"F*cking Sarriball!" Die Fans des FC Chelsea hatten am Montag bei der 0:2-Niederlage im FA Cup gegen Manchester United endgültig die Nase voll vom Fußball ihrer Mannschaft, den Trainer Maurizio Sarri seit seiner Ankunft an der Stamford Bridge im Sommer peu a peu versucht hat, umzusetzen.
Warum auch nicht? Schließlich hatte eben jener Stil den SSC Neapel zu einem ernsthaften Konkurrenten für Abo-Meister Juventus Turin gemacht. Beim FC Chelsea aber fruchtete Sarris Konzept nur kurzfristig.
Nach einem starken Saisonstart mit fünf Siegen in Folge begann das Spiel der Blues zu lahmen. Im neuen Jahr holte Chelsea in der Premier League lediglich sieben von 18 möglichen Punkten, rutschte aus den Champions-League-Rängen und kam beim AFC Bournemouth (0:4) und Manchester City (0:6) kräftig unter die Räder.
Selbst der Einzug ins Finale des Carabao Cups, in dem die Blues am Sonntag erneut auf die Cityzens treffen (17.30 Uhr live auf DAZN), täuscht nicht darüber hinweg, dass an der Stamford Bride stürmische Zeiten angebrochen sind. Sarri hat nach Informationen von SPOX und Goal noch drei Spiele Zeit, um das Ruder mit positiven Ergebnissen herumzureißen.
Einige Gründe für die Krise hängen zwar direkt mit Sarri zusammen, andere sind aber kaum dem Trainer anzulasten.
1. Der "Sarriball" erlebt in England eine Art Götterdämmerung
"Sarriball". Das war jenes offensive und auf kurze Pässe ausgelegte Ballbesitzspiel mit oft nur einem Kontakt. Ein Mix aus hohem Pressing und dem Locken der gegnerischen Mannschaft. Eine Taktik, die den SSC Neapel unter Sarri binnen zwei Jahren zu einem ernsthaften Anwärter auf den Scudetto gemacht hat.
"Sarriball" ist technisch hochwertig, anspruchsvoll, aber auch riskant. Der Ball ist immer in Bewegung, besonders in Sarris Viererkette. Die Verteidiger passen sich mehrfach den Ball hin und her oder binden sich fallenlassende zentrale Mittelfeldspieler ein. Das tun sie auch dann, wenn der Gegner presst. Ein Fehlpass, ein Fehler bei der Ballannahme und der Gegner steht direkt vor dem Tor.
Der Plan dabei ist, das gegnerische Pressing ins Leere laufen zu lassen, um dann mit vertikalen Pässen blitzschnell das Mittelfeld zu überbrücken. Die drei Angreifer und Mittelfeldspieler sind dabei ständig in Bewegung, wechseln immer wieder die Positionen. Als "vertikales Tiki-Taka", wurde die Spielweise von Sarris Napoli in Italien gefeiert.
Doch in der Premier League beim FC Chelsea sieht es anders aus. Einerseits, weil Sarri einer zuvor von Antonio Conte trainierten und defensiv sowie auf Konter ausgerichteten Mannschaft seinen hochkomplexen Fußball erst einmal einprägen muss.
Andererseits ist Chelsea unter Sarri ausrechenbar und unflexibel. So fällt zumindest das Urteil vieler britischer Sportjournalisten in den vergangenen Wochen und Monaten aus. Falsch liegen sie damit nicht. Sarri rüttelt nicht an seiner Grundsystematik, dem 4-3-3, und ebenso wenig an seinem Personal auf dem Feld.
Vier Spieler haben bei Chelsea bis dato jedes Spiel in der Liga bestritten, drei weitere verpassten nur eine Partie. Überraschungsmomente bezüglich der taktischen Ausrichtung und der Startaufstellung sind rar gesät. Daher werden gegnerische Trainer von Sarri immer seltener kalt erwischt. Ganz im Gegenteil.
Arsenal-Trainer Unai Emery lieferte beispielsweise eine Blaupause, wie man die Blues überraschen und in der Konsequenz mit einfachen Mitteln schlagen kann. Die Gunners liefen am 23. Spieltag erstmals überhaupt in dieser Saison mit einer Raute im 4-4-2 und einer Doppelspitze aus Pierre-Emerick Aubameyang und Alexandre Lacazette auf.
Aaron Ramsey wurde auf Chelseas Spieleröffner Jorginho, der wie schon bei Napoli Sarris Lenker sein soll, angesetzt. Damit kamen die Blues nicht zurecht, verloren mit 0:2.
"Barcelonas Spiel war auch vorhersehbar, aber sie haben trotzdem gewonnen", konterte Sarri auf die Frage, warum er nicht das System oder seine Startelf wechsele. Das mag zutreffen, aber im Gegensatz zu Barcelona verlieren die Blues im laufenden Kalenderjahr in der Liga häufiger (Drei Mal) als dass sie gewinnen (Zwei Mal).