Mit der Rückholaktion von Gareth Bale tätigte Tottenham Hotspur den wohl romantischsten Wechsel des Sommers. Der 31-jährige Rechtsaußen wird zum bestbezahlten Spieler der Premier League und will mit seinem alten, neuen Klub unbedingt Titel gewinnen.
Los ging natürlich alles mit Golf. Am Donnerstagabend tauchte in den sozialen Medien eine Abschlagszeiten-Liste des Hadley Wood Golf Clubs aus dem Norden Londons auf, für Freitagmittag um 13.52 Uhr vermerkt waren die Namen: Gareth Bale, Daniel Levy und Steve Hitchin. Ihre Jobs: Fußballstar von Real Madrid, Präsident von Tottenham Hotspur und Chefscout von Tottenham Hotspur.
Innerhalb kürzester Zeit verbreitete sich das Bild und die Schlussfolgerung war klar: Bale kehrt zu seinem Ex-Klub zurück. "Noch nie hatten wir so viele Spielanfragen für Freitagnachmittag", schrieb der Hadley Wood Golf Club auf twitter. Etliche Fans wollten gleichzeitig mit ihrem alten, neuen Spieler auf dem Grün stehen.
Das Bild stellte sich zwar letztlich als Fake heraus, Bale aber traf am Freitagnachmittag trotzdem im Norden Londons ein: Statt beim Hadley Wood Golf Club jedoch rund zehn Kilometer entfernt am Trainingszentrum von Tottenham Hotspur. Nach letzten Verhandlungen und letzten Tests verkündete Tottenham am Samstagnachmittag schließlich: Bale is Back!
Tottenham und Real teilen sich Bales Gehalt
In erster Linie ist die Rückkehr äußerst romantisch, in zweiter geht es um viel, viel Geld. Bale, der bei Tottenham die Rückennummer 9 erhält, kommt zunächst per einjährige Leihe. Sein Vertrag bei Real Madrid läuft noch bis 2022. Von seinem Jahressalär in Höhe von 17 Millionen Euro netto, das ihn zum bestbezahlten Spieler der Premier League macht, zahlt Tottenham angeblich 6,5 Millionen. Den Rest übernimmt weiterhin Real, das ihn 2013 nach beeindruckenden Auftritten für Tottenham für die damalige Weltrekord-Summe von 101 Millionen Euro verpflichtet hatte.
Zunächst rechtfertigte Bale die Ablösesumme: Er gewann mit Real unter anderem vier Mal die Champions League - in drei der vier Finals erzielte er sogar wichtige Treffer. Spätestens in den vergangenen beiden Saisons aber stiegen seine Verletzungspausen exponentiell und gleichzeitig sank sein Interesse an Real. Bale spielte in den Planungen von Trainer Zinedine Zidane keine Rolle mehr und verbrachte seine Zeit mit Rumblödeln auf der Tribüne sowie seinem Lieblingshobby Golf. Er avancierte zum teuersten Reservisten der Welt und in der öffentlichen Wahrnehmung zum Prototyp des geldscheffelnden Null-Bock-Profis.
Bale bei Tottenham: Rollentausch und Stimmungsumschwung
Mit nur einer Unterschrift tauschte er diese Rolle gegen die des Fan-Lieblings ein, die er bei Tottenham während seiner ersten Zeit im Klub stets hatte und fortan wieder haben wird. "Als ich gegangen bin, habe ich immer gehofft, eines Tages zurückzukehren", sagte Bale bei seiner Ankunft. "Hoffentlich kann ich hier wieder Geschichte schreiben und alle Fans glücklich machen."
Viele Fans dürfte er allein schon mit seiner Unterschrift glücklich gemacht haben. Sie weckt Erinnerungen an seine aufregende erste Zeit bei Tottenham, als er aus einem Mitteklasseklub einen Champions-League-Teilnehmer machte. Wie der Wechsel für Bale einen Rollentausch bedeutet, bedeutet er für Tottenham einen emotionalen Stimmungsumschwung.
Seit dem verlorenen Champions-League-Finale von 2019 schien der Klub wie gelähmt. Anfang der vergangenen Saison musste der langjährige Erfolgstrainer Mauricio Pochettino gehen, unter Nachfolger Jose Mourinho verpasste Tottenham erstmals seit 2015 die Champions League, der Saisonstart gegen den FC Everton misslang (0:1) und im Anschluss attackierte Mourinho seine eigene Mannschaft und bezeichnete sie unter anderem als "faul".
Mourinho wollte Bale schon zweimal verpflichten
All das: erstmal vergessen! Seit der letztlich als gefakt enttarnten Abschlagszeiten-Liste des Hadley Wood Golf Clubs gibt es bei Tottenham nur mehr ein Thema und das heißt Bale. Es überstrahlte sogar den 5:2-Sieg gegen den FC Southampton samt Viererpack von Heung-Min Son am Sonntag.
Einen großen Anteil am Wechsel hatte kurioserweise Mourinho selbst, der Bale einst zu Real und später zu Manchester United holen wollte. "Das ist kein Geheimnis, und Gareth weiß das", sagte Mourinho offenkundig.
Jetzt darf er endlich mit seinem Wunschspieler arbeiten, aber er ist wohl nicht mehr der Spieler, der ihn einst zu seinem Wunschspieler machte. Als Bale bei Tottenham zum Weltstar wurde und später mit Real reihenweise Champions-League-Titel gewann, begeisterte er mit irrem Tempo und rasendem Zug zum Tor. Ob er mit seinen 31 Jahren darüber immer noch verfügt, ist unklar - dafür spielte er zuletzt zu selten.
Bale will mit Tottenham Titel gewinnen
Was Bale Tottenham auf jeden Fall bringt, ist sein pures fußballerisches Talent und eine bei Real aufgesogene ewige Gier nach Titel. "Durch meine Zeit in Madrid habe ich eine Sieger-Mentalität und weiß, wie man Titel gewinnt. Hoffentlich kann ich allen hier den Glauben schenken, dass wir Titel gewinnen können", sagte Bale. Ein Titel ist nämlich das, wonach sich bei Tottenham am meisten gesehnt wird.
Der bis dato letzte ist ein League Cup von 2008, gewonnen in Bales erster Saison im Klub. Mit seinen damals 18 Jahren sammelte er erste Premier-League-Erfahrungen als Linksverteidiger, ehe er später zum Flügelstürmer umfunktioniert wurde. Sobald er voraussichtlich Mitte Oktober seine Knieprobleme auskuriert hat, wird er bei Tottenham wohl ein spektakuläres Sturmtrio mit Son und Harry Kane bilden.
Gemeinsam mit Bale holte Tottenham Reguilon von Real
Gleichzeitig mit Bale holte Tottenham für 30 Millionen Euro den 23-jährigen Linksverteidiger Sergio Reguilon von Real und schloss damit die letzte verbliebene Kaderlücke. In der vergangenen Saison spielte Reguilon per Leihe für den FC Sevilla, überzeugte dort auf voller Linie und gewann die Europa League. "Er ist immer energiegeladen, liebt es anzugreifen und schlägt großartige Flanke", lobte Bale, der Reguilon bestens kennt.
Zuvor hatte Tottenham bereits Rechtsverteidiger Matt Doherty (28, für 17 Millionen Euro von den Wolverhampton Wanderers), Mittelfeldspieler Pierre-Emile Höjbjerg (25, für 17 Millionen Euro vom FC Southampton) und Keeper Joe Hart (33, ablösefrei vom FC Burnley) verpflichtet. Sportlich wird Hart hinter Stammkeeper Hugo Lloris kaum eine Rolle spielen, für Bale dagegen womöglich eine große: Als passionierter Golfer ist er ein potenzieller Spielpartner für den Rückkehrer.