Es war zweifelsohne ein stürmischer Sommer, zumindest aus Sicht des DFB und vor allem aus Sicht von Mesut Özil. Ein Sommer, in dem die Titelverteidigung bei der WM in Russland ganz oben auf der Agenda stand, und der ganz anders endete, als es sich die Verantwortlichen, die Fans und Özil selbst ausgemalt hatten.
Die Erdogan-Fotos brachten einen Stein ins Rollen, der sich dank WM-Debakel und anschließendem Rücktritt aus der Nationalmannschaft schnell in eine Lawine der Entrüstung verwandelte. Und auch heute noch, gut vier Monate nach den umstrittenen Fotos, bleibt festzuhalten: Um Özil kehrt einfach keine Ruhe ein.
Mesut Özil: Gerüchte um Wechsel in die Türkei
Wie aus dem Nichts machte Anfang der Woche ein windiges Gerücht die Runde, wie ein Lauffeuer verbreitete es sich im Internet: Steht Özil vor einem Wechsel in die Türkei?
Dies vermeldete zumindest die türkische Zeitung Fotomac. Angeblich wolle Özil sein Heim in London aufgeben und den FC Arsenal verlassen, angeblich sei ein Wechsel zu Fenerbahce im Gespräch. Letztlich stellte sich jedoch heraus, dass hinter diesem Gerücht relativ wenig Substanz steckte.
Dennoch schlug die Meldung hohe Wellen - wie aktuell alles, was Özil anfasst beziehungsweise was über den Mittelfeldspieler geschrieben wird. Genährt wird die Gerüchteküche um die Zukunft Özils sicherlich auch durch den schwachen Start von Arsenal in der Premier League und die immer wieder aufkeimenden Berichte über Differenzen zwischen Özil und seinem neuen Coach Unai Emery.
Mesut Özils Verhältnis zu Unai Emery
Ähnlich wie die Spekulationen um einen baldigen Vereinswechsel sind allerdings auch diese Berichte an den Haaren herbeigezogen, sagt zumindest Chris Wheatley, Arsenal-Korrespondent bei Goal.com.
Er beschreibt die Beziehung von Özil und Emery als "normal" und "professionell". "Die Berichte über einen Streit wurden vom Verein, von Mitspielern und von Personen aus dem näheren Umfeld des Spielers zurückgewiesen", sagt Wheatley.
Auch Emery selbst betonte immer wieder, dass es keine Probleme zwischen ihm und dem Starspieler gebe. Auch nach enttäuschenden Leistungen stellte er sich schützend vor Özil - und davon gab es in der aktuellen Spielzeit auch schon ein paar.
Mesut Özil: Schwacher Start mit dem FC Arsenal
Da wäre an erster Stelle der Auftritt Özils am zweiten Premier-League-Spieltag gegen Chelsea zu nennen. Die Gunners mussten sich dem Lokalrivalen mit 2:3 geschlagen geben, Özil wurde nach schwachen 67 Minuten ausgewechselt.
In den englischen Medien wurde der Deutsche für seine Leistung zerissen, Emery stärkte jedoch Özils Rücken: "Ich bin zufrieden mit ihm, denn er hat hart gearbeitet. Wir werden mit ihm weiterarbeiten und ihm helfen, aber auch verlangen, dasss er jeden Tag Einsatz zeigt. Aktuell tut er das - und mit der Zeit wird er auch wieder ein gutes Spiel zeigen."
In der darauffolgenden Partie gegen West Ham stand Özil nicht im Kader. Erneuten Berichten eines heftigen Streits zwischen Coach und Spieler schob Emery aber sofort den Riegel vor. "Das stimmt nicht", so Emery. "Er war gestern krank und hat sich entschieden, heute nicht zu spielen."
Arsenal-Fans stehen hinter Mesut Özil
Ein bitterer Beigeschmack blieb dennoch bei vielen Beobachtern haften. Immerhin von Seiten der Arsenal-Fans scheint Özil Rückhalt zu bekommen. "Die Fans haben hohe Erwartungen an Özil", so die Einschätzung von Wheatley. "Sie verstehen aber auch, dass er nach dem frühen WM-Aus und allem, was danach passiert ist, einen schwierigen Sommer hinter sich hat."
Klar sei Wheatley zufolge aber auch, dass Özil möglichst bald wieder mit sportlichen Leistungen überzeugen muss. Ein erster Schritt in die richtige Richtung war am vierten Spieltag gegen Cardiff City zu sehen. Beim 3:2-Sieg startete Özil auf der Außenbahn, nach der Halbzeit versetzte ihn Emery allerdings ins Zentrum. Das tat sowohl dem Spiel von Özil als auch dem von Arsenal sichtbar gut.
Mesut Özil: Leistungsdaten in der Premier League
Saison | Spiele | Tore | Assists |
2018/19 | 3 | - | - |
2017/18 | 26 | 4 | 9 |
2016/17 | 33 | 8 | 10 |
2015/16 | 35 | 6 | 19 |
2014/15 | 22 | 4 | 6 |
2013/14 | 26 | 5 | 10 |
Diese Aufwärtstendenz gilt es nach der Länderspielpause aufrecht zu halten. Setzen Emery und Özil ihre mittlerweile Zusammenarbeit fort, sieht Wheatley keinen Grund für einen Wechsel des Deutschen.
"Ich denke, Özil wird mindestens bis zum Ende seines aktuellen Vertrags bei Arsenal bleiben", sagt Wheatley. Arsenals Zehner hatte sein Arbeitspapier bei den Gunners erst im Februar dieses Jahres bis 2021 verlängert, laut Medienberichten streicht er dafür ein Gehalt in Höhe von 20,6 Millionen Euro ein - jährlich wohlgemerkt.
Welche Optionen hat Mesut Özil?
Weder finanziell noch in sportlicher Hinsicht ergäbe der kolporierte Wechsel in die Türkei also Sinn. Das Niveau der Süper Lig kann mit dem der Premier League bei weitem nicht mithalten. Ein Wechsel von Özil in die Heimat seiner Großeltern will Wheatley dennoch nicht grundsätzlich ausschließen: "Es ist möglich - allerdings nicht in absehbarer Zeit. Ich denke, so ein Wechsel ist eher gegen Ende seiner Karriere wahrscheinlich."
Zusätzlich bleibt festzuhalten: Auch wenn an den Gerüchten irgendetwas dran sein sollte und Özil tatsächlich Arsenal verlassen möchte, besonders viele Möglichkeiten - die zudem auch sportliche Relevanz garantieren - bieten sich dem Mittelfeld-Strategen eher nicht.
Die Brücken nach Deutschland sind aus offensichtlichen Gründen zerstört, sein Ruf als Spieler in der Premier League ist angekratzt. Einzig Jose Mourinho outet sich regelmäßig als großer Fan des Deutschen, ein Wechsel zu Manchester United scheint aktuell dennoch mehr als utopisch. Was bleibt also? Eine Rückkehr nach Spanien? Oder ein Versuch in Italien?
Am wahrscheinlichsten ist wie so oft die offensichtliche Option: Özil bleibt bei Arsenal. Abgesehen von den windigen Gerüchten der Fotomac gibt es derzeit keine ernstzunehmenden Hinweise darauf, dass Özil in London unglücklich ist. Bestätigt sich zudem der leichte Aufwärtstrend von Arsenal aus den vergangenen beiden Spielen und kann Özil endlich wieder sportlich für Schlagzeilen sorgen, werden sicherlich auch die Nebengeräusche weniger. Und davon hatte Özil in diesem Sommer definitiv genug.