Lionel Messi steht seit Donnerstag nunmehr zehn Jahre in der ersten Mannschaft des FC Barcelona. Eine Zeit, die von zahlreichen Rekorden, beeindruckenden Siegen und unzähligen Titeln erzählt. Ein Rückblick auf die Meilensteine des Argentiniers.
16. Oktober 2004: Primera Division, Espanyol Barcelona - FC Barcelona 0:1
Fast ein Jahr hatte sich Frank Rijkaard Zeit gelassen. Am 16. November 2003 hatte Lionel Messi im Testspiel gegen den FC Porto seine ersten Schritte im Trikot der ersten Mannschaft gemacht, im Oktober des folgenden Jahres war es so weit. Nach elf Monaten, drei Wochen und sechs Tagen rief er den kleinen Argentinier erneut zu sich.
Pflichtspieldebüt für Messi, in der Primera Division, mit dem noch ungeschlagenen Team gegen Lokalrivale Espanyol Barcelona. Sprechchöre hatte es schon gegeben, bevor er überhaupt auf dem Feld stand. Barca spielte schwach, Deco hatte das 1:0 besorgt. Die Fans forderten ihren neuen Schützling, von dem nur der Trainer nicht vollends überzeugt zu sein schien. Ein paar wenige Minuten gönnte er Messi im Derby, im Laufe der Saison sollte er nie länger spielen als 35.
01.Mai 2005: Primera Division, FC Barcelona - Albacete Balompie 2:0
Was gegen Espanyol nicht klappte, wollte auch in den nächsten Spielen einfach nicht funktionieren. Auch wenn Messi, wie in der 89. Minute gegen Carlos Kamenia im katalanischen Derby, durchaus Chancen hatte - ein Tor wollte nicht fallen. Ein Lupfer von Ronaldinho landete beim Argentinier, Messi blieb ruhig und überlupfte den herausstürzenden Torwart. Abseits!
17 Jahre, zehn Monate und sieben Tage ist er alt, gerade wurde er eingewechselt für Samuel Eto'o. Er wäre der jüngste Torschütze der Geschichte des FC Barcelona geworden, Ronaldinho macht ihm mit seinem unverwechselbaren Augenzwinkern Mut. Wenige Sekunden gealtert ist er beim nächsten Lupfer des Brasilianers, diesmal ist es kein Abseits, wieder folgt ein gefühlvoller Abschluss über den Torwart. 2:0 in der 90. Minute, Messi verbucht seinen ersten Rekord.
17. Mai 2006: Champions League, FC Barcelona - FC Arsenal 2:1
Gut ein Jahr später ist Lionel Messi Stammspieler. Eigentlich. Das Finale der Champions League läuft. Victor Valdes wächst über sich hinaus, muss aber doch hinter sich greifen, Jens Lehmann geht vom Platz. Henrik Larsson kommt und reißt das Spiel an sich. Ausgleich Samuel Eto'o, der später zum Mann des Spiels gewählt wird. Führung Juliano Belletti in der 81. Minute, Barca-Anhänger sprechen später scherzhaft vom einzigen guten Spiel des Brasilianers im Trikot der Blaugrana.
Von Lionel Messi spricht niemand. Der Argentinier muss mies gelaunt zusehen. Ein Mittelfußbruch aus dem Spiel gegen den FC Chelsea setzte ihn für 19 Partien außer Gefecht, es ist die längste Pause seiner Karriere. Nach jubeln ist ihm selbst nach Abpfiff nicht zumute. Der Ehrgeiz verbietet es ihm, griesgrämig steht er in Paris auf dem Rasen. Erst Vorbild Ronaldinho vermag es, ein Lächeln heraus zu kitzeln.
18. April 2007: Copa del Rey, FC Barcelona - FC Getafe 5:2
Ronaldinho steht beim vielleicht besten Tor in Messis Karriere nicht auf dem Platz. Trainer Rijkaard gewährt seinem Superstar erneut eine Pause, gegen Getafe soll es auch ohne Ronaldinho klappen. Heute spricht man in Spanien gerne von der Messidependencia, die Abhängigkeit vom Brasilianer war in der Saison 06/07 aber noch deutlicher. 2,2 Punkte sammelte man im Schnitt mit ihm, ohne ihn 1,6.
Gegen Getafe in der Copa war wieder Zeit für eine Kreativpause. Messi drängte sich in den Vordergrund und erzielte beim letztlich wertlosen 5:2-Sieg zwei Treffer. Dennoch kopierte er nicht Ronaldinho - denn sein erster Treffer an diesem Abend erinnerte viel mehr an Landsmann Diego Armando Maradona.
13 Ballkontakte braucht der Argentinier für fünf Gegenspieler plus Torwart. Ein Lauf von der Mittellinie bis zur Grundlinie mit erfolgreichem Abschluss. Neun Sekunden sind es, bis die gesamte Abwehr der Gäste im Boden versinkt. Eine Kopie des Maradona-Tores im Länderspiel zwischen Argentinien und England. Das Rückspiel wird 0:4 verloren gehen. Eine Partie, nach der nie wieder jemand fragt.
02. Mai 2009: Primera Division, Real Madrid - FC Barcelona 2:6
Wird er nach seinem Tor gegen Getafe noch ausgewechselt, ist Messi unter Pep Guardiola unantastbar geworden. Er kommt nicht von der Bank, er geht nicht auf die Bank. Messi spielt immer, sonst rumort es im Team, sowie in der Medienlandschaft. Am 32. Spieltag gegen den FC Sevilla schmort er 90 Minuten auf der Bank, Pep macht seinen Schützling heiß.
Eine Woche später sollte er topfit auf dem Platz stehen und eine neue Ära einläuten. Im Santiago Bernabeu schiebt Guardiola Henry und Eto'o auf die Flügel, Messi beginnt in der Mitte und pendelt fortan zwischen Mittelfeld und Angriff. Christoph Metzelder und Fabio Cannavaro sind überfordert und öffnen Tür und Tor. Sechs Gegentore fressen die Königlichen an diesem Tag, zwei von Lionel Messi. Fortan spricht man von der "falschen Neun", eine jahrelange und weltweite Spielstildiskussion wird ausgelöst.
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27. Mai 2009: Champions League, FC Barcelona - Manchester United 2:0
Die falsche Neun sichert den Katalanen nur ein paar Wochen später den zweiten Champions-League-Titel in drei Jahren. Eto'o bringt Barcelona in Führung - "mit der Pike", stellt Kommentator Wolff-Christoph Fuss entsetzt fest. Sein Pendant aus Spanien ist zu diesem Zeitpunkt noch ganz ruhig. Das ändert sich in der 70. Minute: Flanke Xavi - Kopfballtor Messi. "Oh Messi, goooooool", schallt es durch katalanische Wohnzimmer.
Selbst der Co-Kommentator kann sich nicht halten und hinterlegt den gewohnt langgezogenen Torschrei seines Kollegen mit einem mindestens ebenso langen "Cabeza", spanisch für "Kopf." Diesmal ist der Argentinier Hauptdarsteller in einem CL-Finale, mit 21 Jahren stemmt er zum zweiten Mal den Henkelpott über seinen Kopf. Diesmal muss ihm Ronaldinho kein Lachen entlocken, Messi hat den Brasilianer überholt, in vielerlei Hinsicht.
6. April 2010: Champions League, FC Barcelona - FC Arsenal 4:1
Die Champions League wird zum Heimspiel für Messi, der einstige Albtraum Arsenal zum Lieblingsgegner. Einen Rückstand durch Nicklas Bendtner pulverisiert La Pulga noch innerhalb der ersten Halbzeit mit drei Treffern. In der 88. Minute gelingt ihm das 4:1. Vier Tore in der Champions League, das hat vor ihm noch kein Spieler des FC Barcelona geschafft.
"Ich bin seit 20 Jahren ein Arsenal-Fan und bis heute habe ich mich nie so gedemütigt, so ausgespielt wie heute gefühlt", resignierte ein mitgereister Anhänger nach dem Spiel gegenüber "BBC". Daran, dass Messi diesen Rekord noch einmal selbst einstellen würde, dachte noch niemand. Auch wenn Arsene Wenger bereits eine leichte Vorahnung hatte. Über das letzte Tor des Argentiniers konnte selbst der sonst so kühle Franzose nur staunen: "Es sieht unmöglich aus, aber Messi macht es möglich."
Weniger als ein Jahr später war es erneut an Messi, Wenger mit offenem Mund zurückzulassen. Fabregas verliert den Ball in der Vorwärtsbewegung mit der Hacke - böse Zungen sprechen vom ersten Assist für Barca - Iniesta schaltet schnell und spielt auf Messi. Der überlupft Wojciech Szczesny, um den Ball dann mit links zu verwandeln. Platz drei beim Puskas-Award und Beweis genug für die unglaubliche Technik und Kaltschnäuzigkeit des Argentiniers.
27. April 2011: Champions League, Real Madrid - Barcelona 0:2
Im April finden die großen Spiele statt, Spiele für einen Mann vom Kaliber eines Messi. Vier Clasicos liefern sich Real Madrid und der FC Barcelona im April 2011. 18 Tage lang steht Spanien Kopf, Jose Mourinho wirft sich mitten hinein in das Kräfteringen der Medien. Einer bleibt ganz cool. Beim 2:0-Auswärtssieg im Bernabeu erzielt Messi zwei Tore und besiegelt den nächsten Finaleinzug.
Als ihm Sergio Busquets in der 88. Minute einen Ball stoppt und entgegenspielt, ist der Argentinier einmal mehr nicht zu halten. Vorbei am machtlosen Diarra, vorbei am zu langsamen Xabi Alonso, vorbei an den verwirrten Sergio Ramos und Raul Albiol, vorbei am eingerückten Marcelo und vorbei an Iker Casillas. Der "Al-Jazeera"-Kommentator kann sich kaum halten: "He has a classic in the clasico!" Jose Mourinho ebenso wenig. Der Portugiese muss auf die Tribüne und gibt den Finaleinzug in der anschließenden Pressekonferenz trotz anstehendem Rückspiel bereits verloren.
7. März 2012: Champions League, Barcelona - Leverkusen 7:1
Mourinho sollte Recht behalten. Barcelona steht nach einem 1:1 ins Finale und entzaubert dort Manchester United. Alex Ferguson spricht von "der besten Mannschaft, der ManUnited jemals begegnet war" und zieht seinen Hut ganz besonders vor einem Mann: "Wir haben Messi nie kontrollieren können. Aber das mussten viele Personen in den letzten Jahren zugeben."
In der darauffolgenden Saison bewahrheitete sich dies auch für Bayer Leverkusen. In Deutschland kam man noch glimpflich davon. 3:1 für Barca nach 90 Minuten. Messi hatte sich zurückgehalten, dennoch so beeindruckt, dass sich Manuel Friedrich und Michael Kadlec schon in der Halbzeit um das Trikot ihres Gegners stritten.
Gonzalo Castro hatte im Rückspiel dann den besten Platz, um die nächste Messi-Show zu bewundern. Nur unterbrochen von zwei Treffern Cristian Tellos nahm La Pulga die Werkself in 60 Minuten mit fünf Toren auseinander. Der eigene Rekord aus dem Spiel gegen Arsenal - eingestellt. Den Gegner ließ er ohne Hoffnung zurück: "Heute hat mich niemand nach meinem Trikot gefragt."
25. Mai 2012: Copa del Rey, Barcelona - Athletic Bilbao 3:0
Es ist das Ende der vielleicht besten Saison des Argentiniers. Ein 3:0-Sieg über Bilbao besiegelt den Gewinn der Copa del Rey. Messi macht wieder ein Tor, 73 Stück sind es damit in der Saison 11/12. Davon alleine 50 in der Liga. Zuvor hatte er mit einem Dreierpack gegen Malaga am 3. Mai Gerd Müller als Rekordtorschützen abgelöst, fünf Tage später in 19 Ligaspielen in Folge mindestens einmal getroffen.
Er gewinnt zum dritten Mal in Folge den Ballon d'Or, den Pichichi sowieso. Die Bestmarke von Cesar Rodriguez Alvarez als bester Torschütze des FC Barcelona in Pflichtspielen wird eingestellt. Die Trofeo Alfredo di Stefano ist nur eine Randnotiz im Gegensatz zur Auszeichnung als bester Spieler Europas. Trainer Guardiola scherzt: "Ich habe in meiner Karriere elf Tore geschossen. Gebt ihm zwei Spiele und er überholt mich."
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29. August 2012: Supercup, Real Madrid - FC Barcelona 2:1
Es war die letzte Saison von Guardiola in Katalonien. Messis größter Förderer verließ den Verein, in diversen Biographien hieß es später, der Abschied habe den Argentinier in ein emotionales Tief gestoßen. Zum Start der neuen Saison ließ er sich nichts davon anmerken. Beim 3:2-Heimsieg über die Königlichen erzielt er ein Tor. Im Rückspiel egalisiert er einen weiteren Rekord von Cesar Rodriguez Alvarez, diesmal als erfolgreichster Clasico-Torjäger.
Mit seinem Freistoßtreffer aus 30 Metern war es jedoch nicht getan. Barcelona verlor den Supercup an Jose Mourinho, Messi blieb aber weiterhin der wahr gewordene Albtraum der Blancos. Inzwischen gehen 21 Clasico-Treffer auf das Konto des Angreifers, mehr als jemals ein anderer Spieler im wichtigsten Duell Spaniens erzielt hat. Schon in seinem ersten Spiel gegen Real hatte er einen Hattrick erzielt.
22. Dezember 2012, Primera Division, Real Valladolid - Barcelona 1:3
Der FC Barcelona legte nach der Supercup-Pleite eine überragende Liga-Saison hin. An keinem einzigen der 38 Spieltage stand man nicht auf Rang eins, nur zweimal musste man sich geschlagen geben. Immer mit dabei: Lionel Messi. Der Argentinier setzte auch in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres seine Rekordjagd fort und enteilte dem Rest der Fußballwelt mit irrsinnigen Zahlen.
91 Treffer sind es nach seinem Tor gegen Valladolid. Insgesamt trifft er in 47 Spielen mindestens einmal, meistens aber mehrfach - natürlich ein neuer Rekord. 46 Liga-Tore gelingen ihm in 38 Spielen. Das sind mehr, als zehn Teams der Primera Division selbst vermelden können, allerdings weniger als im Vorjahr. Seinen eigenen Rekord kann er nicht übertrumpfen.
27. September 2014: Primera Division, Barcelona - Granada 6:0
Es gibt also noch immer Rekorde, die es einzustellen gilt, auch wenn sie inzwischen selten geworden sind oder ohnehin schon Messis Namen tragen. Die 400-Karriere-Tore hat er zumindest schon gepackt. Beim Kantersieg über Granada beweist Messi, dass er auch unter Luis Enrique und in seiner neuen Rolle als Zehner bestens zu Recht kommt. Ein simpler Doppelpack genügt, Nummer 400 und 401 sind geschafft. Seit dem Testländerspiel in Hongkong steht er bei 403 Buden.
359 Tore sind es nun für den FC Barcelona, 44 für Argentinien. Zehn Stück fehlen damit noch auf Paulino Alcantara, der einst 369 Tore für die Katalanen erzielte. Seit dem Sieg gegen Granada sind vier Spiele vergangen, nun trennen ihn nur noch sechs Treffer von der philippinischen Barca-Legende. Der Rekord wird fallen, so oder so.
25. Oktober 2014: Primera Division, Real Madrid - FC Barcelona
Bis zum nächsten Clasico ist noch Zeit. Gelingt Messi im Santiago Bernabeu Liga-Treffer Nummer 252 - derzeit steht er bei 249 Stück - überholt er Telmo Zarra. 180 Minuten für drei Tore, für Messi-Verhältnisse keine unmögliche Herausforderung.
Bilbao-Legende Zarra hat 251 Treffer in der Meisterschaft erzielt, würde er überholt werden, bekäme Messi eine Ehrung noch im königlichen Hoheitsgebiet. Liga-Präsident Javier Tebas lässt die ohnehin schon weichen Knie der Blancos noch ein wenig mehr zittern: "Warum sollten wir es nicht tun?"
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