Millionen-Transfer mit 15, Gefängnis, CL-Finale: Das verrückte Leben von Jermaine Pennant

Von Oliver Maywurm
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Angespornt von den Worten von Arsenals damaligem Co-Trainer Pat Rice, der sagte, dass Pennant es nirgendwo zu etwas bringen würde, hatte er eine bärenstarke erste Saison bei den Reds. Er machte 34 von 38 Premier-League-Spielen. Er spielte zwölfmal in der Champions League, stand auf dem Platz, als Liverpool im Halbfinale der Königsklasse Chelsea niederrang.

Und Pennant spielte im CL-Finale 2007, beackerte im Team um Steven Gerrard und Xabi Alonso 90 Minuten lang den rechten Flügel, als die Reds in Athen denkbar knapp mit 1:2 dem AC Milan unterlagen. "Danach sagte ich zu meinem Berater: 'Ich frage mich, ob Pat (Rice, d. Red.) das Spiel heute Abend geschaut hat'."

Doch leider ging es für Pennant in Liverpool schon im zweiten Jahr nicht mehr so gut weiter. "Die Wende zum Schlechten mit Rafa (Benitez, damaliger Liverpool-Trainer, d. Red.) kam, als ich mich verletzte", erklärt Pennant. "Ich hatte eine Stressfraktur im Schienbein und fiel nach der OP drei Monate aus. Ich beeilte mich, zurück auf den Platz zu kommen, spielte in meinem ersten Spiel gegen Wigan aber schlecht, weil ich zu viel wollte. Und danach hatte ich große Schwierigkeiten, wieder ins Team zu finden."

Jermaine Pennant: Portsmouth statt Real Madrid

Benitez ließ Pennant kaum noch spielen. Und für den war das schon immer eine Art von Herabstufung, mit der er nicht umgehen konnte. Er ließ sich hängen, war nur noch Edeljoker oder spielte monatelang sogar überhaupt nicht. Ehe sich Anfang 2009, Pennants Vertrag lief im nächsten Sommer aus, mal wieder eine neue Chance auftat.

Real Madrid klopfte an, Pennant war Feuer und Flamme. "Sky Andrew (Pennants Berater, d. Red.) verhandelte mit Reals Präsident und der gab grünes Licht für eine Ablöse von rund vier Millionen Euro", sagte er bei El Periodico de Aragon. Das Problem: Juande Ramos, seinerzeit Trainer bei Real, wusste nichts von dem sich anbahnenden Transfer. "Als Ramos davon erfuhr, ließ er den Deal platzen. Und ich flog von Madrid nach Portsmouth. Eine drastische Veränderung."

Statt zu Real verkauft zu werden, wurde Pennant also zum FC Portsmouth verliehen, damals immerhin ein ambitionierter Erstligist mit Spielern wie Sol Campbell oder Peter Crouch. Er spielte zwar regelmäßig, war nach einem halben Jahr aber wieder weg. Nur, um sich ins nächste Missverständnis zu stürzen.

Real Saragossa, seinerzeit erste spanische Liga, hatte Interesse. "Ich dachte, dass ich mit meinem Spielstil gut in LaLiga passen würde", sagte Pennant. Doch er konnte sich nicht einstellen auf das neue Land, hinzu kam die Sprachbarriere. "Mein Spanisch war wirklich sehr schlecht. Ich versuchte, es zu lernen, aber es war unmöglich. Ich konnte ein paar Fußball-Wörter - und ich erinnere mich daran, was 'Zwei Bier bitte' hieß."

Ohnehin feierte Pennant in Spanien mehr, als dass er auf dem Rasen glänzte. Mehrmals kam er zu spät zum Training oder fehlte ganz, immer wieder ging er mit seinem Teamkollegen Frank Songo'o, den er noch aus Portsmouth kannte, auf die Piste. "Mit ihm hatte ich eine der verrücktesten Nächte in Spanien, einen furchtbaren Trip nach Barcelona. Wir hatten ein paar Mädchen dabei und fuhren dorthin, wollten am nächsten Morgen um 6.30 Uhr dann mit dem Zug zurückfahren. Aber der hatte Verspätung und wir bekamen Schwierigkeiten", erinnert er sich.

"Mein Leben in Saragossa war der reinste Irrsinn"

Der Teamarzt rief ständig an, kontrollierte sogar vor Pennants Haus, ob er daheim sei. "Als ich zurück kam, konnte ich ihn davon überzeugen, dass ich geschlafen hatte und deshalb die Klingel nicht gehört hatte", sagt Pennant. Ein anderes Mal fragte er den Verein nach Erlaubnis, in die englische Heimat zu reisen, um ein paar persönliche Angelegenheiten zu klären. Pennant bekam das Go, flog dann aber mit all seinen Freunden aus England nach Marbella. "Ich verpasste den Rückfug, kam nicht zum Training und der Nachtclub in Marbella, in dem ich war, veröffentlichte Fotos von mir beim Feiern."

Saragossa erfuhr so natürlich auch von Pennants listigem Ausflug, verdonnerte ihn zu einer Geldstrafe in Höhe von 150.000 Euro. "Ein ganzes Monatsgehalt. Mein Leben in Saragossa war der reinste Irrsinn", sieht Pennant inzwischen ein.

Nach einem Jahr und ordentlichen 25 Spielen war Schluss in Saragossa, bei Stoke City hatte Pennant dann sogar noch einmal zwei ganz gute Jahre in der Premier League. Er war nun reifer als früher, aber sportlich blieb er dennoch meist Durchschnitt. Und eigentlich war seine Karriere, die er bis heute nicht offiziell beendet hat, schon mit 30 Jahren quasi vorbei.

Pennant: "Ich hatte eine gute Karriere"

Denn seit Ende 2013 stehen nur noch Kurzzeit-Engagements bei Pune City in Indien, bei Wigan, bei den Tampines Rovers in Singapur oder den unterklassigen englischen Klubs FC Bury und Billericay Town in Pennants Vita. Im Herbst 2017, kurz nach seinem Start bei Billericay in der 7. Liga, betonte Pennant zwar: "Ich hätte in die Türkei gehen können, nach Zypern, zurück nach Indien oder nach Indonesien."

Nach sechs Monaten war sein Abstecher zu Billericay aber schon wieder vorbei und seitdem, seit Februar 2018, ist Pennant vereinslos, sorgt nur noch in Boulevard-Blättern für Schlagzeilen. Zum Beispiel im Sommer 2019, als er bei der englischen Ausgabe von Promi Big Brother offenbar mit einer anderen Kandidatin anbändelte - und seine Ehefrau, das Model Alice Goodwin, das natürlich gar nicht lustig fand. Pennant entschuldigte sich, sie verzieh ihm und gab ihm noch eine letzte Chance.

Die letzte Chance, die Pennant auch der Fußball mehrmals gab. Heute sieht er seine unvollendete Laufbahn, deren Highlights so unverhofft kamen wie sie auch schnell wieder verblassten, reflektiert und doch mit etwas Reue. "Wenn ich anders aufgewachsen wäre, mit meinem Vater und meiner Mutter stets an meiner Seite, dann hätte ich für England gespielt, hätte eine größere Karriere gehabt, ganz sicher. Ich hatte eine gute Karriere, ich bin nicht unglücklich damit. Aber ich hätte mehr daraus machen können, das weiß ich."

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