Der Feier-Marathon war Xherdan Shaqiri anzusehen. Kleine Augen, leise Stimme. Die Reporter der Schweizer Nationalmannschaft wollten alles aber ganz genau wissen. Was passierte in der Nacht des Triumphes in der Champions League? Wie feiert man ein Triple? Shaqiri gab brav Auskunft. Und er strahlte dabei. Zwischendurch lachte er herzhaft. Shaqiri war einfach glücklich.
Knapp eineinhalb Jahre ist es her, als der Schweizer gleich in seiner ersten Saison beim FC Bayern München Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League gewann. Shaqiri gehörte unter Trainer Jupp Heynckes zum erweiterten Stamm; er machte 39 Pflichtspiele und sammelte dabei 21 Scorerpunkte.
Auch unter Pep Guardiola kam er trotz zweier längerer Verletzungspausen nach Muskelbündelrissen auf seine Spiele, in der Liga wurde der Kraftwürfel nur vier Mal nicht eingesetzt, wenn er im Kader stand.
Nicht gefragt in wichtigen Spielen
Eines ist Shaqiri bei den Bayern aber nie losgeworden: den Makel, keinen Platz im Team zu haben, wenn es wirklich wichtig war. Er blieb stets "nur" Backup von Franck Ribery, Arjen Robben und Thomas Müller. Die nach und nach verschärfte Konkurrenzsituation durch die Verpflichtungen von Mario Götze, Thiago Alcantara und auch Juan Bernat verschlechterten Shaqiris Standing zunehmend. Zudem konnte er seine beständigen Leistungen aus der Triple-Saison nicht konservieren.
Ein Abschied aus München stand länger im Raum, prominente Shaqiri-Kenner wie Ottmar Hitzfeld legten ihm auch öffentlich einen Wechsel nahe.
Im Sommer 2014, nach einer für ihn persönlich guten WM inklusive Dreierpack gegen Honduras, schien ein Transfer zum FC Liverpool wahrscheinlich, Guardiola und Sportvorstand Matthias Sammer legten aber ihr Veto ein.
Ein halbes Jahr später hat der Coach keine Verwendung mehr für Shaqiri. Der 23-Jährige ist endgültig verzichtbar geworden für Guardiola und wird in den nächsten Tagen einen Vertrag bei Inter Mailand unterschreiben.
Der FC Liverpool schaut erneut in die Röhre; die Reds galten bis zuletzt als Favorit auf die Shaqiri-Verpflichtung.
Rückschritt und Chance
Der Wechsel vom FC Bayern zu einem großen, sportlich aber schon länger nur mittelmäßigen Verein der Serie A, ist ein Rückschritt für Shaqiri, gleichzeitig aber eine Chance, sich langfristig wieder in den Fokus europäischer Topklubs zu spielen.
"In seinem Alter muss er regelmäßig spielen. Xherdan hat herausragende Qualitäten, die in sehr vielen Mannschaften zum Tragen kommen. Es gibt nicht mal eine Handvoll Vereine, die eine derartige Konkurrenzsituation haben wie Bayern", sagte Hitzfeld.
Anders als in München bekommt er in Mailand die volle Rückendeckung des Trainers. Roberto Mancini sprach sich vehement für Shaqiri aus, so wir es auch bei Lukas Podolski getan hatte.
Thohir macht die Kasse auf
Und anders als seinen Vorgängern ist es Mancini gelungen, vom bisher eher knausrigen Klubchef Erick Thohir die nötigen finanziellen Mittel zu bekommen, um der Inter-Mannschaft ein Face-Lifting zu verpassen.
Immerhin umfasst der Shaqiri-Deal rund 18 Millionen Euro, das Gehalt des Schweizers, der einen Vertrag bis 2019 erhält, soll etwa drei Millionen Euro betragen. Weil Inter von der UEFA unter Beobachtung steht und in der laufenden Transferperiode keine Spieler kaufen darf, wird Shaqiri bis Saisonende erstmal ausgeliehen, im Sommer dann fest verpflichtet.
Shaqiri und Podolski sind dynamische Spieler, die die Nerazzurri dringend benötigen. Mit 19 Punkten Rückstand auf Tabellenführer Juventus belegt Inter lediglich Platz zwölf.
Sieben Trainer in vier Jahren
Der Glanz vergangener Tage ist abgewetzt, seit dem überraschenden Triple-Erfolg 2010 unter Jose Mourinho ging es stetig bergab. Die Saison 2010/11 schloss Inter noch als Vize-Meister ab, in der Folge belegte die Mannschaft die Ränge sechs, neun und fünf.
Sieben Mal hat der Verein seit Mourinho den Trainer getauscht und dabei viel ausprobiert. Die Verwaltung des Mourinho-Erbes unter Taktik-Guru Rafa Benitez, frischer Wind mit den Jung-Trainern Leonardo und Andrea Stramaccioni, mittelfristiger Aufbau mit dem in Italien sehr geschätzten Walter Mazzarri und ein letztlich fehlgeschlagener Versuch mit dem erfahrenen Claudio Ranieri.
Mancini hat von allen seinen Vorgängern etwas, hat im Ausland bei Manchester City erfolgreich gearbeitet und die nötige Autorität, um bei Präsident Thohir fruchtende Überzeugungsarbeit zu leisten, damit die Mannschaft bessere Spieler bekommt. Außerdem wurde er mit Inter zwischen 2006 und 2008 drei Mal in Folge Meister.
"Das war Weltklasse"
Die Fans der Nerazzurri nehmen die neuen Stars dankend an, der Empfang für Podolski war beeindruckend. "Ich habe das in der Form noch nicht erlebt, das war Weltklasse", schwärmte Podolski, der zugleich die Ziele des Klubs klar definiert.
"Der Verein will nächstes Jahr Champions League spielen. Es fehlen ein paar Punkte, aber ich bin hier, um Inter zu helfen, die nötigen Punkte zu holen. Inter gehört in die Champions League, der Verein gehört immer noch zu den zehn besten auf der Welt", sagte Podolski bei seiner offiziellen Vorstellung am Donnerstag.
Mit Arsenal beziehungsweise dem FC Bayern spielten Podolski und Shaqiri in der Hinrunde in der Königsklasse. Nur für einen der beiden geht die Reise in Europa vorerst weiter. Laut UEFA-Regularien darf Mancini nur einen Winter-Neuzugang in der Europa League einsetzen.
Shaqiri und Podolski wären nach längeren Aufenthalten auf der Ersatzbank schon froh, wenn sie in der Serie A regelmäßig zum Einsatz kämen.
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