"Brutal hartes Vorgehen" und einen "Boykott" forderte Uli Hoeneß wutentbrannt. "Sperren für internationale Wettbewerbe, zeitlich begrenzten Rauswurf aus der Nationalelf oder eine Wechselsperre für ein Jahr" schlug Felix Magath vor.
Und Klaus Allofs bat die restlichen Bundesliga-Klubs darum, solche Profis keinesfalls unter Vertrag zu nehmen, "weil die Bundesliga zusammenhalten muss und diese Spieler nicht verpflichten darf".
Die Äußerungen jener Drei sind etwa zehn Monate alt und richteten sich gegen in den Medien als "Söldner" betitelte, wechselwillige Fußball-Profis in Deutschland.
Als Prototyp des Fußball-Söldners wurde in jenen Wochen Demba Ba auserkoren, der seinen Klub unbedingt Richtung Premier League verlassen wollte, aber von Hoffenheim keine Freigabe erhielt.
Vom Söldner zum Helden
Deshalb griff Ba zu anderen Mitteln. Der Senegalese schwänzte den Fitnesstest, trat die Reise ins Trainingslager gar nicht erst an und konzentrierte sich stattdessen auf die Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Nachdem er bei Stoke City durch den Medizincheck gefallen war, heuerte er bei West Ham United an. Und in Hoffenheim war man mittlerweile froh, das Kapital Ba endlich schließen zu können.
Doch trotz sieben Toren des Senegalesen landete West Ham zum Saisonende auf einem Abstiegsplatz. "Er wollte unbedingt zu einem Top-Klub: Söldner-Profi Demba Ba in England abgestiegen", spottete eine deutsche Sportzeitung am Tag darauf.
Nur ein halbes Jahr später steht Ba mit Newcastle unmittelbar hinter ManUtd auf Platz drei. Die Magpies sind nach elf Spieltagen noch ungeschlagen - der beste Premier-League-Saisonstart in der Vereinshistorie! Ba belegt in der Torjägerliste mit acht Saisontreffern den fünften Rang und wird als "Hattrick-Hero" von Fans und Medien gefeiert.
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Glorreicher Rachefeldzug
Insbesondere sein jüngster Dreierpack beim Auswärtsspiel gegen Stoke City - hier bissen sich diese Saison schon Chelsea, Liverpool und ManUtd die Zähne aus - war das ultimative Statement des Demba Ba. Ausgerechnet bei dem Klub, der sein Knie in der letzten Winterpause für nicht standhaft genug hielt und ihn wieder vor die Tür setzte, bevor irgendein Vertragsdokument unterzeichnet war.
Im Nachhinein hatte Stoke-Trainer Tony Pulis so seine Probleme, die Absage an Ba im Januar zu rechtfertigen. "Wir wollten ihn wirklich haben, aber die Leute dürfen nicht vergessen, dass er uns inklusive Gehalt neun Millionen Pfund gekostet hätte", sagte der, der Ba einst als "massives Risiko" und "tickende Zeitbombe" bezeichnet hatte.
Doch Ba ließ sich nicht beirren und geht nun als großer Triumphator aus den Diskussionen um seine Person hervor: "Ich war mir immer sicher, dass ich es schaffen würde. Ich hatte nie vor, aufzugeben, nur weil ein paar Leute 'Nein' gesagt haben."
Ein besonderer Dank gilt dabei seinem Coach: "Er hatte großes Vertrauen in mich und hat vom ersten Tag weg an mich geglaubt", so Ba über Newcastle-Trainer Alan Pardew. "Als ich am Anfang eine schlechte Zeit hatte, sagte er mir: 'Ich weiß, dass du es packst! Arbeite einfach weiter. Und wenn du etwas brauchst, sag mir Bescheid'."
Trainer Pardew: Perfektionist und Schlüsselfigur
Doch so leicht die Vorgaben des 50-Jährigen ("hier in Newcastle musst du Tore schießen, das ist verdammt wichtig") auf den ersten Blick auch erscheinen mögen, so schwer ist der Coach der Magpies auf dem Platz zu überzeugen.
Für Bas Teamkollege Steven Taylor ist Pardew gar der "am schwersten zufriedenzustellende und anspruchsvollste" aller neun Trainer, die er bisher erlebte. "Er lässt mich nie aus den Augen. Seine Standards sind sehr hoch, er ist ein Perfektionist. Doch er hat es geschafft, dass wir als Team zusammenstehen", so der Mittelfeldspieler weiter.
Wie genau es Pardew tatsächlich mit seiner Arbeit als Coach nimmt, lässt sich im Training erkennen. Gleich drei computergesteuerte GPS-Systeme verfolgen jede Bewegung jedes einzelnen Spielers, helfen somit bei der Analyse individueller Schwächen und können kontrollieren, ob sich der entsprechende Spieler im entsprechenden Bereich verbessert hat.
Pardew selbst, der im vergangenen Winter den Posten von Chris Hughton übernahm und einen Fünfeinhalbjahres-Vertrag (!) unterschrieb, sieht bereits zahlreiche Fortschritte. "Vergangene Saison standen wir oft vor einem Sieg, aber es fehlte an Spielkontrolle, um den Gegner davon abzuhalten, ständig Druck auszuüben. Im Gegensatz dazu kamen wir in einem der letzten Spiele auf über 400 Pässe, das gab es seit meiner Ankunft noch nie!"
Neuverpflichtungen als Erfolgsgaranten
Ein anderer wichtiger Grund für das flüssig funktionierende, auf Ballbesitz ausgerichtete Spiel der Magpies ist ein weiterer Neuzugang: Yohan Cabaye, der aus dem defensiven Mittelfeld heraus den Spielrhythmus vorgibt und den heimlichen Lenker auf dem Rasen gibt.
Dessen Verpflichtung war für Ba ein zentraler Anstoß, um sich ebenfalls Newcastle anzuschließen: "Als ich hörte, dass er zu Newcastle wechselt, half mir das bei meiner Entscheidung. Ich wusste, dass ein Spieler wie er nirgendwo unterschreiben würde, wenn es nicht etwas Gutes wäre. Mit solchen Leuten zusammenzuspielen, macht das eigene Spiel noch besser", schwärmt Ba vom Franzosen.
Auch die weiteren Eckpfeiler des Newcastle-Höhenflugs sind ein Produkt des seit dem Trainerwechsel stattfindenden Umbruchs. Abwehr-Boss Fabricio Coloccini wächst über sich hinaus, seitdem er zum Kapitän ernannt wurde. Und auch der Mut, Keeper-Talent Tim Krul dem erfahrenen Steve Harper vorzuziehen, zahlte sich aus: In der laufenden Saison stellt Newcastle die beste Abwehr der Premier League (nur acht Gegentore).
Ba träumt von der Champions League
Folglich macht sich Hoffnung breit bei den Magpies. Hoffnung auf mehr als nur Platz zwölf, wie noch in der vergangenen Saison. Zwar stellt Demba Ba klar, man hätte jetzt "nicht den Meistertitel im Blick", doch das Träumen vom internationalen Geschäft ist offenbar erlaubt. "Wenn wir an den Klubs dort oben dranbleiben, gibt es die Chance, etwas Großes zu schaffen. Wie zum Beispiel das Erreichen der Champions League."
Allerdings fehlt es der aktuellen Premier-League-Tabelle noch ein wenig an Aussagekraft, musste Newcastle doch bislang nur gegen eines der Top-Teams ran (0:0 gegen Arsenal). Aber sollten die Magpies auch nach den drei anstehenden Spieltagen - die Gegner lauten ManCity, United und Chelsea - ihren dritten Platz behaupten können, dürften die Rufe nach neuen Saisonzielen deutlich lauter werden.
Auch Ba weiß, dass es schwerer wird, "in den kommenden Wochen die gleichen Resultate wie davor zu erzielen". Doch auf welchem Tabellenrang auch immer, der Senegalese hat in Newcastle sein großes Glück gefunden: "Ich liebe es hier. Ehrlich gesagt, ist das die beste Zeit meines Lebens."
Schon 15 Premier-League-Tore: Die Bilanz von Demba Ba