Özils Horror-Jahr 2018/19 begann mit dem gemeinsamen Bild mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan kurz vor der Weltmeisterschaft, wofür er und Ilkay Gündogan harsch kritisiert wurden. "Erdogan ist der derzeitige Präsident der Türkei, und ich würde dieser Person immer Respekt zollen, wer auch immer es ist", verteidigte Özil nun sein Handeln. Er sei zwar in Deutschland geboren und aufgewachsen, die Türkei gehöre jedoch zu seiner Identität.
Für Özil war es eine Frage des Respekts. Schließlich würde er sich auch mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel ablichten lassen. Özil und Gündogan wurden in der Folge angefeindet, als "Ziegenficker" oder "türkisches Schwein" beschimpft, wie Özil erzählte.
Özil: "Rassimus hat sich in Mitte der Gesellschaft verlagert"
"Rassismus war schon immer da, aber die Menschen haben diese Situation als Vorwand benutzt, um ihrem Hass freien Lauf zu lassen", erklärte Özil, der den jüngsten rassistisch motivierten Angriff auf eine Synagoge in Halle als Beispiel heranzog, um auf die fortwährenden Probleme in Deutschland hinzuweisen: "Leider ist Rassismus nicht mehr nur ein rechtsgerichtetes Thema im Land. Es hat sich in die Mitte der Gesellschaft verlagert."
Nach der für Özil sehr schwierigen WM in Russland zog er die Reißleine und trat aus der Nationalelf zurück. Mittlerweile sei er "sehr glücklich" über diese Entscheidung. Ich sage nicht, dass die Leute mich lieben müssen, sondern nur Respekt vor dem, was ich für Deutschland getan habe. Meine Generation hat den deutschen Fußball verändert", sagte Özil. Er habe sich respektlos behandelt und unsicher gefühlt. Niemand aus dem DFB-Team habe ihm den Rücken gestärkt: "Alle schwiegen einfach und ließen es geschehen."
Mesut Özil will Vertrag beim FC Arsenal erfüllen
Nach der WM kehrte Özil früher nach London zurück, um sich auf seine erste Saison unter dem neuen Trainer Unai Emery vorzubereiten. Der Spanier aber setzte nicht immer auf Özil. Arsenals Bestverdiener fand sich vermehrt auf der Bank wieder.
An einen Wechsel dachte Özil dennoch nie: "Du kannst schwierige Zeiten durchmachen, so wie jetzt, aber das ist kein Grund, wegzulaufen, und das werde ich auch nicht. Ich habe einen Vertrag bis zum Sommer 2021 und werde bis dahin bleiben."
Emery begründete die vielen Nicht-Berücksichtigungen seines Spielmachers mit fehlenden Trainingseinheiten, mangelnder Fitness oder einfach damit, dass andere Spieler es mehr verdient hätten oder besser in den Matchplan passen würden. "Es ist natürlich enttäuschend. Aber als Profifußballer muss ich die Entscheidung des Trainers respektieren. Doch nicht beteiligt zu sein, von zu Hause aus zuzusehen, gibt mir das Gefühl, hilflos zu sein", gab Özil zu.
Schließlich trainiere er "nicht die ganze Zeit nur um der Sache willen". Trotz der Differenzen zwischen ihm und Emery habe er großen Respekt vor seinem Trainer.
Özil wehrt sich gegen Kritiker: "Bin nicht der einzige Spieler"
Kaum ein Spieler polarisiert mit seiner Spielweise so wie Özil. Viele schätzen sein Gespür für frei Räume und freistehende Mitspieler. Immer wieder muss der 31-Jährige aber auch Kritik einstecken. Seine lasch anmutende Körpersprache missfällt einigen Experten und Ex-Profis. Vor allem in "großen" Spielen tauche Özil immer wieder unter, er sei nur gut, wenn die Mannschaft gut spiele.
Dagegen wehrt sich Özil: "Ich bin nicht der einzige Spieler im Team und, das darf man nicht vergessen, einige unserer Gegner sind einfach besser als wir. Außerdem kann in der Premier League jeder jeden schlagen."
Seine Spielweise werde er nicht verändern. Seine Körpersprache, die einige als unmotiviert und antriebslos interpretieren, erklärt Özil so: "Wenn ein Spiel nicht gut läuft oder ich einen schlechten Ball spiele, werde ich natürlich frustriert, weil ich es besser kann. Ich bin ein Perfektionist und manchmal will ich zu viel Perfektion."
Dass sich Özil allerdings seit seiner hochdotierten Vertragsverlängerung im Februar 2018 zurücklehne, sei ein Affront. Er gebe immer alles für Arsenal und sein Team. Er habe sogar schon häufiger krank gespielt, unter anderem im Champions-League-Achtelfinale gegen die Bayern im März 2017.
Mesut Özil erzählt von Überfall: "Hatte Angst um meine Frau"
In dieser Saison kommt Özil bisher kaum zum Zug. In acht Ligaspielen kam er nur beim 2:2 gegen den FC Watford zum Einsatz. Dazu kamen 71 Minuten im Pokal gegen Nottingham Forest. Die Vorbereitung lief gut für Özil, dann aber kam der Überfall auf ihn und Sead Kolasinac Ende Juli dazwischen.
Bei dem Überfall saß auch Özils Frau Amine Gülse im Auto. "Wir waren frisch verheiratet, ich hatte Angst um meine Frau. Die Angreifer versuchten, die Tür meiner Frau zu öffnen, also griff ich nach ihr, um sie zu beschützen", beschrieb Özil den Schreckmoment.
Nach dem Überfall sei er wieder ganz normal ins Training gegangen. "Aber mit meinen Gedanken war ich bei meiner Frau zu Hause", sagte er. Gerade sie habe sich nach dem Vorfall nicht mehr sicher gefühlt. "Sie wollte sofort weg. Selbst wenn ich unsere Hunde in den Garten ließ und mit ihnen hinausging, sagte sie: 'Komm rein, komm rein, bleib im Haus'", erzählte Özil.
Mittlerweile sei er jedoch wieder voll fokussiert auf Arsenal und hofft auf Einsatzchancen. Vielleicht darf er am kommenden Montag beim Auswärtsspiel gegen Aufsteiger Sheffield United ran.