Juventus-Neuzugang Dejan Kulusevski: Mit Zlatans Segen und der Premium-Ausbildung

Von Oliver Maywurm
Dejan Kulusevski wechselt im Sommer zu Juventus Turin.
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Dejan Kulusevski ist eines der spannendsten Talente Europas, kommt mit Zlatan Ibrahimovics Segen im Rücken zu Juventus. Der Shootingstar im Porträt.

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Zlatan Ibrahimovic ist ja bekanntlich ein Meister darin, sich bestmöglich zu inszenieren. Doch als der 38-jährige Schwede vor kurzem unter lautem Getöse zum AC Milan zurückkehrte, dachte er nicht nur an sich, sondern auch an einen Landsmann, der gerade mal halb so alt ist wie er.

"Gestern war ein guter Tag für Schweden", sagte Ibrahimovic laut der schwedischen Zeitung Sportbladet am Tag nach seiner Ankunft in Mailand. "Ich kam hierher und Kulusevski zu Juventus." Für Letzteren, mit vollem Namen Dejan Kulusevski und 19 Jahre alt, eine Art Ritterschlag.

Denn Ibra ist - wie könnte es anders sein - auch das große Vorbild des Offensivspielers, für den Juve rund 35 Millionen Euro an Atalanta Bergamo überwiesen hat und so ab kommender Saison auf seine Dienste zählen kann. "Er ist ein Idol für alle schwedischen Fußballer, aber vor allem für uns Söhne von Immigranten", sagte Kulusevski kürzlich in einem Interview mit UEFA.com. Wie bei Zlatan stammen auch seine Eltern vom Balkan, in Kulusevskis Fall aus Nordmazedonien.

Im April 2000, als Ibrahimovic gerade anfing, sich bei Malmö FF ins Blickfeld der europäischen Topklubs zu spielen, kam Kulusevski in Schwedens Hauptstadt Stockholm zur Welt. Bei Brommapojkarna IF, einem Klub aus einem Vorort Stockholms, lernte er das Fußballspielen. Lange Jahre war Brommapojkarna Erstligist, vergangenen Sommer kam es jedoch zum bitteren Absturz in die dritte Liga. Dennoch zählt der Verein zu den besten Adressen in Schweden für junge Talente, auch John Guidetti, Ludwig Augustinsson oder Albin Ekdal wurden hier ausgebildet.

Dejan Kulusevski ist schwedischer Nationalspieler.
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Dejan Kulusevski ist schwedischer Nationalspieler.

Dejan Kulusevski: Eines der spannendsten Versprechen

Andreas Engelmark, einer von Kulusevskis Jugendtrainern, erinnerte sich zuletzt gegenüber Sportsmail an die zwei Schwachpunkte des kleinen Dejan: Zu eigensinnig und körperlich zu schwach. Letzteres jedenfalls hat er längst abgelegt. "Seine Technik und seine Spielintelligenz waren schon immer stark. Was er sich selbst angeeignet hat, ist diese Robustheit", sagt Engelmark.

Und diese Robustheit macht Kulusevski zusammen mit der technischen Raffinesse, seiner Geschwindigkeit, seiner Übersicht und dem brandgefährlichen linken Fuß zu einer hochexplosiven Mischung und einem der spannendsten Versprechen für die Zukunft im europäischen Fußball. "In den USA war es nicht leicht für mich, die italienische Liga zu verfolgen. Aber ich habe viel von Kulusevski gehört, er ist ein sehr guter Spieler", sagt sogar Ibrahimovic.

So ein bisschen kam Kulusevski aber wie Kai aus der Kiste. In der Vorsaison debütierte er für Atalanta in der Serie A, kam insgesamt aber nur auf drei Einsätze für die erste Mannschaft. Bergamo verlieh ihn daher an Parma, wo er unter Trainer Roberto D'Aversa auf Anhieb aufblühte. Vier Tore und sieben Vorlagen gelangen Kulusevski, der in der U16 auch mal für Nordmazedonien auflief, sonst aber stets für Schwedens Junioren-Nationalteams spielte und im November letzten Jahres in der A-Elf debütierte, in 19 Serie-A-Einsätzen für Parma. Kurz vor Weihnachten überragte er mit einem Treffer und einem Assist beim 2:1-Erfolg in Neapel.

Neben Juve rief er damit zahlreiche weitere große Namen auf den Plan, auch der FC Arsenal, Inter Mailand oder Manchester United sollen interessiert gewesen sein an Kulusevski, der bereits als 16-Jähriger nach Italien ging. "In den 18 Monaten vor dem Wechsel nach Italien wurde er zu einem Mann und war körperlich extrem stark, als er ging", erinnert sich Förderer Engelmark.

Dejan Kulusevski mit 16: Atalanta statt Arsenal

Bei einem Nachwuchsturnier wurde Kulusevski von Atalanta entdeckt, auch die Scouts von Arsenal überzeugte er seinerzeit schon. Doch er entschied sich gegen die Gunners und für Bergamo, das rund 165.000 Euro an Brommapojkarna überwies. Eine gute Entscheidung, findet auch sein Noch-Trainer D'Aversa: "Er ist in jedem Spiel einer der Spieler, die am meisten laufen. Er hat die richtige Mentalität, weil er aus der großartigen Atalanta-Akademie kommt."

In seinem ersten Jahr in Italien erzielt Kulusevski 17 Tore für Atalantas U17, die bis ins Meisterschaftsfinale kommt und dort nach Verlängerung nur denkbar knapp dem Nachwuchs von Inter Mailand unterliegt. Zwei Jahre später, im Juni 2019, gelingt mit der U19 die Revanche: Diesmal behält Atalanta im Finale gegen Inter die Oberhand, Kulusevski legt den 1:0-Siegtreffer auf.

Wirbelt er in Parma auf der rechten Seite einer offensiven Dreier-Reihe, liegt Kulusevski die Zehnerposition eigentlich mehr im Blut. "Von Anfang an war ich Spielmacher. Klar, ich kann auf den Flügeln spielen, als Achter, wo auch immer der Trainer mich hinstellt. Aber ich sehe mich selbst als Spielmacher hinter den Spitzen", sagt der 19-Jährige. Das sieht auch sein Nachwuchscoach Engelmark so.

Vergleiche mit Arjen Robben kann er verstehen, weil Kulusevski von seinem rechten Flügel aus in Parma gerne so wie der Niederländer früher im Bayern-Dress nach innen zieht und mit dem starken Linken auf die lange Ecke abschließt. Ihn darauf zu beschränken, ist aber zu eindimensional gedacht: "In Sachen Dribbling ähnelt er Robben, aber er hat auch Parallelen zu Sergej Milinkovic-Savic. Er ist eine Art Mix aus den Beiden. In der Hinsicht ist er einzigartig", betont Engelmark.

Bei Juve, das Kulusevski für den Rest der Saison noch an Parma zurückverliehen hat, würde der Nationalspieler daher gut ins System passen, setzt Trainer Maurizio Sarri doch meist auf eine Formation mit zwei Halbfeld-Achtern und einem Zehner. Dass er zuweilen den Ball zu lange hält, könnte Kulusevski unter Sarri dennoch zum Verhängnis werden. Nicht umsonst legt er daher vor allem darauf Wert, sich künftig nicht mehr in allzu lange Dribblings zu verstricken.

Dejan Kulusevski im Zweikampf mit seinem künftigen Mitspieler Blaise Matuidi.
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Dejan Kulusevski im Zweikampf mit seinem künftigen Mitspieler Blaise Matuidi.

Dejan Kulusevski: Lieber Hazard als CR7

"Ich habe die Kugel gerne am Fuß und als Kind sehr viel gedribbelt. Aber ich werde den Ball nun schneller los", erklärt Kulusevski. "Und ich habe mein Defensivspiel verbessert, das war eine Schwäche von mir. Jetzt bin ich ein kompletterer Spieler."

Andreas Engelmark ist sich ohnehin sicher, dass Kulusevski weiter hart an sich arbeitet: "Er ist immer bereit zu lernen, will immer den nächsten Schritt nach vorne machen. Das war auch der entscheidende Faktor dafür, warum ich so gut mit ihm arbeiten konnte", sagt er.

Über die Weihnachtsfeiertage war Kulusevski zu Besuch in der schwedischen Heimat, schaute auch bei Engelmark vorbei. "Er hat mir da schon gesagt, dass er wechselt. Aber noch nicht zu welchem Klub, das sollte eine Überraschung werden."

Bleibt zu hoffen, dass er es sich mit dem größten Superstar bei Juventus nicht schon verscherzt hat, bevor er überhaupt so richtig da ist. "Für mich ist Eden Hazard der beste Spieler der Welt", sagte Kulusevski vor einigen Wochen im Interview mit La Repubblica und fügte an: "Mit dem Ball macht er all das, was ich auch machen will. Zumindest in den letzten drei Jahren hat er bessere Leistungen gezeigt als Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo." Naja, zumindest Ibrahimovic hätte er ja auf seiner Seite.

Dejan Kulusevski im Steckbrief

geboren25. April 2000 in Stockholm
Größe1,86 m
Gewicht75 kg
PositionRechtsaußen, zentrales Mittelfeld
starker Fußlinks
StationenIF Brommapojkarna Jugend, Atalanta Jugend, Atalanta Bergamo, Parma Calcio, Juventus Turin (ab Juni 2020)
Spiele/Tore in der Serie A23/4