Manchester United unter Trainer Erik ten Hag in der Krise: Wer ist hier zu schlecht?

ten-hag-maguire-1200
© getty

Nach zwölf Niederlagen in 24 Pflichtspielen und dem Aus in der Champions League ist Manchester United ein Pulverfass mit baldiger Explosionsgefahr. Ein Machtvakuum hält Trainer Erik ten Hag noch im Amt. Doch nun müssen die Red Devils zum schlechtmöglichsten Gegner.

Cookie-Einstellungen

"Wir wollen Manchester United wieder aufbauen, aber das wird Zeit brauchen. Es wird mehrere Saisons dauern, um wieder um die größten Trophäen der Welt zu kämpfen", sagte Erik ten Hag im vergangenen Februar. Damals standen die Red Devils auf Platz drei der Premier League, auf dem sie auch am Ende der Spielzeit einliefen.

Zehn Monate später lässt sich festhalten, dass der Trainer der Engländer einerseits Recht behalten hat. Andererseits muss ten Hags Aufbauarbeit derzeit heftige Rückschläge von teils historischem Ausmaß aushalten. So scheint es immer fraglicher, ob der Niederländer sein Projekt überhaupt weiterführen darf.

Uniteds Situation ist irgendwo auch seltsam. Im November wurde ten Hag von der Liga zum Teammanager des Monats gekürt, Prügelknabe Harry Maguire bekam die Auszeichnung als Spieler - und ja, es handelte sich tatsächlich um den November 2023. Manchester hatte in dieser Zeit drei von drei Ligapartien gewonnen und kein Gegentor kassiert.

Damit kam man vor der 0:3-Heimniederlage gegen Bournemouth am vergangenen Samstag auf sechs Siege aus den letzten acht PL-Spielen, lediglich gegen Manchester City und auswärts in Newcastle hatte man nicht gewonnen. United stand punktgleich mit dem Tabellenfünften Tottenham und lag nur drei Zähler hinter City.

erik-ten-hag-manchester-united-2023-24-main-img
© Getty Images

Manchester United: Irre Ferguson-Statistik unterstreicht Misere

Die Kehrseite dieser ordentlichen, aber natürlich gewiss nicht überwältigenden Bilanz ist deutlich negativer. Das 0:3 gegen Bournemouth war bereits die siebte Pleite der laufenden Saison, das schaffte man zu diesem frühen Zeitpunkt zuletzt 1989/90. Eine Statistik, die die schon länger anhaltende Misere bei den Red Devils noch eindringlicher untermalt, ist folgende: Seit dem Ende der Ära Sir Alex Ferguson im Jahr 2013 hat United nun 35 Heimspiele in der Liga verloren. Unter dem Schotten, der 21 Jahre lang in Old Trafford an der Seitenlinie stand, gab es lediglich 34 Niederlagen vor heimischem Publikum.

Was ten Hags Position zusätzlich schwächt ist: Der jüngste Formanstieg auf nationaler Ebene war nicht das Resultat erfrischenden Fußballs. Gegen die Aufsteiger Sheffield United und Luton Town tat man sich schwer und gewann nur knapp, gegen Brentford drehte man das Spiel erst durch zwei Treffer in der Nachspielzeit und auch bei Fulham kam der Sieg erst sehr spät zustande.

Dazwischen lagen enttäuschende Auftritte in der Champions League sowie eine 0:3-Heimpleite im EFL-Cup gegen ein B-Team von Newcastle United. Das Aus in der Königsklasse am Dienstag, als man beim Alles-oder-nichts-Spiel gegen den FC Bayern keinerlei Torgefahr ausstrahlte, hat die zarten sportlichen Pflänzchen nun endgültig zertrampelt.

Erik ten Hag
© getty

Manchester United unter Erik ten Hag: "Es liegt in meiner Verantwortung"

Manchester United ist aktuell ein Pulverfass, baldige Explosionsgefahr ist durchaus gegeben. Zwölf von 24 Pflichtspielen gingen mittlerweile verloren, für dieselbe Anzahl brauchte man im Vorjahr noch alle 62 Partien der gesamten Saison. 15 Gegentore in den sechs CL-Gruppenspielen bedeuteten ebenfalls einen Negativrekord für eine englische Mannschaft.

"Wir müssen arbeiten, um uns zu verbessern. Es liegt in meiner Verantwortung, die Mannschaft zu verbessern. Ich werde alles geben - und die Mannschaft wird es auch tun. Wenn wir einen guten Plan haben, können wir jeden Gegner schlagen", gab sich ten Hag kämpferisch.

Die entscheidende Frage unter Anhängern des Klubs ist derzeit: Ist der Plan von ten Hag zu schlecht oder sind es die Spieler, die er zur Verfügung hat? Eine eindeutige Antwort darauf fällt schwer. Knapp 480 Millionen Euro durfte der 53-Jährige bislang in Transfers investieren.

Premier League, Neuzugänge, Ranking, Erling Haaland, Manuel Akanji, Gabriel Jesus, Casemiro
© getty

Manchester United: Transfers von Erik ten Hag zünden nicht

Casemiro, im Vorjahr noch als Heilsbringer willkommen geheißen, fehlt der Mannschaft verletzt seit zwei Monaten. Bei seinem letzten Auftritt holte ihn ten Hag zur Pause vom Feld und sagte anschließend: "Ich wollte mehr Fußball." Zuletzt mehrten sich die Gerüchte, dass der Brasilianer zum Verkauf stünde.

Stürmer Rasmus Höjlund, 75 Millionen Euro schwer, hat in der Liga noch kein Tor geschossen. Mason Mount, für 64 Millionen gekommen, fiel bisher ähnlich lang aus wie Casemiro und wurde schon als einer der größten Transfer-Flops der Historie verspottet. Keeper André Onana kostete United 50 Millionen, blieb in 24 Pflichtspielen aber nur siebenmal ohne Gegentreffer, kassierte dafür 39 und patzt viel zu häufig. Auch die Vorjahreseinkäufe Antony und der mittlerweile suspendierte Jadon Sancho ließen sich nennen. Sie kosteten insgesamt 180 Millionen, ihr gemeinsamer Ertrag: 20 Tore und neun Vorlagen.

"Er ist ein fantastischer Trainer, ich habe keine Zweifel an ihm", sagte Jonny Evans zuletzt über ten Hag. "Im Transferfenster im Januar bekommen wir die Chance, die Mannschaft zu verbessern. Wenn er nicht in Europa spielt, hat er mehr Zeit. Wir haben eine harte Zeit hinter uns, aber hoffentlich kehren die Spieler von ihren Verletzungen zurück und wir bekommen mehr Konstanz in die Mannschaft. Das wäre gut für ihn."

Manchester United, FC Liverpool
© getty

Manchester United muss nun zum schlechtmöglichsten Gegner

Laut ESPN scheint es Planungen zu geben, wonach mehrere Spieler den Verein im Januar verlassen sollen, um den Kader zu verkleinern. Ob sich ten Hag bis dahin hält, wird auch von den vier weiteren Auftritten im Dezember abhängen.

Am Sonntag gastiert Manchester bei Tabellenführer FC Liverpool, zum aktuellen Zeitpunkt wohl der schlechtmöglichste Gegner für United. In Anfield gelang seit 2018 kein Treffer mehr, zudem wird Kapitän Bruno Fernandes gesperrt fehlen. Die Reds haben zu Hause noch keinen Punkt abgegeben, während die Red Devils keines ihrer vergangenen 13 Auswärtsspiele gegen Teams gewannen, die in der Tabelle unter den ersten Acht rangierten (bei zehn Niederlagen).

Obwohl nur drei Vereine in Europas Top-5-Ligen mehr Spiele verloren haben als United (Burnley, Union Berlin und Almeria), sitzt ten Hag allem Anschein nach vor allem deshalb noch fest im Sattel, weil rund um die weiterhin ungeklärten Besitzverhältnisse bei United ein Machtvakuum entstanden ist.

erik-ten-hag-embed-img2
© Getty

Manchester United: "Die Jungs stehen fest hinter dem Trainer"

Es wird davon ausgegangen, dass die Glazer-Familie die Kontrolle an Sir Jim Ratcliffe abgibt, der bereits einen 25-prozentigen Anteil am Klub erwarb. Abgesegnet ist der Kauf des Gründers des Chemieunternehmens Ineos aber noch nicht. Da kürzlich Geschäftsführer Richard Arnold durch Patrick Stewart, Uniteds Chefjustiziar, auf Interimsbasis ersetzt wurde, ist es nicht besonders wahrscheinlich, dass dieser Interims-CEO nach nur einem Monat im Amt direkt einen Trainerwechsel verantworten möchte.

Knapp 17 Millionen Euro würde United eine vorzeitige Entlassung ten Hags kosten, berichtete The Athletic. Gerüchte um mögliche Nachfolger gibt es bereits genug. So soll sich Ratcliffe mit Ex-Chelsea-Coach Graham Potter getroffen haben. Auch die Namen von Zinédine Zidane, Roberto De Zerbi und Julen Lopetegui geisterten bereits umher. Ex-Profi Jan Aage Fjörtoft wollte sogar etwas von einem Gerücht gehört haben, wonach ten Hag neuer Trainer bei Borussia Dortmund werden könnte.

"Es ist nicht so, wie es bei einigen anderen Trainern zuvor war, wo es manchmal ein bisschen toxisch zuging. Die Jungs stehen fest hinter dem Trainer", sagte Scott McTominay vor der Pleite gegen die Bayern. "Das ist das A und O. Und so wird es auch bleiben." Allerdings nur, wenn ten Hags Aufbauarbeit nicht weitere schwere Schäden nimmt.

Manchester United, England, Premier League, Erik ten Hag, Red Devils, ManUnited
© getty

Manchester United: Die restlichen Spiele der Red Devils im Jahr 2023

DatumWettbewerbGegner
17. Dezember, 17.30 UhrPremier LeagueFC Liverpool (A)
23. Dezember, 13.30 UhrPremier LeagueWest Ham United (H)
26. Dezember, 21 UhrPremier LeagueAston Villa (H)
30. Dezember, 18.30 UhrPremier LeagueNottingham Forest (A)