"Nur" im Abschluss weltklasse: Warum Roy Keane mit seinem Urteil über Erling Haaland recht hat

Der Name Roy Keane steht seit eh und je für Kontroversen. Während seiner Spielerkarriere, die von Streitigkeiten und Roten Karten geprägt war, hat er immer betont, dass er nie TV-Experte werden wolle. Doch letztlich ist er auf der Insel genau das bei Sky Sports geworden.

Keane nimmt kein Blatt vor den Mund, das macht ihn zu solch einem gefragten Mann. Der moderne Fußball interessiert ihn eher weniger, er konzentriert sich auf die Basics. Taktische Aspekte sind ihm weniger wichtig als Stolz und Leidenschaft.

Keane spielt diese Rolle des "mürrischen alten Mannes" in Perfektion. Mit seinem amüsanten Schmunzeln und seinen markigen Sprüchen ist Keane vielleicht so etwas wie der britische Didi Hamann. Keanes Aussagen nach Spielen von Manchester United und City gehen immer wieder viral. Nach dem 0:0 der Citizens im Titelrennen gegen den FC Arsenal bezeichnete er zuletzt Erling Haalands Spiel als "armselig" und nannte den Superstar einen "Viertliga-Spieler".

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Erling Haalands "allgemeines Spiel ist sehr armselig"

Beim Spitzenspiel der Premier League zwischen Manchester City und Arsenal erklärte Keane erst, wie sehr er die Werbung für die neue Serie House of the Dragon verachtet. Danach kümmerte er sich darum, dass auch Haaland sein Fett wegbekommt. Gegen die Gunners hatte der Norweger in der Schlussphase eine riesige Chance verstolpert.

"Das allgemeine Niveau seines Spiels ist sehr schlecht", sagte der Ire vernichtend. "Und nicht nur heute. Ich denke, dass seine Ablagen, Kopfbälle, was auch immer es sein mag - vor dem Tor ist er der Beste der Welt - aber sein allgemeines Spiel ist für einen solchen Spieler sehr armselig ... Das muss er besser machen. Er ist fast wie ein League-Two-Spieler." Die englische League Two ist nach der Premier League, Championship und League One die vierthöchste Spielklasse in England.

Keane weiß genau, was er tut. Er ist nicht nur da, um die Fans vor den TV-Geräten mit einer Expertise zu informieren. Er ist auch da, um sie zu unterhalten und für Kontroversen und News zu sorgen.

Pep Guardiolas Antwort folgte dann auch schnell, als der Spanier erklärte, er "stimme überhaupt nicht" mit Keane überein, Haaland sei "der beste Stürmer der Welt". Er wundere sich, dass manche Ex-Spieler "solch ein kurzes Gedächtnis" hätten.

Erling Haaland ist nur im Abschluss Weltklasse

Ex-Profi Chris Sutton nannte Keanes Referenz zur vierten Liga in seiner Kolumne für BBC Sport "lächerlich". Rio Ferdinand fand die Aussage "ein bisschen weit hergeholt", wie er auf seinem YouTube-Kanal erklärte. Es war jedoch bezeichnend, dass keiner der beiden Haalands fußballerische Fähigkeiten abseits des Abschlusses verteidigte.

Sutton räumte ein, dass das "Kombinationsspiel der norwegischen Nummer 9 sauberer sein könnte", und sein Hauptgegenargument schien zu sein, dass Haalands einzige Aufgabe bei City darin besteht, Tore zu schießen. Jeder andere Beitrag ist ein Bonus - aber nicht Teil seiner Aufgabe.

Ferdinand wies auch darauf hin, dass dies bei Haaland schon immer so gewesen sei, für Vielseitigkeit sei dieser noch nie bewundert worden, sagte der ehemalige Verteidiger von Manchester United. "Ich habe mich nie hingesetzt und gedacht: 'Wow, wie er den Ball hält ist unglaublich! Er bringt seine Mitspieler ins Spiel."

Der Engländer führte aus: "Sein ganzes Spiel besteht aus dem Abschluss, im und um den Sechzehner, oder wenn er von der Mittellinie aus losläuft. Das war's. In anderen Bereichen muss er arbeiten. Letzte Saison hat er ständig getroffen und hatte in den Spielen nur acht, zehn, zwölf Ballkontakte?"

Ferdinand hat Recht: Dass Haaland nicht am Spiel teilnimmt, ist seit Tag eins offensichtlich und nicht erst seit Kurzem.

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Erling Haaland: 52 Tore auf dem Weg zum Triple

Beim 4:0-Sieg gegen Bournemouth am 13. August 2022 berührte Haaland den Ball achtmal und stellte damit den bisherigen Premier-League-Rekord von Romelu Lukaku ein, der im Jahr zuvor für Chelsea ebenfalls so wenig am Ball gewesen war.

Im Großen und Ganzen war das aber fast egal. City hatte endlich den Torjäger, den der Verein brauchte, um die stark herausgespielten Chancen zu verwandeln. Haaland traf auf dem Weg zum Triple 52-mal. Damit ist Vieles gesagt.

In dieser Saison ist Haaland jedoch nicht mehr ganz so erfolgreich. Er hat zwar 29 Tore erzielt, aber nur jeder fünfte Schuss von ihm sitzt. Er bekommt deutlich mehr Großchancen als andere Spieler in den Top-5-Ligen - und vergibt auch deutlich mehr.

Wenn der Norweger etwas seltener trifft, gerät der Fokus auf seine weiteren Fähigkeiten. Und die sind minder ausgeprägt.

Erling Haaland macht nicht das Beste aus seiner Physis

Haaland ist zwar blitzschnell, bewegt sich aber nicht sonderlich gut mit dem Ball am Fuß. In dieser Saison hat er insgesamt erst 13 Dribblings absolviert. Das ist eines mehr als der 34-jährige Ciro Immobile von Lazio Rom.

Haaland ist körperlich beeindruckend, doch wie der ehemalige City-Verteidiger Micah Richards einräumte, ist Haaland kein guter Zielspieler.

Brentford-Stürmer Ivan Toney steht nach abgebrummter Sperre zwar erst seit Mitte Januar 2024 wieder auf dem Platz, aber der Stürmer aus Brentford hat in dieser Saison mehr Kopfballduelle gewonnen als Haaland (43).

Keane wies auch auf Haalands Unfähigkeit hin, den Ball zu halten. Er hat in allen Wettbewerben nur 22 erfolgreiche Abspiele zu verzeichnen. Zum Vergleich: Romelu Lukaku, der für seinen schlechten ersten Ballkontakt belächelt wird, hat deren 66.

Haaland ist auch keine moderne Nummer 9, da er defensiv nicht viel mitarbeitet. In der gesamten Saison hat er nur zwei Grätschen getätigt und nur 44-mal den Ball für seine Mannschaft zurückerobert (zum Vergleich: Der Ex-Bayern-Stürmer Joshua Zirkzee hat den Ball 88-mal für Bologna zurückerobert).

Besonders auffällig ist natürlich, wie selten Haaland den Ball hat. Er hat in dieser Saison in 35 Spielen, darunter 24 in der Premier League, genauso oft den Ball berührt (777) wie Wout Weghorst von 1899 Hoffenheim - in 24 Partien insgesamt.

Natürlich hat Sutton argumentiert, dass dies alles keine Rolle spiele und dass Haaland immer noch seine Hauptaufgabe erfülle: Tore zu schießen.

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Kann Pep Guardiola Erling Haaland verbessern?

Hat sich Haaland seit seinem Wechsel vom BVB zu Manchester City tatsächlich verbessert? Pep Guardiola hat schon zahlreiche Spieler deutlich verbessert, aber er selbst hat zugegeben, dass er Haaland nichts über das Toreschießen beibringen kann. Aber wird der 23-Jährige dann auch in anderen Bereichen des Spiels besser werden?

Der ehemalige schottische Stürmer Ally McCoist glaubt das nicht. Er spottete über die Behauptung, dass Haaland der beste Spieler sei, den Guardiola seit Lionel Messi trainiert habe. Er wies darauf hin, dass dieser technisch nicht auf dem gleichen Niveau wie David Silva, Ilkay Gündogan und Kevin De Bruyne sei.

Sogar Haalands deutscher Teamkollege und Torhüter Stefan Ortega hat erklärt, dass "Erling technisch gesehen nicht der beste Fußballer im Team ist". Der Stürmer verfügt sicherlich nicht über die gleichen Fähigkeiten wie Julian Álvarez, der nicht nur Tore schießt, sondern sie auch vorbereitet - sowohl dank seines starken Passspiels als auch dank seines Pressings.

Das soll natürlich nicht heißen, dass Haaland nicht enorm wichtig für City ist. Tore sind das kostbarste Gut im Fußball, und in dieser Hinsicht ist Haaland von unschätzbarem Wert.

Außerdem reicht seine bloße Anwesenheit auf dem Platz aus, um die Verteidiger zu beschäftigen, seine Bewegungen in und um den Strafraum herum sind zudem hervorragend. Haaland schafft es immer wieder, auf engstem Raum Platz zu finden. Das liegt an seiner intelligenten Spielübersicht und seinen schnellen Reaktionen.

"Erling Haaland braucht all seine Mitspieler"

Die Schwächen in Haalands Spiel sollten nicht ignoriert werden - nicht zuletzt, weil dies zu absurden Vergleichen mit den großen Neunern des Fußballs wie Marco van Basten, Ronaldo, Karim Benzema, Gabriel Batistuta und Alan Shearer führt, die alle weit mehr als nur Strafraumstürmer waren.

Kann Haaland ihr Niveau noch erreichen? Auf jeden Fall, denn er ist erst 23 Jahre alt und auf dem besten Weg, fast alle Torrekorde zu brechen, die es gibt. Aber er ist wie ein aufgemotzter Gerd Müller. Er ist nicht in der Lage, die Abwehr allein zu knacken, wie sogar Guardiola in der letzten Saison zugegeben hatte.

Zu einer Zeit, als Haaland mit Messi verglichen wurde, nachdem er in seinen ersten elf Spielen für City 17 Tore erzielt hatte, wies der ehemalige Barcelona-Trainer darauf hin, dass "der Unterschied darin besteht, dass Erling alle seine Mitspieler braucht", während "Messi die Fähigkeit hatte, es selbst zu tun".

Haaland wird wahrscheinlich nie dieses seltene und besondere Talent entwickeln - und das ist sicher keine Schande - aber es wäre schade, wenn er sich technisch nicht weiterentwickeln würde. In der Tat muss man sich fragen, ob er bei City mit so wenig Spielbindung zufrieden ist.

Das Potenzial, weitaus einflussreicher als Zlatan Ibrahimovic - einem seiner Kindheitsidole - zu werden, war schon immer vorhanden. Wir haben es in Salzburg und bei Borussia Dortmund gesehen. Aber es ist klar, dass er noch einen weiten Weg vor sich hat, wenn er als perfekter Mittelstürmer in die Geschichte eingehen will.

Haaland mit Viertliga-Spielern zu vergleichen, mag falsch sein - aber Keane hat Recht, dass das Allround-Spiel des City-Stars noch nicht an Weltklasse heranreicht.