"Jedes Spiel gleicht einer Schlacht"

Uwe Rösler hat in seiner Karriere bisher unter anderem Leeds United trainiert
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Wenn man die finanziellen Möglichkeiten der Vereine vergleicht sieht man einen großen Unterschied. Alle Spieler von RB Leipzig zusammen haben beispielsweise einem Marktwert von circa 37 Millionen Euro, demgegenüber steht Hull City mit über 60 Millionen Euro...

Rösler: Auch wenn sich die reichen Vereine in der Regel bessere Spieler kaufen können und meistens weiter oben stehen, sagt das Geld nicht unbedingt alles über die Qualität der Spieler aus. Dafür, dass der Umsatz in Deutschland nicht so hoch ist wie in England, herrscht in Deutschland eine unheimlich hohe Qualität. Aber England ist die klare Nummer eins.

SPOX: Inwiefern?

Rösler: Die Premier League ist die ausgeglichenste Liga Europas. Nächstes Jahr haben sieben Mannschaften realistische Chancen, den Titel zu gewinnen. Diese Spannung ist einzigartig und da können weder Spanien noch Deutschland mithalten. Das ist natürlich nur durch die finanziellen Gegebenheiten möglich. Ich sehe an der Kommerzialisierung auf der Insel aber auch negative Seiten.

Hull City - Sheffield Wednesday (Sa., 18 Uhr): Das Finale im Livestream bei SPOX

SPOX: Welche?

Rösler: In Deutschland ist der Fußball sehr familienfreundlich. In England hingegen ist alles sehr teuer und eine vierköpfige Familie kann sich den Eintritt ins Stadion kaum noch leisten. Es ist traurig, dass die jüngere Generation des englischen Fußballs die Spiele der Premier League teilweise nur noch am Fernseher miterleben kann.

SPOX: Kein Wunder, dass die neutralen Fans im Meisterschaftskampf für den Außenseiter Leicester City mitgefiebert haben. Das Team von Claudio Ranieri steht für ehrlichen und kämpferischen Fußball ohne die ganz großen Stars. Ist es vorstellbar, dass es in den nächsten Jahren ein ähnliches Märchen gibt?

Rösler: Nein, was Leicester geschafft hat, wird es so nie wieder geben. Das ist eine der größten Errungenschaften in der Geschichte des englischen Fußballs und es war unglaublich, mit welcher Gelassenheit das Team den Titel geholt hat. Aber im nächsten Jahr werden die großen Vereine geschlossen Geld in die Hand nehmen und sich namhaft verstärken. Da kann Leicester nicht mehr mithalten.

SPOX: Manchester City hat zum Beispiel Pep Guardiola als Trainer verpflichtet. Sie selbst standen jahrelang für City auf dem Rasen. Passt er zu Ihrem Ex-Klub?

Rösler: Pep Guardiola passt zu jedem Verein, er ist der beste Trainer der Welt. Auch sein ewiger Widersacher Jose Mourinho landet in Manchester, dadurch wird die Stadt zum Zentrum des englischen Fußballs. Ich freue mich auf die Derbys - das werden Partys.

SPOX: Wird Guardiola den englischen Fußball mehr prägen als Jürgen Klopp?

Rösler: Beide sind dazu verdammt, Titel zu gewinnen und das wird in England äußerst schwierig. Die Konkurrenz ist bei jedem Aussetzer zur Stelle, diese Leistungsdichte macht die Premier League so reizvoll. Auch die Abstiegskandidaten machen einem das Leben enorm schwer und man muss in jedem Spiel das Leistungsmaximum abrufen, sonst ist der Zug schnell abgefahren. Speziell im März oder April tun sich englische Mannschaften international schwer, weil sie alle drei Tage Gas geben müssen und selten Spieler schonen können. Aber durch die hohe Anzahl der Spiele steigen die Einnahmen.

SPOX: Auch deshalb fließt immer mehr Geld im Fußball, besonders die Gehälter der Spieler steigen stetig. Wären Sie jetzt gerne nochmal Spieler?

Rösler: Ich bin sehr zufrieden mit meiner Karriere, weil ich aus meinen Möglichkeiten sehr viel gemacht habe. Das ging so weit, dass ich fünfmal für die Nationalmannschaft der DDR spielen durfte. Nein, ich würde nicht lieber in der heutigen Zeit spielen. Ich kenne keinen Neid, auch wenn die Gehälter teilweise utopisch sind. Früher wurde man dafür nicht ständig überwacht: Ich saß auch mal mit Fans im Pub und habe ein paar Bier getrunken.

SPOX: Mittlerweile arbeiten Sie als Trainer, aber seit Oktober betreuen Sie keinen Verein. Wie geht es weiter?

Rösler: Ich will demnächst wieder als Trainer in England arbeiten und da das sehr schnell gehen kann, verfolge ich den Fußball intensiv. Ich will bestmöglich vorbereitet sein. In den letzten Monaten lagen mir zwar Angebote aus der Türkei und Griechenland vor, aber da war nicht das Richtige dabei.

SPOX: Wäre ein Engagement außerhalb von England nicht denkbar?

Rösler: Neben England kommt nur eine Rückkehr nach Deutschland in Frage. Deshalb war ich in den letzten Monaten auch häufig dort und habe zudem deutsche Mannschaften im Trainingslager begleitet. Diese Erfahrung war wichtig für mich, um neue Ideen und Ansätze kennenzulernen. Die Deutschland-Besuche können mir im doppelten Sinne helfen: Einerseits bin ich für einen etwaigen Job vorbereitet, andererseits kenne ich den deutschen Spielermarkt. Sollte ich in England unterschreiben, habe ich bereits ein Portfolio an interessanten Spielern, die vielleicht nicht jeder auf dem Zettel hat.

SPOX: Vor über einem Jahr sollen Sie bei 1860 im Gespräch gewesen sein. Was ist an diesem Gerücht dran?

Rösler: Das stimmt, ich hatte im Februar 2015 mit dem damaligen Sportchef Gerhard Poschner sehr engen Kontakt. Das hat sich dann aber leider aus familiären Gründen zerschlagen.

Uwe Rösler im Steckbrief

Inhalt: