"Arsene knows": Ein Ausspruch, den Fans des FC Arsenal lange pflegten, wenn Arsene Wenger wieder vor einer kritischen Entscheidung stand. Doch das Urvertrauen in den Franzosen hat bei den Londonern nach einigen erfolglosen Transferperioden gelitten. Die Anhängerschaft wünscht sich Stareinkäufe, ein Stürmer soll unbedingt her. Dabei haben die Gunners andere Baustellen. Der Kadercheck.
Tor: Petr Cech, David Ospina, Emiliano Martinez, Matt Macey
Ein Wort, zehn Buchstaben: Sorgenfrei. Grund dafür ist Wengers letzter größerer Transfer, Cech, der vergangenen Sommer für 14 Millionen von Chelsea losgeeist wurde - ein Stareinkauf.
Für Wojciech Szczesny war der Transfer sein persönlicher Anfang vom Ende in London. Der Pole, dessen Vertrag bei Arsenal noch bis 2018 läuft, flüchtete zur AS Roma. Das Leihgeschäft wurde kürzlich um ein weiteres Jahr verlängert. Cechs Arbeitspapier ist sogar noch eine Spielzeit länger dotiert. Der 34-Jährige besitzt immer noch internationale Klasse - mindestens. Zudem hat der Tscheche unlängst seine Nationalmannschaftskarriere beendet, um sich ausschließlich auf den Klub zu konzentrieren.
Hinter Cech scharrt mit Ospina der kolumbianische Nationaltorhüter mit den Hufen. Der 27-Jährige vertrat Cech wettbewerbsübergreifend in der abgelaufenen Spielzeit zwölfmal. An der Rangordnung wird sich mit ziemlicher Sicherheit nichts ändern.
Nummer drei ist der junge Argentinier Martinez, der in den vergangenen Jahren verliehen wurde. Zuletzt stand er in der Championship bei Wolverhampton zwischen den Pfosten. Gibt es eine erneute Leihe, übernimmt der 21-jährige Brite Macey seine Rolle.
Innenverteidiger: Laurent Koscielny, Gabriel Paulista, Calum Chambers, Per Mertesacker, Rob Holding, Krystian Bielik
Wenger hat sich bislang nicht von der Dreierketten-Euphorie anstecken lassen, die durch Europa schwappt, und agierte in der Vorbereitung durchgehend mit Viererkette. Nach der schweren Knieverletzung von Mertesacker (Rückkehr nicht vor Dezember), muss Koscielny in seiner siebten Saison als Gunner noch mehr Verantwortung übernehmen. Der 30-Jährige steigt nach dem verlängerten Euro-Urlaub erst diese Woche ins Mannschaftstraining ein, der Liga-Alltag beginnt jedoch bereits am Sonntag (17 Uhr im LIVETICKER) gegen den FC Liverpool.
Wenger erklärte am Rande des letzten Tests gegen Manchester City am Sonntag (3:2), dass Koscielny noch keine Option für die ersten Ligaspiele sei, stattdessen behutsam Fitness aufbauen solle. Abwehrchef sollte in der Übergangszeit eigentlich Paulista sein, der sich gegen die Citiziens allerdings am Knöchel verletzte. Laut Wenger werde der Brasilianer noch am Montag genauer untersucht.
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Chambers oder Drei-Millionen-Neuzugang Holding, die eigentlich neben Paulista hätten verteidigen sollen, müssen nun wohl ein unerfahrenes Abwehrduo bilden. Einen Premier-League-Einsatz kann Holding noch nicht vorweisen, gleiches gilt für den 18-jährigen Polen Bielik, der in der Vorbereitung überraschend Spielzeit von Wenger erhielt.
Wenger wollte deswegen noch einen gestandenen Verteidiger verpflichten. Der FC Valencia forderte für Shkodran Mustafi 50 Millionen Euro. Zu viel.
Linksverteidiger: Nacho Monreal, Kieran Gibbs
Das Spielermaterial auf links genügt definitiv höheren Ansprüchen. Monreal absolvierte vergangene Saison 36 Einsätze in der Premier League. Der Spanier spielte in den Plänen von Nationaltrainer Vicente del Bosque dennoch keine Rolle, sodass der 30-Jährige die gesamte Vorbereitung abspulen konnte.
Gleiches gilt für Gibbs, doch das Teilen der Spielzeit dürfte mit Pflichtspielstart enden. Er wird seine Minuten bevorzugt in den Pokalwettbewerben erhalten. Eine Variante für den Saisonstart: Monreal könnte den linken Innenverteidiger geben und Gibbs auf links ins Team rutschen.
Rechtsverteidiger: Hector Bellerin, Carl Jenkinson, Mathieu Debuchy
Als Shootingstar geht Bellerin nicht mehr durch. Zu überzeugend und konstant waren die Auftritte des 21-Jährigen in der abgelaufenen Saison.
Jenkinson plagt sich mit einem Bänderriss durch die Vorbereitung. Bellerin wäre aber auch konkurrenzlos, wenn er fit gewesen wäre. Debuchy steht kurz vor einer Leihe zu Galatasaray. Zunächst muss aber noch geklärt werden, wer wie viel Gehalt übernimmt.
Defensives, zentrales Mittelfeld: Francis Coquelin, Mohamed Elneny, Aaron Ramsey, Granit Xhaka, Jack Wilshere
Hier geht es eng zu. Was sicher scheint: Wenger bevorzugt ein 4-5-1-System. Gegen offensivstarke Teams positioniert der Coach zwei, gegen defensiv eingestellte Teams nur einen Sechser vor der Abwehrkette.
Da Özil erst in der Woche vor dem Saisonstart ins Training einsteigt, wird Arsenal wohl anfangs mit zwei Sechsern auflaufen - die Qual der Wahl. In der Vorbereitung erhielten Coquelin und 35-Millionen-Neuzugang Xhaka die meiste Spielzeit. Sie starteten ebenfalls gemeinsam gegen City.
Elneny kämpft um Spielanteile, wurde am Sonntag nach der Halbzeit eingewechselt. Ramsey - nach seiner bockstarken EM mit Wales - und Wilshere haben noch Trainingsrückstand. Sind alle fit, wird es definitiv lange Gesichter auf der Bank geben. Wilshere und Ramsey dürfen immerhin darauf hoffen, ebenfalls eine Reihe weiter vorne eingesetzt zu werden. Ramsey agierte gegen City 63 Minuten lang auf der Zehn. Im Moment haben wohl Xhaka und Coquelin die Nase vorn.
Offensives Mittelfeld: Mesut Özil, Santi Cazorla
Die Ausnahmestellung des deutschen Nationalspielers ist zementiert. Hinter Özil liegt seine beste Saison als Gunner. Das verrät schon die Statistik: sechs Tore und satte neunzehn Vorlagen in 35 Spielen sprechen für sich. Den Vorwurf, in großen Spielen zu oft abzutauchen, konnte er noch nicht gänzlich widerlegen - aber die Richtung stimmte. Özil bewegt sich zwischen internationaler und Weltklasse. Kann er seine Grenzen weiter verschieben, wird Arsenals profitieren.
Bis der Deutsche nach der langen Saison inklusive EM bei 100 Prozent ist, zieht Cazorla die Fäden im Mittelfeld. Der erfahrene Spanier kann aber auch gemeinsam mit Özil agieren. In der Vorbereitung spielten auch Wilshere und Ramsey auf der Zehn. Gegen Liverpool wird voraussichtlich aber der Spanier auflaufen.
Linksaußen: Alexis Sanchez, Alex Iwobi, Serge Gnabry
Der chilenische Superstar erlitt im Copa-Finale eine Knöchelverletzung und startete erst vergangene Woche ins Mannschaftstraining. Beim ersten Spiel auf der Skandinavien-Reise wurde Sanchez nicht eingesetzt. Gegen City gab er sein Comeback und ließ seine Klasse aufblitzen.
Fakt ist, das Kraftpaket kann seine Stärken nur dann einbringen, wenn es fit ist. Langfristig ist er aus den ersten Elf nicht wegzudenken und neben Özil der entscheidende Mann. Gegen Liverpool könnte er zunächst den Joker mimen.
In der Vorbereitung erhielt der junge Nigerianer Iwobi Spielzeit, blühte mit einem Doppelpack gegen ganz schwache Norweger aus Stavanger auf und traf gegen City zum Ausgleich - ein Spieler mit Perspektive. Gnabry ist davon weit entfernt. Nicht nur, weil er mit der deutschen Olympia-Auswahl in Rio weilt. Der Dribbler wurde im vergangenen halben Jahr ausschließlich in der Reserve eingesetzt. Zukunft offen.
Rechtsaußen: Alex Oxlade-Chamberlain, Theo Walcott, Joel Campbell
Walcott hat die gesamte Vorbereitung verletzungsfrei überstanden. Man muss kein Hellseher sein, dass er Arsenal immer noch helfen kann, wenn er fit ist. Traf gegen City und bereitete zudem ein Tor vor.
Fans und Verantwortliche träumen von einer fitten, spritzigen Flügelzange Walcott/Sanchez. Das ist über eine komplette Saison aufgrund der Verletzungshistorie doch eher unrealistisch. Mit Alex Oxlade-Chamberlain (22) und Joel Campbell (24) stehen aber Alternativen bereit. Von Campbell hatten sich Experten bereits nach der starken WM 2014 mit Costa Rica eigentlich den nächsten Schritt erwartet. Bringt er seinen starken Abschluss auf den Platz, kann er wichtig werden. Alle drei können auch in der Spitze spielen, was in der Vorbereitung getestet wurde, da Stoßstürmer Oliver Giroud erst ins Training eingestiegen ist. Ein fitter Walcott ist sicherlich erste Wahl.
Angriff: Olivier Giroud, Danny Welbeck, Takuma Asano, Yaya Sanogo, Chuba Akpom
Die Anhänger wollten und wollen den ganz großen Namen sehen. Zwischenzeitlich stand ein Tauschgeschäft zwischen dem nach Turin gewechselten Gonzalo Higuain und Giroud auf der Agenda. Der Franzose stieg nach seinem EM-Urlaub ebenfalls erst diese Woche ins Training ein. Wenn er fit ist, wird er wohl gesetzt sein.
Welbeck fällt mit seinem Knorpelschaden mindestens bis Februar 2017 aus. Sanogo ist als Backup eingeplant, Neuzugang Asano benötigt Anpassungszeit, obwohl er zum besten Nachwuchsspieler der J-League gewählt wurde. Youngster Akpom aus Nigeria hat sich mit Treffern in der Vorbereitung zumindest in die Nähe des Kaders gespielt, gegen Chelsea gelang ihm der dritte Treffer. Er konnte aber in der abgelaufenen Saison mit nur drei Toren in der Championship wenig Eigenwerbung betreiben. Vielleicht stellt Wenger zum Saisonstart einen seiner Außenspieler in die Spitze. Das könnte die Chance für Campbell sein.
Der Kader der Gunners im Überblick