Es war der 27. April 2010, als Olympique Lyon im Stade Gerland den FC Bayern im Rückspiel des Halbfinales der Champions League empfing. Zum zweiten Mal in Folge verpasste die Mannschaft von Trainer Claude Puel den Titel in der Ligue 1. Doch nach einer knappen 0:1-Niederlage im Hinspiel hätten die Franzosen mit einem Sieg beim zweiten Aufeinandertreffen, den größten Erfolg der Vereinsgeschichte feiern können.
Ivica Olic traf dreimal für den FCB und zerstörte die Träume der Gastgeber. Durch die zusätzlichen Champions-League-Einnahmen finanzierte sich OL den Transfer von Yohann Gourcuff. Der Mittelfeldspieler kam für 22 Millionen Euro aus Bordeaux und sollte den Verein zurück zur Meisterschaft führen. Allerdings schlug der Regisseur nicht wie erhofft ein, die hohe Ablösesumme schmerzte Lyon auch in den Folgejahren.
Trotz der namhaften Neuzugänge landeten Miralem Pjanic & Co. lediglich auf dem dritten Rang der Meisterschaft, erhoffte Fernsehgelder fielen aus. Der bosnische Nationalspieler und Jeremy Toulalan erhielten lukrative Angebote aus dem Ausland und verließen Frankreich.
Finanzstarker Konkurrent
In der Zwischenzeit hatte eine Investorengruppe aus Katar den Konkurrenten aus Paris übernommen und wollte die Hauptstädter mit teuren Investitionen an die Spitze der Ligue 1 befördern. Die Scheichs investierten vor der Saison 2011/2012 insgesamt 107 Millionen Euro in Transfers und verpflichteten unter anderem Javier Pastore und Thiago Motta. PSG wurde umgehend erfolgreich und erreichte den zweiten Platz.
Für Lyon verlief die Saison dagegen wie ein Alptraum. Da neben Paris Saint-Germain und dem Meister Lille auch HSC Montpellier überzeugte, landete der ehemalige Abo-Meister lediglich auf Rang vier und verpasste die Champions-League-Qualifikation. International lief es ebenfalls schlecht, im Achtelfinale scheiterte Olympique an APOEL Nikosia, dem Außenseiter aus Zypern.
Der neue Trainer Remi Garde konnte weitere Abgänge nicht verhindern, Nationaltorhüter Hugo Lloris, Aly Cissoko und der talentierte Ishak Belfodil wechselten den Verein. Doch die Verantwortlichen stellten dem Coach keine großen finanziellen Mittel zur Verfügung, Lyon konnte nicht mit Paris oder Marseille mithalten.
"Nur von Titel träumen"
"Für uns hängt alles nur von PSG ab, der Unterschied zwischen uns und ihnen ist momentan sehr groß, als Trainer von Lyon kann man derzeit nur von Titel träumen", stellte Garde 2012 fest. Präsident Jean-Michel Aulas wollte sich nicht auf den Transfer-Kampf gegen den mächtigen Gegner einlassen und wollte stattdessen gesund wirtschaften.
OL sicherte sich mit Arnold Mvuemba, Fabian Monzon und Milan Bisevac die Dienste von drei defensiv orientierten Routiniers, die dem Team Sicherheit gaben. Im Achtelfinale der Europa-League war gegen Tottenham Hotspur allerdings dennoch Schluss. Das größere Problem für Lyon kam hingegen aus der Ligue 2: Der AS Monaco profitierte ebenfalls von starken Investoren im Rücken, schaffte den Aufstieg und wollte mit Zlatan Ibrahimovic und Paris Saint-Germain um den Titel konkurrieren.
Vor der Saison 2013/2014 schnappten sich die Monegassen unter anderem Radamel Falcao, James Rodriguez, Joao Moutinho und Geoffrey Kondogbia. Den zuvor aufgestellten Transferrekord der Pariser stellte Monaco mit rund 177 Millionen Euro Ausgaben locker ein.
"Paris und Monaco ärgern"
Die Verpflichtungen zeigten sofort ihre Wirkung, die Rot-Weißen eroberten den zweiten Platz in der Meisterschaft und verfrachteten Lyon auf Rang fünf. Nach der dritten enttäuschenden Saison in Folge musste ein neuer Trainer her. Der ehemalige Gladbacher Hubert Fournier übernahm den Trainerposten und sollte die neue Philosophie des Vereins auf den Platz übertragen.
"Wir haben vor einigen Jahren bewiesen, dass wir mit unserer eigenen Jugend große Erfolge feiern können. Das Champions-League-Halbfinale haben wir damals ganz ohne Unterstützung aus Katar erreicht. Wir wollen mit guter Arbeit Paris und Monaco ärgern", meinte OL-Präsident Aulas.
Youngsters rücken auf
Doch ein großer Konkurrent schien sich von selbst zu verabschieden. Vor der aktuellen Saison verkaufte Monaco James Rodriguez an Real Madrid und verlieh Falcao an Manchester United. Der Verein verstärkte sich kaum und verpatzte den Saisonstart. Lyon hielt dagegen tatsächlich an der neuen Philosophie fest. Neben dem derzeit wertvollsten Spieler Alexandre Lacazettte, rückten Youngsters wie Clinton N'Jie und Nabil Fekir in die Startelf.
Zudem setzte sich der 21-Jährige Samuel Umtiti auch unter der Leitung des neuen Trainers durch und steigerte seinen Marktwert um mehrere Millionen Euro. Vor allem Lacazette hatte einen entscheidenden Anteil an den Erfolgen in der Liga. International lief es nicht gut. In der Europa League scheiterten die Franzosen bereits in der Qualifikation an Astra Giurgiu aus Rumänien. Die erste Saison seit 17 Jahren ohne internationalen Wettbewerb war somit fix. Der Vorteil: Die Profis konnten sich voll und ganz auf die Ligue 1 konzentrieren.
Auch in der Liga hatte man anfangs Probleme. "Der Zusammenhalt ist nicht groß genug, wir spielen nicht als Mannschaft und müssen intensiver und konstanter agieren", beklagte Fournier die Leistung des Teams nach den ersten Spieltagen der Saison. Lyon verlor drei der ersten vier Spielen und stand kurz vor der nächsten Krise, bevor der Befreiungsschlag ausgerechnet gegen Monaco am 5. Spieltag gelang.
Es folgten neun Partien ohne Niederlage. Selbst Tabellenführer Olympique Marseille musste im Stade Gerland eine Niederlage hinnehmen. OL schnupperte wieder an der Tabellenspitze und patzte erst am 15. Spieltag gegen Saint-Etienne.
Positive Zukunft
Dennoch macht die aktuelle Situation Hoffnung auf die Zukunft. Die Talente des Vereins sind mit langfristigen Verträgen ausgestattet, zu hochdotierte Papiere gehören dagegen der Vergangenheit an und Lyon will sich nur noch gezielt verstärken.
"Wir haben bei der letzten Vertragsverlängerung das Gehalt von Gourcuff gesenkt, um ein Zeichen an den Rest der Mannschaft zu setzen", erklärte Lyons Trainer. Die Profimannschaft profitiert von der Jugendarbeit und versucht mit der Fortsetzung des Projektes gegen die übermächtigen Gegner aus Paris, Monaco oder Marseille anzukämpfen.
Demnach könnte sich die stärkere Konkurrenz in der Liga positiv auf Lyon auswirken und der Verein als Angstgegner in die Champions League zurückkehren, vielleicht mit einer Revanche gegen die Bayern.
Olympique Lyon im Überblick