Nach seinem Dreierpack gegen den FC Barnsley, dem allerersten seiner Profikarriere, durfte Kai Havertz wie in England üblich den Spielball mit nach Hause nehmen und außerdem das Barnsley-Trikot mit der Nummer 28 von Dominik Frieser.
Der österreichische Stürmer Frieser ist Teil der deutschsprachigen Enklave in Yorkshire im Herzen Englands: Trainer ist sein Landsmann Gerhard Struber, im Kader stehen noch drei weitere Österreicher sowie mit Mike Bähre (ehemals Hannover 96) und Kilian Ludewig (ehemals RB Leipzig) zwei Deutsche.
Havertz nutzte die Gelegenheit, um in seiner neuen Heimat nach dem Abpfiff ein bisschen Deutsch zu sprechen, was Frieser wiederum dafür nutzte, sich dessen Trikot zu sichern. Doch das gab es nur mit Gegenleistung. "Kai hat beim Trikottausch mit Dominik gesagt, dass er seines auch gerne hätte für seine Trikotsammlung", erzählt Friesers österreichischer Teamkollege Patrick Schmidt im Gespräch mit SPOX und Goal. "Das spricht auch menschlich für ihn. Solche Momente bleiben einem Spieler von einem 'kleineren' Verein für immer in Erinnerung."
Kai Havertz neue Positionierung gegen den FC Barnsley
Havertz dient das Trikot von Dominik Frieser dagegen als Erinnerung an seinen ersten großen Auftritt für Chelsea, das ihn im Sommer für 80 Millionen Euro von Bayer Leverkusen verpflichtet hatte. In seinem dritten Spiel gelang Havertz sein erstes Tor und dann auch noch sein zweites und sein drittes. "Das war sehr gut für mein Selbstbewusstsein", sagte Havertz.
Nach den enttäuschenden Auftritten im 4-3-3-System bei den Premier-League-Spielen gegen Brighton & Hove Albion (3:1) auf dem rechten Flügel und gegen den FC Liverpool (0:2) als falsche Neun gab es in England bereits erste Kritik. Trainer Frank Lampard verwies auf Havertz' nur knapp einwöchige Vorbereitung, nachdem er mit Leverkusen am Europa-League-Finalturnier im August teilgenommen hatte, und sagte: "Er braucht Zeit." Oder einfach nur eine andere Positionierung.
Gegen Barnsley stellte ihn Lampard im 4-2-3-1 auf die Zehn hinter Stürmer Tammy Abraham. Statt wie in den ersten beiden Spielen viele hohe Bälle mit dem Rücken zum Tor verarbeiten zu müssen, hatte Havertz wegen seiner tieferen Positionierung nun mehr Platz - und profitierte davon enorm.
Vor seinem ersten Treffer zum 2:0 nutzte Havertz den Raum hinter dem genial durchlassenden Abraham (28.), vor dem zweiten zum 4:0 legte Abraham den Ball nicht weniger genial mit der Hacke in den Rückraum ab (55.) und vor dem dritten startete Havertz in die Tiefe, tunnelte den herausstürmenden Barnsley-Keeper und schob den Ball ins leere Tor (65.). Anschließend wurde er ausgewechselt.
Frank Lampard: "Ich bin hocherfreut über Kai"
"Flying Kai" und "Kai high" dichteten die gewohnt kreativen englischen Boulevardblätter Sun und Mirror und Lampard lobte: "Ich bin hocherfreut über Kai. Er hat alles getan, was ich wollte." Und dazu zählte auch seine Arbeitseinstellung. Havertz bestritt die meisten Zweikämpfe aller Chelsea-Spieler (von denen er starke 60 Prozent gewann), verzeichnete die meisten Tacklings und eroberte vor Ross Barkleys Treffer zum 3:0 (49.) mit einer perfekten Grätsche den Ball.
"Es ist mir aufgefallen, dass er extrem gekämpft hat", sagt Schmidt, der aus nächster Nähe den Auftritt eines "Weltklassespielers" verfolgte. "Man hat seine unglaubliche Ruhe und Qualität am Ball gesehen, seine blitzsaubere Technik. Dazu bringt er sich selbst immer in super Positionen, auch im Sechzehner. Vor dem Tor hat er dann auch noch die Ruhe für einen guten Abschluss." Havertz' vier Schüsse waren ebenfalls Bestwert bei Chelsea.
Anpassungsschwierigkeiten an seine neue Mannschaft stellte Schmidt keine fest: "Mein Gefühl war, dass er schon gut integriert ist. Seine Mitspieler haben sich richtig für ihn gefreut, als er die Tore gemacht hat." Besonders gut funktionierte das Zusammenspiel mit Abraham, das Lampard gar "großartig" fand. Abraham begann gegen Barnsley statt des geschonten Timo Werner, der bei den beiden Premier-League-Spielen in der Startelf gestanden hatte.
Antonio Rüdigers Vermächtnis beim FC Chelsea
Ihr Debüt für Chelsea feierten gegen Barnsley unterdessen die beiden zuletzt angeschlagenen Abwehr-Neuzugänge Thiago Silva (ablösefrei von Paris Saint-Germain) und Ben Chilwell (für 50 Millionen Euro von Leicester City). Hakim Ziyech (für 40 Millionen Euro von Ajax Amsterdam) fehlte erneut wegen einer Knieverletzung, wird aber demnächst zurückerwartet.
Direkt einsatzbereit ist der am Donnerstag für 25 Millionen Euro von Stade Rennes verpflichtete Keeper Edouard Mendy (28), der dem zuletzt patzenden Kepa Arrizabalaga und dem bereits 38 Jahre alten Willy Caballero Konkurrenz machen soll. Durch seine Verpflichtung belaufen sich Chelseas Ausgaben in diesem Sommer auf mittlerweile rund 248 Millionen Euro.
Vor einem Abschied steht dagegen Antonio Rüdiger, der gegen Barnsley wie schon zuvor gegen Liverpool im Kader fehlte. Das Interesse des FC Barcelona ist nach Informationen von SPOX und Goal zwar abgekühlt, Rüdigers Ex-Klub AS Rom soll aber an einer Leihe des 27-Jährigen interessiert sein. In der Innenverteidigung scheint Lampard auf das Quartett Thiago Silva, Andreas Christensen, Kurt Zouma und Fikayo Tomori zu setzen.
Sollte sich Rüdiger tatsächlich verabschieden, bliebe seine Mithilfe an den Verpflichtungen von Werner und Havertz als letztes großes Vermächtnis. "Mit Timo hat das alles gut geklappt, ich habe meinen Beitrag dazu geleistet. Ich hoffe, dass mit Kai dasselbe passiert", sagte er kurz vor der Havertz-Verpflichtung - und nach der Finalisierung nannte auch Lampard die Unterhaltungen mit Rüdiger als wichtigen Aspekt beim Zustandekommen des Transfers.
Kai Havertz' bisherige Einsätze für den FC Chelsea
Gegner | Wettbewerb | Ergebnis | Einsatzminuten | Tore | Assists |
Brighton & Hove Albion | Premier League | 3:1 | 80 | - | - |
FC Liverpool | Premier League | 0:2 | 45 | - | - |
FC Barnsley | League Cup | 6:0 | 66 | 3 | 1 |