht nach viel zu vollen Spielplan protestierte, nur um sich dann Tage später das Kreuzband zu reißen. Der spanische Europameister spekulierte, dass die Spieler wegen des vollen Terminkalenders sogar streiken könnten, was nichts Gutes für eine Klub-WM verheißt, die nach wie vor für die Spieler viel weniger wichtig als die heimische Liga oder die Europapokal-Wettbewerbe ist.

"Ich denke, dass wir kurz vor einem Spielerstreik stehen. Das ist doch leicht zu verstehen“, sagte Rodri bei einer Pressekonferenz. "Ich denke, wenn man irgendwelche Spieler fragt, werden alle dasselbe sagen. Es ist nicht nur meine Meinung. Ich denke, das ist die generelle Ansicht aller Spieler. Und wenn es so weitergeht, wird es einen Moment geben, an dem wir keine andere Wahl haben. Aber warten wir es ab. Ich weiß nicht, was passieren wird, aber es ist etwas, das uns beunruhigt, weil wir die Leidtragenden dieser Entwicklung sind."

Er und andere Spieler, die sich ähnlich geäußert haben, liegen nicht falsch: Für die Teilnehmer an der Klub-WM wird dies die anstrengendste Saison der Geschichte. Falls zum Beispiel ManCity das Finale der Champions League, der beiden nationalen Klubwettbewerbe und der Klub-WM erreicht - was durchaus möglich ist -, könnte das Team mehr als 80 Spiele in dieser Saison bestreiten.

Natürlich gibt es immer eine gewisse Rotation, aber Rodri räumte ein, dass "40 bis 50" Spiele wahrscheinlich die optimale Anzahl für einen Profi sind, um eine ganze Saison lang konstant auf hohem Niveau zu spielen.

Dies ist auch kein rein europäisches Problem: In der MLS wurde der Spielplan mit der Einführung des Leagues Cups im Jahr 2023 immer voller. Und auch in Südamerika sind zusätzliche Wettbewerbe geschaffen worden und haben die Anzahl der Spiele entsprechend erhöht.

Auch die Spielergewerkschaften haben schon Bedenken geäußert. Die Verbände aus England, Frankreich und Italien haben eine gemeinsame Beschwerde bei der FIFA eingereicht, weil sie Sorge haben, dass die Spieler über ihre Grenzen hinaus belastet werden. Die weltweite Spielergewerkschaft FIFPro droht mit rechtlichen Schritten.

Gianni Infantino.
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Die TV-Rechte sind noch nicht verkauft

Neben dem Platz gibt es für die FIFA noch mehr Grund zur Sorge. Der Weltverband bemüht sich seit Monaten darum, einen weltweiten TV-Vertrag für das Turnier abzuschließen. Bislang kam es aber nicht zu einer Einigung, weil die FIFA ihre ganz eigenen Vorstellungen hat: Berichten zufolge bot Apple eine Milliarde US-Dollar für einen weltweiten Rechtevertrag, was jedoch deutlich unter den von der FIFA geforderten vier Milliarden lag.

Am 19. September sah sich FIFA-Präsident Gianni Infantino, der sich Berichten zufolge bislang nicht besonders intensiv mit den Klub-WM-Problemen beschäftigt hat, veranlasst, eine Art Krisengipfel mit Entscheidungsträgern aus der Welt des Fußballs und der der TV- und Streaming-Anbieter abzuhalten, um eine Einigung zu erzielen. Mehr als eine Woche später wurde jedoch noch immer kein Ergebnis verkündet - und es gibt keine offiziellen Informationen darüber, ob eine Einigung über die Übertragungs- und Streamingrechte überhaupt in greifbarer Nähe ist.

Es sind nicht nur die unterschiedlichen Preisvorstellungen, die Anlass zur Sorge geben. Nach Angaben von The Athletic zögern die europäischen Sender wegen der Terminüberschneidung mit Wimbledon und der Frauen-EM. In den USA sind die Dinge noch undurchsichtiger: Es wurde berichtet, dass "ein großes US-Medienunternehmen mit einem bedeutenden Sportportfolio so wenig von diesem Wettbewerb überzeugt war, dass es den Wert der nordamerikanischen Rechte auf etwa 30 Millionen Dollar schätzte“.

Übertragungs- und Streaming-Rechte im Fußball sind oft auf mehrere Anbieter auf der ganzen Welt verteilt - so hat die Premier League beispielsweise Rechte für den Zeitraum von 2022 bis 2025 an 40 Medienunternehmen in 97 verschiedenen Ländern verkauft. Auf der anderen Seite hat Apple der MLS mindestens 2,5 Milliarden Dollar über zehn Jahre für die globalen Rechte zugesagt.

Es sieht bislang jedenfalls so aus, als ob die erwarteten Einnahmen der FIFA aus der Rechtevergabe bei Weitem nicht so hoch ausfallen werden wie erhofft.

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Sponsoren-Fragen ungeklärt

Dann ist da noch die Frage des Sponsorings, die zwangsläufig mit einem Übertragungs- und Streaming-Deal verknüpft ist. Ein Teil des Problems war mehreren Berichten zufolge die fehlende Klarheit über die Spielorte - in einigen Fällen wäre es für potenzielle Sponsoren einfacher, sich auf bestimmte Märkte zu konzentrieren, wenn sie wüssten, wo die Spiele stattfinden werden. Zumindest diese Unklarheiten wurden am Wochenende mit der Bekanntgabe der Austragungsorte beseitigt.

Auch das Fehlen eines globalen TV-Deals könnte potenzielle Partner beunruhigen. Obwohl es voraussichtlich viele US-Sponsoren geben wird, ist der angeblich geforderte Preis in Höhe von 100 Millionen Dollar pro Sponsor höher als die Preise, die die NFL und NBA aufrufen.

Laut The Athletic haben FIFA-Offizielle angedeutet, dass die neu gestaltete Klub-WM ein Turnier mit so viel Potenzial ist, dass auch die Sponsorenverträge auf einem neuen Niveau gerechtfertigt seien. Die langjährigen FIFA-Partner Coca-Cola und adidas argumentieren ihrerseits, sie hätten bereits die Rechte an der Klub-WM in ihren Paketen erworben.

Die Übertragungs- und Werbeeinnahmen werden benötigt, um die großen Klubs mit garantierten Zahlungen zu beschwichtigen, deren Saison um einen Monat verlängert wird, um an dem Turnier teilnehmen zu können. Berichten zufolge hatte die FIFA gehofft, dass ihre aktuellen Werbepartner bereit wären, ihre bestehenden Verträge zu neuen Konditionen zu verlängern. Bis heute ist in dieser Frage jedoch nichts passiert.

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Was passiert mit den Spielerverträgen?

Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass Spielerverträge traditionell am 30. Juni enden. Dieses Datum fällt aber 2025 mitten in die dann laufende Klub-WM - und noch ist völlig unklar, wie mit Spielern umgegangen wird, die beispielsweise von einem Klub-WM-Teilnehmer zum anderen wechseln. Spielen diese dann die ersten Duelle noch für den alten Klub, die entscheidenden um den Titel dann für den neuen?

Laut der englischen Zeitung Telegraph gibt es bei der FIFA die Überlegung, dass Spieler mit einem im Sommer 2025 auslaufenden Vertrag, wie Bayern Münchens Joshua Kimmich, gleich ganz vom Turnier ausgeschlossen werden. Das würde aber allein beim FC Bayern sieben Spieler betreffen - und das Team schon vor dem ersten Anpfiff extrem schwächen.

Eine klare Ansage des Weltverbandes, wie mit dieser Situation umgegangen wird, steht noch aus - und die Ungewissheit sorgt mit Sicherheit nicht nur in München dafür, dass man sich noch einmal etwas weniger auf das Turnier freut.

SSC NEAPEL, Aurelio de Laurentiis
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Gibt es auch positive Nachrichten?

Wenn man davon ausgeht, dass all diese Probleme noch gelöst werden, dürfte es ein Turnier werden, bei dem es für die Vereine einen großen Anreiz geben wird, teilzunehmen und zu gewinnen.

Eine Zeit lang herrschte der Eindruck, dass es bei diesem Turnier nur bessere Testspiele geben wird. 2019 machte der damalige Liverpool-Trainer Jürgen Klopp kurz vor dem Halbfinale seine Meinung zur Klub-WM deutlich: "Man kann nicht einfach Turniere hinzufügen. Das läuft nicht. Die FIFA mag es nicht, wenn ich das sage - sorry - aber es ist meine Meinung und meine Meinung muss manchmal richtig sein, weil ich den ganzen Tag über Fußball nachdenke."

Dennoch gab und gibt es finanzielle Anreize für die Beteiligten. ManCity hat Berichten zufolge fünf Millionen Dollar mit dem Sieg im Jahr 2023 verdient. Mit mehr Teilnehmern dürften auch die potenziellen Einnahmen steigen.

Der Präsident von Napoli, Aurelio De Laurentiis, zeigte sich nach der Champions-League-Niederlage gegen Barcelona in der vergangenen Saison enttäuscht. Nicht etwa, weil seine Mannschaft aus dem wichtigsten europäischen Wettbewerb rausgeflogen war, sondern weil sie damit auch das Ticket für die lukrative Klub-WM verspielt hatte. Er spekulierte sogar darüber, dass Juventus - das sich stattdessen qualifiziert hatte - aufgrund seiner finanziellen Vergehen, die zum Ausschluss aus dem Europapokal in der Saison 2023/24 geführt hatten, das Ticket abgeben sollte.

"Ich denke, dass auch Napoli auf jeden Fall dort spielen sollte, denn wenn Juventus von der UEFA mit dem Ausschluss aus dem Europapokal bestraft wurde, sollten sie auch nicht zur Klub-WM zugelassen werden. Auch wenn uns als Napoli die Teilnahme für die danach anstehende Liga-Saison tausend Probleme bereiten würde", sagte De Laurentiis.

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Große Ungewissheit

Irgendwann wird sich alles regeln. Selbst bei all den Diskussionen über Sponsoren, Fernsehrechte und die unzufriedenen Spieler ist es unvorstellbar, dass die FIFA keine Antworten findet und das Turnier nicht wie geplant durchführt.

Trotz der großen Ungewissheit ist dies immer noch ein globales Fußballereignis. Manchen mag es nicht gefallen, aber es wird in den USA stattfinden, und die Fans werden zu den Spielen strömen. Ja, es gibt Fragen, die beantwortet werden müssen. Aber ob man will oder nicht: Die FIFA wird es am Ende doch hinbekommen. Die Frage ist nur, wie.

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