Tottenham Hotspur
Das Restprogramm
West Bromwich Albion (H), FC Chelsea (A), FC Southampton (H), Newcastle United (A)
Dreimal Mittelfeld, einmal Keller. Die Tottenham Hotspur müssen es auf dem Papier mit keiner Top-Mannschaft mehr aufnehmen, geht es doch noch gegen WBA, Chelsea und Southampton, die allesamt entfernt vom Abstiegskampf um Platz zehn herum stehen. Doch während West Bromwich noch versuchen wird, sich endgültig aus möglichen Abstiegssorgen zu befreien, ist Chelsea dann doch ein anderes Kaliber, als der Tabellenplatz verrät.
Gleiches gilt für Southampton. Die Saints spielen sauberen Fußball und sind selbst gar nicht so weit von der Spielidee des Spurs-Trainers Mauricio Pochettino entfernt. Letztlich bleibt Newcastle United am letzten, vielleicht entscheidenden, Spieltag. Gerade hier wartet ein riesiger Stolperstein, kämpft das Team doch noch immer gegen den Abstieg und hat sich mit Rafa Benitez einen echten Taktikfuchs als Feuerwehrmann geangelt.
Für die Spurs sind die letzten vier Spieltage mit vier Siegen sicher nicht unmöglich, besonders auswärts wird es aber sehr schwer. Dazu kommt der Druck, den die Londoner wohl langsam verspüren dürften. Jeder noch so kleine Ausrutscher macht den Titeltraum mit fünf Punkten Rückstand so gut wie ausgeträumt.
Die Stimmung
Nervös, zappelig und ungeduldig ist man im Lager der Spurs. Die Titelchance ist so groß wie vielleicht nie zuvor, mit Pochettino ist man in vielen Punkten die beste Mannschaft der Liga, liegt aber doch hinter einem Überraschungsteam. Diese Chance gibt es so schnell nicht wieder, dessen ist man sich bewusst. Doch genauso ist man sich bewusst, noch viel Arbeit vor sich zu haben. "Das ist unser Traum, wir müssen daran glaube, dass er wahr wird", fasste der Trainer gut zusammen.
Denn während alles von Leicester als Titelträger spricht, käme das für Tottenham nicht weniger plötzlich. Seit Jahren zählt man immer als Kandidat der könne, wenn er denn wolle und ein Ausnahmejahr erwische. Dieses Ausnahmejahr ist jetzt da: "Das wichtigste ist jetzt, dass wir den Druck hochhalten. Wenn Leicester Punkte lässt, sind wir da."
Torjäger Harry Kane ließ die Anspannung nach dem Sieg über Stoke City durchblitzen: "Leicester hatte gepatzt und es hat mich eineinhalb Tage gejuckt, endlich zu spielen. Wir sind bereit, die Lücke so schnell wie möglich zu schließen."
Die Form
Tottenham befindet sich auf einem nie dagewesenen Hoch und hat sich in den letzten Monaten zum besten Team der Liga entwickelt. Spielerisch, offensiv, defensiv, bei Standards - Pochettinos Team ist in allen Statistiken führend. Im Gegensatz zu Leicester kommt das Team über ein hervorragendes Spiel in Ballbesitz und spielt stets hochqualitative Chancen heraus. Das spiegelt sich in den Ergebnissen wieder, die Spurs zerspielen ihre Gegner teilweise.
Die Konstanz ist hoch, gepunktet wird durchgehend. Und doch hat man seit Anfang März sieben Punkte verloren. Gegen West Ham, Arsenal und Liverpool genügte es nichts zum Sieg. Wenn die Balance zwischen Offensive und Defensive allerdings hergestellt werden kann, dann sind die Spurs nicht zu halten, so zu sehen etwa beim 3:0 über Manchester United.
Die Form der Spurs zeigt steil nach oben, wo und wann sich die Steigung reduziert, wird im Meisterschaftskampf entscheidend sein. Einzelne Spieler sind derzeit an ihrem Leistungslimit oder spielen sogar leicht darüber, können sie dieses halten, ist Tottenham in der Premier League kaum zu schlagen.
Das Personal
Vor den entscheidenden Wochen im Titelkampf ist bei den Spurs alles fit, was fit sein kann. Die Leistungsträger der letzten Wochen stehen allesamt zur Verfügung, die Doppel- oder Dreifachbelastung ist schon lange vorbei. Mit Nabil Bentaleb wird Anfang Mai ein weiterer Mittelfeldspieler ins Mannschaftstraining zurückkehren, der die Dauerbrenner Delle Alli, Moussa Dembele und Eric Dier gelegentlich entlasten könnte.
Aufgrund der Partien in Pokal und Europa League haben viele der Spieler schon beinahe 50 Spiele absolviert, besonders Harry Kane und das genannte Mittelfeld erhielten kaum eine Pause. Müde scheint dennoch keiner der Profis zu sein, große Rotationsmöglichkeiten gibt der Kader ohnehin nur schwer her, der Qualitätsabfall macht sich sofort bemerkbar.
Sollte die Personallage weiterhin so entspannt bleiben, hat Pochettino ein enorm schlagkräftiges Team zusammen. Wenn nicht, könnte sich die große Abhängigkeit von einzelnen Spielern negativ auf die Leistung auswirken.
Der Schlüsselspieler
Der Hurrikane soll die Spurs noch zum Titel tragen. 24 Tore hat Harry Kane in der laufenden Saison schon erzielt und damit ganze 14 mehr als der zweite der internen Torschützenliste. Er macht einen großen Teil der Offensivgefahr der Spurs aus, kreiert Chancen nicht nur, sondern schließt sie eben auch ab. Doch nicht nur als Torjäger ist er gefragt, denn Kane ist in den letzten vier Spielen auch Inspiration für das Team.
22 Jahre alt, englischer Nationalspieler, Leistungsträger, Torschütze, Führungsspieler, Eigengewächs und Dauerbrenner. Keines der 34 Liga-Spiele hat er verpasst, die wochenlange Durststrecke zu Beginn des Jahres einfach weggesteckt. Kane trägt vielleicht nicht die Kapitänsbinde am Arm, wohl ist er aber ein Spieler, zu dem der Rest des Kaders aufschaut.
Die englischen Medien haben ihn inzwischen als "Predator" in der Jagd auf den Titel ausgemacht, er selbst ist heiß wie kein Zweiter: "Vor der Saison war viel Gerede, ob ich ein One-Hit-Wonder wäre. Das hat das Feuer in meinem Bauch noch weiter angefacht, ihnen das Gegenteil zu beweisen." Das geht nicht nur Kane so, ganz Tottenham wartet darauf, die Kritiker verstummen zu lassen.