Sergio Ramos und PSG, es begann mit einer Panne. Noch ehe der ablösefreie Transfer des ehemaligen Kapitäns von Real Madrid nach Paris offiziell verkündet worden war, stellte am Mittwochabend ein mutmaßlich übereifriger Mitarbeiter ein Interview mit Ramos zu dessen künftiger Rückennummer auf die offizielle Klubwebseite.
Das wurde zwar schnell wieder gelöscht, trotzdem gab es spätestens jetzt keinen Zweifel mehr: Ramos heuert nach 16 Jahren bei Real in Frankreichs Hauptstadt an. Der 35-Jährige bekommt bei PSG jenen Zweijahresvertrag , den man ihm in Madrid angesichts fortgeschrittenen Fußballeralters nicht mehr geben wollte. Er soll pro Spielzeit zehn Millionen Euro netto einstreichen.
Für PSG ist der Deal der vorläufige Höhepunkt eines durchaus spektakulären Transfersommers. SPOX und Goal beantworten die wichtigsten Fragen dazu.
Ramos zur Paris Saint-Germain: Was bedeutet das für PSG?
Der Hype unterm Eiffelturm war sogar noch vor der verpatzten Verkündung riesig. Dutzende Fans rannten am Mittwoch dem Konvoi hinterher, in dem Ramos saß, nachdem er seinen Wechsel in trockene Tücher gebracht hatte. Ähnlich groß wie die Erwartungen ist damit auch der Druck: PSG angelt sich mit Ramos die personifizierte Siegermentalität.
Ramos weiß, wie man große Titel holt, mit Spaniens Nationalelf und Real Madrid gewann er sie in Serie. Nun ist er Mitte 30 und will es allen nochmal zeigen: neue Liga, neue Stadt, neue Herausforderung.
PSG setzt mit dem Ramos-Deal ein weiteres Ausrufezeichen. Kurzfristiger Erfolg soll her. Neben der Rückeroberung des Ligue-1-Throns ist der Triumph in der Champions League nach Teilnahmen an Endspiel und Halbfinale in den letzten beiden Jahren weiter das ganz große Ziel. Und wer könnte dabei besser helfen als ein vierfacher Gewinner der Königsklasse?
PSG-Experte David Hernandez von SPOX und Goal sagt: "Trotz seiner körperlichen Probleme in der letzten Saison feiern sie ihn in Paris als absolute Siegmaschine."
Ramos bei PSG: Welche Rolle wird er einnehmen?
Alter hin oder her, einen wie Ramos holt man nicht als Ergänzungsspieler und Maskottchen. Bei Gigi Buffon mag das 2018 so gewesen sein, aber hier liegt die Sache anders. Ramos wird Stammkraft im Defensivzentrum sein und mit dem talentierten, manchmal aber auch ungestümen Presnel Kimpembe die Innenverteidigung bilden.
Kapitän Marquinhos dürfte angesichts dieser Konstellation dauerhaft auf die Sechs rücken und den beiden Achtern Marco Verratti und Georginio Wijnaldum den Rücken freihalten. Das ist schon enorm viel Qualität in der Zentrale.
Hier gibt es die voraussichtliche mit Ramos bei PSG.
PSG-Transferoffensive: Diese Stars könnten nun gehen
Die Direction Nationale du Controle de Gestion, kurz DNCG, kontrolliert im Auftrag der Ligue 1 die Finanzen ihrer Vereine. Das Financial Fair Play der UEFA wurde zwar gelockert, trotzdem kann PSG nun auf dem Transfermarkt nicht einfach tun und lassen, was es will. Gemäß L'Equipe haben die Pariser der DNCG gemeldet, dass sie in diesem Sommer 150 Millionen Euro durch Verkäufe einnehmen möchten. Intern aber wird sogar kalkuliert, man könne 180 Millionen Euro einnehmen.
Offensichtliche Kandidaten für einen Abschied sind unter anderem Alphonse Areola , Thilo Kehrer (dessen Rückennummer '4' Ramos bekommt), Pablo Sarabia, Sergio Rico, Abdou Diallo und Rafinha. Im Falle ordentlicher Angebote dürften auch Danilo Pereira, Ander Herrera und Mitchel Bakker gehen.
Bei einigen anderen Wackelkandidaten sprechen Faktoren trotz geringer Aussichten auf einen Stammplatz gegen einen Abgang: Julian Draxler verlängerte kürzlich seinen Vertrag, Idrissa Gueye gilt als Liebling von Tuchel-Nachfolger Mauricio Pochettino und der Argentinier Leandro Paredes ist ein beliebtes Mitglied der einflussreichen Südamerika-Connection in der Mannschaft.
Und dann wäre da noch Mauro Icardi. Der Argentinier ist einer der wertvollsten Spieler im PSG-Kader und dürfte bei einem Verkauf mindestens 50 Millionen Euro einbringen. Gleichzeitig ist er eine bärenstarke Alternative für den Angriff. Spannend, ob er bleibt. Unter anderem wird Juventus Turin seit langer Zeit mit ihm in Verbindung gebracht.
PSG und die Transferoffensive: Wer könnte noch kommen?
Die Shoppingtour des Ligue-1-Vizemeisters könnte noch längst nicht beendet sein, auch wenn ein erheblicher Teil des Transferbudgets bereits für Achraf Hakimi (wechselte für 60 Millionen Euro Ablöse von Inter Mailand nach Paris ) verbraten wurde. Auf jeden Fall wird noch Gianluigi Donnarumma kommen. Italiens Nationalkeeper ist nach seinem Vertragsende bei Milan ablösefrei und sein Wechsel nach Paris gilt als beschlossene Sache. Während der EM absolvierte er bereits seinen Medizincheck.
Hartnäckig halten sich zudem die Gerüchte, PSG gehöre zu den Klubs, die Rennes-Supertalent Eduardo Camavinga (19) umgarnen. Der junge Mittelfeldspieler wird auch mit dem FC Bayern, Manchester United und Real Madrid in Verbindung gebracht. Allerdings soll Camavinga einen Verbleib in Frankreich bevorzugen. In dieser Woche meldete außerdem unter anderem die L'Equipe, Uniteds Paul Pogba strebe einen Wechsel an die Seine an.
PSG: Änderungen in der Transferstrategie?
Ramos, Hakimi, demnächst Donnarumma und Wijnaldum statt Gueye, Sarabia und Diallo: Während Paris in den Jahren nach den spektakulären Mbappe- und Neymar-Deals bei Neuverpflichtungen nicht mehr auf die ganz großen Namen setzte, geht der Trend in diesem Sommer klar zu den Topstars. Ist das also eine neue Herangehensweise? Eher nicht, meint David Hernandez. Vielmehr seien es nun günstige Gelegenheiten gewesen, welche die Pariser genutzt hätten.
"Bei Donnarumma, Wijnaldum und Ramos kam es aufgrund ihrer Vertragssituationen zu tollen Möglichkeiten. Wären sie nicht ablösefrei gewesen, hätte PSG nicht um sie geworben", erklärt Hernandez.
"Nehmen wir zum Beispiel Donnarumma: PSG hat vor wenigen Monaten mit Keylor Navas verlängert. Aber nun ist ein Donnarumma ablösefrei zu haben, da musste man zuschlagen." Ähnliches gilt für Achraf Hakimi, dessen Vertrag zwar nicht auslief, aber der ohne Inter Mailands finanzielle Nöte nicht (für diesen Preis) zu haben gewesen wäre.
PSG: Wie wirken sich die Transfers auf Mbappes Zukunft aus?
Die Transfers dieses Sommers haben mindestens indirekt auch Einfluss auf die Zukunft Kylian Mbappes. Der Superstar ziert sich weiter, seinen 2022 auslaufenden Vertrag zu verlängern. Zum einen lockt Real Madrid, zum anderen soll der Stürmer vom "langfristigen Projekt" der Hauptstädter nicht überzeugt sein.
Weil es mit der Königspersonalie Mbappe also schleppend läuft und die Zeit angesichts der Aussicht, den Weltmeister womöglich mit auslaufendem Vertrag in die kommende Saison gehen zu lassen, drängt, soll Klubchef Nasser al-Khelaifi gemäß L'Equipe die Verhandlungen nun zur Chefsache erklärt und damit in dieser Angelegenheit Sportdirektor Leonardo entmachtet haben.
Schaden dürften al-Khelaifi die auf dem Papier starken Transfers von Ramos und Co. in den Gesprächen mit dem erfolgshungrigen Mbappe jedenfalls nicht. Dieser soll die bisherigen Verpflichtungen "positiv" bewerten. PSG rollt also durch die Transferoffensive auch ein Stück weit den roten Teppich für Mbappe aus.