"Unser Cheftrainer und sein Stab denken viel über ihn nach", sagte Liverpools U23-Trainer Neil Critchley Mitte Dezember an diesem einen Tag, an dem er auch ein bisschen Liverpools A-Trainer war.
Liverpool musste innerhalb von 21 Stunden bekanntlich zwei Profispiele austragen, ein League-Cup-Viertelfinale bei Aston Villa und ein Klub-WM-Halbfinale 5.355 Kilometer Luftlinie entfernt in Doha. Während Klopp mit den besten Spielern nach Katar reiste, kümmerte sich Critchley um den Rest und somit auch um den 16-jährigen Harvey Elliott. Der, über den Cheftrainer Jürgen Klopp viel nachdenkt.
Critchleys Mannschaft verlor bei Aston Villa zwar mit 0:5, aber Elliott überzeugte trotzdem. "Er war eine permanente Gefahr", lobte Critchley. Klopp dachte also noch mehr über Elliott nach und verhalf ihm am Donnerstag beim 2:0-Sieg gegen Sheffield United per Einwechslung schließlich zu seinem Premier-League-Debüt für Liverpool.
Harvey Elliott: "Positiv arroganter" Rekordhalter
Es war das nächste Kapitel einer jungen Fußballerkarriere, die schon einige Kapitel geschrieben hat. Elliott wurde im April 2003 in London geboren, spielte zunächst für die Queens Park Rangers und dann für den FC Fulham. Bald tuschelte man über die fabelhaften Dribblings und Tore des Rechtsaußen. Immer kreativ, kaum vom Ball zu trennen.
Mit 15 Jahren und 174 Tagen verhalf Fulhams damaliger Trainer Slavisa Jokanovic Elliott im September 2018 bei einem League-Cup-Spiel beim FC Millwall zum Profidebüt. Er ist somit der jüngste Spieler in der Geschichte des englischen Profifußballs, zumindest seit entsprechender Datenerfassung. "Ich weiß nicht, ob ich das richtige englische Wort benutze", sagte der Serbe Jokanovic danach, "aber er ist positiv arrogant."
In der Folge spielte Elliott hauptsächlich in der U18-Premier-League, wo ihm in zwölf Spielen acht Scorerpunkte gelangen. Bei den abschließenden beiden Premier-League-Spielen der vergangenen Saison, Fulham war zu diesem Zeitpunkt schon abgestiegen, wechselte Jokanovics Trainer-Nachfolger Scott Parker Elliott zweimal ein und machte ihn somit auch zum jüngsten Premier-League-Spieler aller Zeiten.
Fulham fordert rund acht Millionen Euro von Liverpool
Elliott hatte zu diesem Zeitpunkt jedoch noch keinen Profivertrag unterschrieben, weswegen er im Sommer ablösefrei nach Liverpool wechseln durfte - zumindest nach Meinung Liverpools. Fulham zog daraufhin vor Gericht und fordert laut der Times eine Ausbildungsentschädigung in Höhe von rund acht Millionen Euro von Elliotts neuem Klub. Der Ausgang des Prozesses ist offen.
Angeblich waren auch der FC Barcelona, Real Madrid, RB Leipzig und Borussia Dortmund interessiert. Doch Elliott wollte nur nach Liverpool, zu dem Klub, den er "schon als Bub" unterstützt habe, wie er bei seinem Wechsel - selbstverständlich immer noch als Bub - stolz verkündete.
Klopp über Elliott: "Ein feiner, feiner Fußballer"
Klopp lobte den 1,70 Meter kleinen Techniker schon während der Sommervorbereitung als "feinen, feinen Fußballer" und setzte ihn im September im League Cup bei den MK Dons erstmals bei einem Pflichtspiel ein. Elliott dankte es ihm mit einer guten Leistung und wurde nach dem 2:0-Sieg zum Spieler des Spiels gewählt. "Seine Leistung war, wenn man ihn verteidigen sieht, wenn man seine Bewegungen sieht, so intelligent, dass es nicht einfach war, ihn auszuspielen", sagte Klopp.
Fortan kam Elliott vor allem für Liverpools U23-Mannschaft in der Premier League 2 sowie in der UEFA Youth League zum Einsatz, wo ihm in sechs Spielen fünf Scorerpunkte gelangen. Außerdem spielt er für Englands U17-Nationalmannschaft. Zwischenzeitlich musste er jedoch zwei Wochen pausieren. Und zwar, weil ihn der englische Verband FA wegen eines Snapchat-Videos sperrte.
Ellliotts Sperre wegen einer abfälligen Kane-Imitation
Im Oktober tauchte dieses Video auf, in dem Elliott während des Champions-League-Finals zwischen Liverpool und Tottenham Hotspur (2:0) Spurs- und Nationalstürmer Harry Kane abfällig imitierte und ihn in der Unterschrift des Videos darüber hinaus als "verdammten Mongo" beleidigte. Abgesehen von der Sperre musste Elliott 400 Euro Strafen zahlen und an einem Erziehungskurs teilnehmen.
"Das Video wurde aufgenommen, als ich mit Freunden in einer privaten Umgebung rumgeblödelt habe, und war nicht an eine Einzelperson gerichtet", rechtfertigte sich Elliott, meinte jedoch auch: "Aber ich stelle fest, dass meine Handlungen sowohl unreif als auch sinnlos waren." Unreif scheint er mit seinem 16 Jahren jedenfalls nur abseits des Platzes zu sein.