Es war ein Moment brutaler Ehrlichkeit eines Trainers, der ratlos zu erklären versuchte, was sein Team auf dem Platz gerade für eine miserable Leistung gezeigt hatte.
Jürgen Klopp entschuldigte sich bei den Liverpool-Anhängern - und das zurecht -, als er sich im Gespräch mit BT Sport nach dem Spiel im Stadio Diego Armando Maradona in Neapel für die Leistung seiner Mannschaft rechtfertigen musste.
Sein Gesicht sagte alles. Es kommt nicht oft vor, dass Klopp eine Niederlage analysieren muss - dies war erst die vierte, die Liverpool im Jahr 2022 hinnehmen musste, aber er konnte sich für diese Niederlage nicht wirklich rechtfertigen. Eine 1:4-Niederlage war gar die höchste Niederlage der Reds im europäischen Wettbewerb seit 1966.
"Das ist schwer zu ertragen", begann Klopp. Aber was dann folgte, gab den tiefsten Einblick in die Gefühlswelt des Champions-League-Siegers von 2019.
"Es sieht ein bisschen so aus, als müssten wir uns neu erfinden", sagte er, bevor er hinzufügte, dass die Wolves, Liverpools nächster Gegner, vor ihrer Reise nach Anfield an diesem Wochenende "wahrscheinlich nicht aufhören können zu lachen".
"Sie werden sagen, es ist ein perfekter Moment [um gegen Liverpool zu spielen]", fuhr Klopp fort und ergänzte: "Wir müssen versuchen, ein Setup zu finden, um in so ziemlich allem deutlich besser zu sein."
Das sind vernichtende Worte. Und auch die Tatsache, dass Klopp auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gefragt wurde, ob er gar die Entlassung fürchte, zeigte die dramatische Situation des FC Liverpool. Aber das tut er nicht und sollte er auch nicht. Wir haben bereits einige seltsame Entscheidungen im Fußball gesehen, aber das wäre wohl die seltsamste von allen. Und wir sind uns sicher: Es wird nicht passieren.
Das heißt nicht, dass sich die Dinge nicht verbessern müssen. Das müssen sie, und zwar schnell. Vor weniger als vier Monaten stand Liverpool noch vor einem riesigen Triumph. Die Reds waren 15 Minuten davon entfernt, den Premier League-Titel zu holen und nur eine Meisterleistung von Thibaut Courtois verhinderte einen erneuten Champions-League-Triumph. Sie waren das Team, das alle fürchteten und das alle widerwillig bewunderten.
Klopp sprach davon, dass die "Neuerfindung" sofort beginnen muss, aber was bedeutet das im Umkehrschluss? SPOX wirft einen genaueren Blick auf die Situation beim FC Liverpool ...
Etablierte Spieler müssen zur alten Form finden - durch harte Entscheidungen
Bei allen Diskussionen rund um Neuverpflichtungen und die Anpassungsprozesse sind es Liverpools etablierte Spieler, die in dieser Saison am meisten zu kämpfen haben.
Virgil van Dijk zum Beispiel ist aktuell ein Schatten seiner selbst. Der Niederländer hat seit seiner Ankunft im Jahr 2018 die Abwehr der Reds strukturiert und geführt, während die Außenverteidiger Trent Alexander-Arnold und Andy Robertson aktuell enorme defensive Probleme haben. Auch die beiden konnten in den vergangenen Jahren stets überzeugen.
Fabinho wirkte im Mittelfeld müde und überarbeitet, während Mohamed Salahs Frustration mit jedem Spiel wächst. Der Ägypter hat jetzt vier Spiele am Stück kein Tor erzielt und wurde fast eine halbe Stunde vor Schluss in Neapel ausgewechselt.
Am ersten Spieltag in Fulham stellte Klopp die "Einstellung" seiner Spieler in Frage und deutete an, dass er Anzeichen von Selbstzufriedenheit oder mangelnder mentaler Vorbereitung gesehen habe. Dasselbe hätte er nach der Niederlage gegen Manchester United und sicherlich nach dem Spiel am Mittwochabend sagen können.
"Wir sind keine Roboter", sagte Van Dijk nach dem Sieg über Newcastle letzte Woche, und das ist durchaus korrekt und verständlich, aber Liverpool war immer ein Team, das stolz auf seine Mentalität war und in dieser Hinsicht viel Lob erhielt. Im Moment versagen sie in genau diesem Bereich und es kann einige harte Entscheidungen vom Trainerteam erfordern, wieder zu alten Leistungen zu finden.
Mehr Fitness, mehr Cleverness
Und was ist mit der physischen Seite des Liverpool-Spiels? Das Klopp-Team wirkte in dieser Saison nicht nur mental erschöpft, sondern auch nicht wie eine Mannschaft voller Spieler, deren Beine sie 90 Minuten über den Platz sprinten lassen.
In allen acht Spielen waren sie unterlegen mit Blick auf die zurückgelegte Distanz, während sie in sechs der Partien weniger Sprints als ihre Gegner hingelegt haben. Und wenn man bedenkt, dass sie in allen bis auf eines dieser Spiele das erste Gegentor kassiert haben, muss das ein Grund zur Sorge sein.
Da die Verletzungen in den ersten Wochen der Saison stark zugenommen haben, hat Klopp versucht, die Belastung zu steuern. Fabinho wurde beispielsweise gegen Manchester United außen vor gelassen, Robertson saß gegen Everton auf der Bank und Alexander-Arnold wurde zweimal bei 20 oder mehr verbleibenden Minuten ausgewechselt.
Aber alle drei wirken im Moment dennoch erschöpft und Liverpool fehlt die Spritzigkeit und Intensität der letzten Spielzeiten. Sie laufen weniger, aber sie laufen auch weniger intelligent. Das Pressing funktioniert nicht und sie sind daher viel, viel leichter auszuspielen.
Laufstatistiken allein sagen natürlich nicht alles aus, aber was sie uns in dieser Saison über die Reds sagen, ist gelinde gesagt besorgniserregend.