Der Womanizer aus dem Ghetto

Haruka Gruber
30. September 200912:05
Die beiden Star-Neuzugänge von Poschner: Pennant (r.) und Torjäger UcheImago
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Er wurde von Arsene Wenger verehrt und galt als das größte englische Talent. Mit 26 Jahren jedoch wechselt Jermaine Pennant zum spanischen Aufsteiger Real Saragossa. Warum? Wegen Drogen, Knast und einem Deutschen...

Zumindest für einen Abend hatte er sein sonst so chaotisches Leben im Griff. Jermaine Pennant holte seine Angebetene mit dem Auto ab, legte die selbst gebrannte CD mit ihren gemeinsamen Schmusesongs ein und fuhr sie zu seinem Haus, das er liebevoll mit Blumen und Teelichtern dekoriert hatte.

Ein eigens angemieteter Butler begrüßte sie mit Champagner, das Dinner wurde von einem Gourmet-Koch zubereitet. "Durch diesen Abend hat er mich zurückgewonnen. Ich war richtig glücklich", erinnert sich Jennifer Metcalfe an das romantische Tete-a-tete vor elf Monaten.

Soap-Star und Pennants On-Off-Freundin: J. Metcalfeimago

Damals schien Pennant zur Ruhe gekommen zu sein und den selbstdestruktiven, rastlosen Fußball- und Singlealltag hinter sich gelassen zu haben. Doch das Idyll währte nur wenige Wochen.

Danach machte Pennant mit Metcalfe Schluss, um einer anderen Frau, einem Dessous-Model, einen Heiratsantrag zu machen, den er aber zurückzog, damit er wieder mit Metcalfe - zum dritten Mal in zwei Jahren - anbandeln konnte.

In England schwer vermittelbar

Mit seinem überraschenden und kuriosen Wechsel vom FC Liverpool zum spanischen Erstliga-Aufsteiger Real Saragossa in diesem Sommer ist jedoch das Kapitel Metcalfe offenbar endgültig beendet. "Er hat einen Schlussstrich gezogen, weil er sich endlich auf den Fußball konzentrieren will", wird ein Freund zitiert.

Als Single zog Pennant nun nach Spanien. Eine bewusste Entscheidung, um der Yellow Press zu entfliehen und mit so wenig Altlasten wie möglich eine neue Karriere zu starten. In England gilt er wegen seiner zahlreichen Skandale und amourösen Extravaganzen als schwer vermittelbar.

Lieber Poschners Saragossa als Milan?

Saragossas neuer Generaldirektor Gerhard Poschner erkannte die Gelegenheit, flog - obwohl der Deutsche da noch nicht im Amt war - nach England und offerierte dem ablösefreien Pennant 45.000 Euro Gehalt pro Woche netto, einen Stammplatz und die Aussicht auf den Durchbruch.

Zwar boten auch Atletico Madrid, Espanyol Barcelona und angeblich sogar der AC Milan um den rechten Flügelspieler mit, "aber man darf nicht vergessen, dass auch Saragossa ein Traditionsklub ist. Wir sind gut genug, um die Klasse zu halten. Vielleicht kann ich mich hier mittelfristig für die englische Nationalmannschaft anbieten", so Pennant.

Der 26-Jährige ist noch immer einer der begnadetesten Fußballer Englands, doch so genial Pennant als Fußballer sein mag, so enttäuschend verlief seine bisherige Laufbahn.

Analphabet, aber klasse Fußballer

Pennant wuchs in Nottingham in einem der heruntergekommensten Viertel Englands auf. Als er drei Jahre alt war, verließ die Mutter die Familie, wenig später erlag sie einem Krebsleiden. "Es war hart. Ich habe inmitten von Kriminalität, Waffen und Drogen gelebt", sagt Pennant.

Während sein Vater Gary Pennant, ein Ex-Fußball-Profi, schrittweise in die Heroin-Abhängigkeit schlitterte und eine neue Ehefrau fand, die von einem Boulevard-Blatt später als Prostituierte geoutet werden sollte, kümmerte sich Pennant um seine drei jüngeren Geschwister. Mit der Folge, dass er selbst die Schule vernachlässigte und im Grunde als Analphabet aufwuchs.

Nachdem er mit 15 Jahren vom FC Arsenal entdeckt wurde und für drei Millionen Euro - damals eine Rekordsumme für einen Teenager - von Notts County zu den Gunners gewechselt war, merkte der Klub an, dass Pennant bislang nur "sporadisch" unterrichtet worden sei und "die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben nur sehr gering ausgebildet ist".

Hattrick beim Premier-League-Debüt

Auf dem Fußball-Platz gehörte Pennant jedoch sofort zu den Koryphäen. Coach Arsene Wenger war derart fasziniert von dessen fußballerischen Fähigkeiten, dass er den damals 16-Jährigen zum jüngsten Spieler machte, der je in der Profi-Mannschaft des FC Arsenal zum Einsatz kam. Wenig später gelang Pennant bei seinem Premier-League-Debüt gegen Southampton ein Hattrick.

"Ich habe die Zeitung aufgemacht und sehe auf einmal ein Foto von mir und dacht nur: 'Wow'", sagte Pennant damals. Der Erfolg, die Schlagzeilen, das plötzliche Geld: Zusehends verlor Pennant den Boden unter den Füßen. Er verspätete sich reihenweise zum Training, leistete sich andere Exzesse. Irgendwann hatte Wenger genug und lieh ihn aus. Nach Watford, nach Leeds, zu Birmingham City. In der Hoffnung, dass sich Pennant bessern wird.

Stattdessen entwickelte sich Pennant von einem infantilen Teenie zu einem latent-aggressiven Twen mit einer ungesunden Vorliebe für Alkohol. Im April 2003 wurde er von der englischen U 21 nach Hause geschickt, weil er die nächtliche Sperrstunde ignoriert hatte. Vier Monate später sorgte er für einen Eklat, in dem er in einem U-21-Spiel dem Kroaten Niko Kranjcar ins Gesicht schlug, weil dieser ihn angeblich rassistisch beleidigt hatte.

Wenger: "Verliere den Glauben an das Gute"

"Jeder spricht mich darauf an, über was für eine besondere Begabung Jermaine verfügt. Aber wenn man dann ein solches Verhalten sieht, verliert man den Glauben an das Gute", sagte Wenger.

Im Frühjahr 2005 der Tiefpunkt: Während seiner Ausleihe zu Birmingham City fährt ein alkoholisierter Pennant mit seinem Mercedes gegen eine Laterne. Als ihn die Polizei vernimmt, gibt er sich als seinen ehemaligen Arsenal-Kollegen Ashley Cole aus. In den Akten sollte später stehen, dass Pennant lallte und seine Augen glasig waren.

Es war sein zweites Vergehen innerhalb kurzer Zeit. Elf Monat zuvor wurde ihm ein 16-monatiges Fahrverbot auferlegt, weil er als Geisterfahrer in eine Straße abgebogen war. Da er zum Zeitpunkt des Unfalls demnach noch nicht wieder im Besitz eines Führerscheins war und dazu noch getrunken hatte, wurde er zu 90 Tagen Haft verurteilt.

Fußfessel statt Knast

Nach 31 Tagen wurde er vorzeitig entlassen, musste jedoch für die restliche Zeit eine elektronische Fußfessel tragen, mit der er als erster Spieler überhaupt ein Premier-League-Spiel bestritt.

Danach zeigte sich Pennant erstmals reumütig. "Meine Oma konnte für eine Woche nichts essen. Und das wegen ihres Enkels. Aber der Knast hatte eine gute Sache: Es gab Zeit zum Nachdenken. Über das, was ich bisher falsch gemacht habe im Leben und was ich zukünftig besser machen will."

Birmingham City glaubte ihm und kaufte ihn im Sommer 2005 für 750.000 Euro von Arsenal ab. Pennant wiederum dankte es dem Klub mit einer starken Saison, wodurch der FC Liverpool auf ihn aufmerksam wurde und Birmingham City 9,1 Millionen Euro in die Kasse spülte.

"Ich mache immer Party"

Mit den Reds erreichte Pennant, unter Coach Rafa Benitez eine feste Größe, gleich im ersten Jahr das Champions-League-Finale, das Liverpool mit 1:2 gegen Milan verlor. Pennant war der beste Spieler seines Teams. Nur: Mit dem Erfolg kam wieder die Selbstgefälligkeit.

"Ich mache immer Party. Und weil ich ein bekannter Fußballer bin, kommen die Frauen zu mir wie die Motten zum Licht", erzählte Pennant damals mit einem gewissen Stolz.

Immer häufiger wurde er mit wechselnder weiblicher Begleitung gesichtet. 2006 tauscht er nach vier Jahren seine Jugendliebe Laura Wallis für das Model Candy McCulloch ein, später kehrt er reumütig zu Wallis zurück - bevor er Daily-Soap-Darstellerin Jennifer Metcalfe im Fernsehen sah und sich in sie verguckte. Daraus sollte sich in den folgenden Monaten die eingangs beschriebene On-Off-Beziehung der beiden entwickeln.

Poschner: Aufpasser für Pennant

Es gibt Fußballer, die zu feiern wissen und dennoch am Wochenende gut spielen. Pennant kann es nicht. In den letzten beiden Jahren saß er in Liverpool hauptsächlich auf der Bank. Die vergangene Rückrunde, die Pennant auf Leih-Basis in Portsmouth verbrachte, gestaltete sich ebenfalls wenig überzeugend.

"Man muss Jermaine von der Großstadt, von jedem negativen Einfluss fernhalten. Wir haben extra jemanden abgestellt, der ihn fast den ganzen Tag begleitet hat, damit er sich nicht ablenken lässt", verrät der damalige Birmingham-City-Trainer Steve Bruce das Geheimnis, warum Pennant unter ihm derart aufblühte. Für Poschner wird es demnach mit die wichtigste Aufgabe sein, Pennant einen Aufpasser zur Seite zu stellen.

Auf Jennifer Metcalfe kann er jedoch nicht zählen: "Ich freue mich für Jermaine, dass der Wechsel geklappt hat", sagt sie. "Aber ich bin es leid, immer nach Jermaine schauen zu müssen. Das kann ich nicht mehr, ich habe genug davon." Mal sehen, wie lange es Poschner mit ihm aushält.

Jermaine Pennant im Steckbrief