Seit Sonntagnachmittag ist es amtlich: Juventus Turin wird kommende Saison nicht in der Champions League spielen. Nach einer sportlich enttäuschenden Saison bleibt den Bianconeri nur die Europa League - und die Hoffnung auf Besserung in der kommenden Spielzeit.
Damit das eintritt, kommt ein großer klubinterner Umbruch: Der italienische Rekordmeister wird mit einem neuen Präsidenten, Sportdirektor und Coach in die anstehende Saison gehen.
Vergangene Woche verkündete John Elkann in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender der "Exor", der Finanzgesellschaft der Agnelli-Familie und Juves Hauptaktionär, dass sein Cousin Andrea Agnelli ab der kommenden Saison die Präsidentschaft von Jean-Claude Blanc übernehmen wird.Der 34-jährige Elkann, der Ende April auch den Fiat-Vorsitz übernahm, konzentriert sich jetzt auf seine Managertätigkeit. Agnellis Eintritt ist für das gesamte Juve-Volk mehr als "nur" ein normaler Präsidentenwechsel, es ist ein symbolischer Akt, schließlich sind so gut wie alle Juve-Erfolge eng mit dem Namen Agnelli verknüpft.
Für zukünftige Erfolge braucht es Geld - und das ist da. "Uns stehen 80 Millionen Euro für den Transfermarkt zu Verfügung", verkündete Elkann bei der "Exor"-Aktionärsversammlung. Damit soll im Rahmen eines Dreijahresprojektes der sportliche Wiederaufschwung finanziert werden.
Nimmt man die Einnahmen von Spielerverkäufen, wie etwa den geplanten Transfer von Cristian Molinaro zum VfB Stuttgart hinzu, haben die finanziell auf gesunden Beinen stehenden Bianconeri im Sommer einen ordentlichen Batzen Geld für den Neuanfang zu Verfügung. Elkann verkündete, dass es dafür weder einer Kapitalerhöhung, noch dem Eintritt neuer Teilhaber bedarf.
In Sachen Trainerfrage deutet alles auf den Noch-Liverpool-Coach Rafael Benitez hin. "La Stampa" spricht von einer "entscheidenden Woche" und einer möglichen Einigung bis zum 10. Mai, Datum der nächsten Vorstandssitzung.
Nicht gänzlich abwegig erscheint aber auch ein Engagement von Fabio Capello. Der englische Nationaltrainer ist mit Andrea Agnelli eng befreundet und dieser träumt davon, Capello nach der WM nach Turin zu holen.
Die neue Juve-Führungsriege
Andrea Agnelli (Präsident)Nach 48 Jahren steht Juve ab der kommenden Saison wieder ein Agnelli als Präsident vor. Die Tifosi, die schon länger den Eintritt Andreas forderten, begrüßten die Bekanntgabe mit einem riesigen Transparent an der Geschäftsstelle: "Endlich! Andrea wird Präsident". Diese Wertschätzung ist kein Zufall, die Begriffe Turin-Fiat-Agnelli-Juve werden in Italien in einem Atemzug genannt.
Schon 1923 stand Edoardo Agnelli dem Verein vor, danach folgten die legendären Gianni und Umberto, der Vater von Andrea. "Meine Familie ist seit 84 Jahren unzertrennlich mit diesem Verein verbunden", betonte der letzte männliche Nachkomme der Familie, der den Namen Agnelli trägt, bei der Ankündigungs-Pressekonferenz.
Elkann unterstrich Agnellis "totale Liebe" zum Verein und verwies auf seine langjährige Erfahrung im Sportsektor - Andrea arbeitete u.a. bereits für Ferrari, den italienischen Golfverband und die Sport-Marketingabteilung von "Philip Morris". Für den 34-Jährigen, der viele Jahre im Ausland gearbeitet hat und erst nach dem Tod seines Vaters nach Turin zurückgekehrt ist, "schließt sich ein Kreis".
Jean-Claude Blanc (Geschäftsführer)Der Franzose musste in der sportlich katastrophalen Saison als einer der Hauptschuldigen bei den Fans herhalten - bleibt aber Geschäftsführer. Einer der beliebtesten Slogans der enttäuschten Tifosi war und ist: "Ich habe einen Traum: Blanc geht zu Inter".
Zum Verhängnis wurde Blanc die fehlende Fußballkompetenz: Der 47-Jährige hat zwar große Erfahrung im Sportbereich - er organisierte bereits die French Open, die olympischen Winterspiele in Albertville und die Tour de France mit - aber eben nicht im Fußball.
Obwohl er auf dem Papier Geschäftsführer bleibt, werden seine Kompetenzen stark eingegrenzt. Agnelli kündigte an, dass sich Blanc um Bilanz- und Marketingfragen und vor allen Dingen um das Stadion-Projekt kümmern wird, dort kann er seine Managerqualitäten ausspielen.
Die sportlichen Fragen übernimmt ein anderer, denn Blanc war für einige Flop-Zugänge, wie z.B. Thiago oder die unglücklichen Entlassungen von Claudio Ranieri und Didier Deschamps hauptverantwortlich. Roberto Bettega, Juve-Legende und bisheriger Vize-Generaldirektor, wird wohl in einer Art Außenminister den Verein auf dem internationalen Parkett vertreten.
Giuseppe Marotta (Generaldirektor)Nach dem misslungenen Projekt mit Blanc als alleinherrschendem Geschäftsführer soll ab der neuen Saison wieder ein Fußballfachmann die sportlichen Entscheidungen fällen. Alles deutet darauf hin, dass Giuseppe Marotta, noch Geschäftsführer und Sportdirektor von Sampdoria Genua, dieser Mann ist.
Laut "Repubblica" hat der 53-Jährige bereits unterschrieben, die offizielle Verkündung könnte noch in dieser Woche stattfinden. Riccardo Garrone, Präsident der Blucerchiati, hat verlauten lassen, Marotta keine Steine in den Weg legen zu wollen.
Marotta, der als großer Kenner des italienischen Fußballs gilt, ist seit acht Jahren in Genua. Unter seiner Leitung kehrten die Blucerchiati in die Serie A zurück, er sanierte die Klubkassen und sorgte mit dem Kauf von Antonio Cassano (kam von Real Madrid) und Giampaolo Pazzini (kam aus Florenz) für zwei der gelungensten Transfers der letzten Jahre in Italien.
Jetzt spielt Sampdoria um Platz vier und die CL-Qualifikation - auch ein Verdienst Marottas. Dem bisherigen Sportdirektor Alessio Secco wird wohl der Posten des Teammanagers, den er bereits vor 2006 bekleidet hatte, angeboten.
Pavel Nedved (?)Nedveds Anwesenheit auf der VIP-Tribüne beim 3:0-Heimsieg gegen Bari vor zehn Tagen war kein Zufall: Der tschechische Publikumsliebling, der im vergangenen Sommer seine Karriere beendet hatte, ist ein großer Freund von Agnelli und soll ebenfalls Teil des neuen Juve-Projekts werden.
Im Gespräch sind der Posten des Jugendsektorleiters und der des persönlichen Beraters von Agnelli. Nedved ist ein "Juventino doc", ein waschechter Juve-Mann.
Gegen Bari wurde ihm der größte Applaus im Stadion zuteil - ein Zeichen, wie sehr ihn die Juve-Fans schätzen. Sein Manager Mino Raiola bezeichnete Nedveds Rückkehr zu Juve als "möglich", angeblich liegt dem Tschechen aber auch ein Angebot von Lazio Rom vor. "Sollte der Verein mich brauchen", sagte er vor wenigen Wochen, "ich wohne in Turin."
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