"Hoeneß war wie ein Vater für mich"

Uli Hoeneß holte Roque Santa Cruz im Mai 1999 zum FC Bayern München
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Roque Santa Cruz kam im Alter von 17 Jahren als Riesen-Talent zum FC Bayern. Heute steht er in Mexiko unter Vertrag, kickt aber beim FC Malaga und beschäftigt sich bereits mit der Zeit nach dem Fußball. Santa Cruz über wilde Schafkopf-Runden im Bayern-Bus, das väterliche Verhältnis zu Uli Hoeneß und die Entstehung des berühmten Hits der Sportfreunde Stiller.

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SPOX-Redakteur Benjamin Wahlen traf Roque Santa Cruz in Malaga vor dem Spiel gegen Real Madrid am Trainingscenter des Klubs. Als kleines Mitbringsel schenkte SPOX Santa Cruz ein Schafkopf-Kartenspiel, das er zu seiner Zeit in München immer sehr gerne gespielt hat. Santa Cruz packte das Spiel sofort aus und ging fröhlich die einzelnen Karten durch "Ah, Schellen Geier und hier die Hundsgefickte".

SPOX: Herr Santa Cruz, ich habe Ihnen ein original Schafkopf-Kartenspiel aus Bayern mitgebracht. Welche Erinnerungen weckt das in Ihnen?

Roque Santa Cruz: Erstmal vielen Dank, das ist wirklich eine tolle Überraschung. Ich habe während meiner Zeit in München sehr viel Schafkopf gespielt...

SPOX: ... was für einen Südamerikaner eigentlich ungewöhnlich ist. Wie sind Sie zum Schafkopfen gekommen?

Santa Cruz: Das ist bei den Fahrten im Mannschaftsbus passiert. Im Bayern-Bus saßen an allen Tischen Vierergruppen, die Karten gespielt haben. Die haben gelacht und geschrien und geschimpft, da wollten wir natürlich auch mitmachen. Ich habe dann meistens an einem Tisch mit Bernd Dreher, unserem Schafkopf-Lehrer, Alexander Zickler, Hasan Salihamidzic, Giovane Elber und Claudio Pizarro gespielt. Später kamen dann noch Martin Demichelis, Roy Maakay und Sebastian Deisler dazu. Irgendwann gab es sogar einen rein südamerikanischen Tisch. Das war wirklich eine tolle Zeit.

SPOX: Was für ein Tarif wird denn vor solchen Runden ausgehandelt?

Santa Cruz: Das darf man eigentlich gar nicht erzählen. Meistens lag der Tarif schon bei 10/20/50.

SPOX: Cent oder Euro?

Santa Cruz: (lacht) Belassen wir es bei 10/20/50.

SPOX: Haben Sie auch mal mit Uli Hoeneß gespielt?

Santa Cruz: Ich persönlich nicht, er hat immer ganz vorne an einem Tisch mit Mehmet Scholl, Markus Babbel und Jens Jeremies gespielt.

SPOX: Gerüchten zufolge verlor er mit bestechender Regelmäßigkeit größere Summen.

Santa Cruz: Ja, das stimmt. Zu mir hat er aber jedes Mal gesagt, er sei in Wirklichkeit ein ausgezeichneter Spieler und die anderen würden immer schlecht spielen. (lacht)

SPOX: Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie erstmals von seiner Steuer-Affäre erfahren haben?

Santa Cruz: Uli ist ein super Typ, der nicht nur von den Fans sehr geliebt wurde, sondern auch von den Spielern. Für mich und viele andere junge Spieler war er wie ein Vater. Ich habe Uli als immer korrekt kennen gelernt und war geschockt, als ich davon gehört habe. Aber es ist in Ordnung, im Leben Fehler zu machen. Man muss nur dazu stehen und die Konsequenzen tragen, auch wenn das für einen Mann wie Ihn, der vorher solch eine Reputation genossen hat, nicht einfach ist. Trotzdem ist er den Schritt von sich aus gegangen.

SPOX: Haben Sie noch Kontakt zu Ihren alten Kollegen beim FC Bayern?

Santa Cruz: Ja, das auf jeden Fall. Vor kurzem habe ich Thomas Linke in Salzburg getroffen. Das ist ja das Schönste am Fußball, dass man fast überall Menschen trifft, die früher mal Mitspieler von einem waren. So hat man Freunde auf der ganzen Welt. Gleichzeitig halte ich auch mit vielen ehemaligen Bayern-Spielern Kontakt über Facebook und kriege mit, was sie heute treiben.

SPOX: Wie verfolgen Sie die Entwicklung beim FC Bayern?

Santa Cruz: Regelmäßig. Der Klub hat sich toll entwickelt und gehört heute sicher zu den besten drei Adressen in Europa. Als ich da war, hat der Verein noch viel Wert darauf gelegt, deutsche Spieler in den eigenen Reihen zu haben, das ist heute nicht mehr so stark der Fall. Ich denke aber, dass dies der einzige Weg ist, um auch im internationalen Vergleich mit Barcelona und Madrid konkurrenzfähig zu bleiben. Diese beiden Teams kaufen die besten Spieler der Welt, völlig egal, wo sie herkommen. Es ist schwierig, mit ihnen mitzuhalten, wenn man nicht das gleiche macht. Ich freue mich auf jeden Fall riesig über den Erfolg des Vereins und schaue immer gerne zu, wenn der FCB spielt.

SPOX: Sie sind damals im Alter von 17 Jahren aus Ihrer Heimat Paraguay nach München gewechselt. Um ihren damaligen Präsidenten, Osvaldo Dominguez Dibb, ranken sich noch heute irre Geschichten mit Kalaschnikows, vollgepinkelten Autos und Schusslöchern im Kabinendach. Was ist tatsächlich dran an diesen Storys?

Santa Cruz: Zunächst muss ich sagen, dass diese Geschichten in der Realität nicht so drastisch waren, wie sie manchmal dargestellt wurden. Unser Präsident war einmalig, er hat den Fußball und den Verein geliebt wie kein anderer. Er hat immer beim Training zugeschaut, damit man auch ja alles gibt. Er war immer bei der Mannschaft, wusste genau, wer wie drauf ist und was zwischen den Spielern los ist. Ich habe so etwas in meiner ganze Karriere nie mehr wieder erlebt. Für mich war das ja ohnehin eine ganz aufregende Zeit, als 15-Jähriger plötzlich bei den Profis zu spielen und gleichzeitig noch zur Schule zu gehen. Dort haben mich alle immer angeschaut und gesagt: 'Guck mal, das ist der Fußballer.' Trotzdem hatte ich vor meinen ersten Spielen echt Bammel, nachdem ich ein paar Storys von unserem Präsidenten gelesen habe und dachte: Hoffentlich gewinnen wir und hoffentlich spielst du gut. (lacht)

SPOX: Ihre Karriere hat Sie in drei europäische Top-Ligen, Deutschland, England und Spanien, geführt. Welche Liga hat es Ihnen am schwersten gemacht?

Santa Cruz: Als ich noch in der Bundesliga spielte, gehörte sie zu den vier Top-Ligen, heute sehe ich sie zusammen mit der spanischen als stärkste Liga Europas, das sieht man auch in der Champions League. Dortmund, Bayern, Barcelona und Real Madrid gehören immer zu den Titelfavoriten. Das hat viel damit zu tun, wie in Deutschland und Spanien Fußball gespielt wird. Dort zählt jedes Spiel, egal welcher Pokal oder Wettbewerb. In England ist zwar viel Geld, die internationalen Wettbewerbe werden aber erst ab dem Viertel- oder Halbfinale wichtig. Aber ich war auch gerne in England. Dort geht es samstags und sonntags nur um Fußball, dazu das Wetter und die Schiedsrichter, die viel laufen lassen. Die drei Ligen sind alle verschieden, aber ich hatte überall Spaß.

SPOX: Tatsächlich verlief Ihr Start in der Premier League ausgezeichnet, mit 19 Toren in der ersten Saison legten Sie bei den Blackburn Rovers furios los. Obwohl Sie mehrfach betonten, bleiben zu wollen, gingen Sie nach dem zweiten Jahr zu Manchester City. Was war passiert?

Santa Cruz: Ich wollte damals auch gerne bei den Rovers bleiben. Allerdings fingen zum Saisonende meine Probleme mit dem Knie und der Patellasehne an. Ich habe dem Verein dann ganz ehrlich gesagt, dass ich nicht sicher sagen kann, wie sich meine Verletzung entwickelt und wie viel ich in der nächsten Saison leisten kann. Weil Blackburn gleichzeitig viele Angebote für mich vorlagen, sind wir in eine Situation gekommen, in der man überlegen musste, was das Beste für beide Seiten ist. Gemeinsam haben wir uns dann entschieden, dass ich zu City wechsle. Der Verein hat so gutes Geld für mich bekommen und ich konnte mich in Manchester auf meine Genesung konzentrieren. Für die Fans war das natürlich schwer zu verstehen, weil sie von den ganzen Prozessen, die im Hintergrund liefen, nichts wussten.

SPOX: Für Sie persönlich erwies sich der Wechsel nicht als Glücksgriff, Manchester verfiel in einem regelrechten Kaufrausch, dem auch Sie zum Opfer fielen. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Santa Cruz: Uns war ja klar, dass der Scheich, der den Verein gekauft hatte, große Ambitionen hatte. Man wollte nicht mehr um Platz acht bis zehn mitspielen, sondern unter die ersten Vier. Für mich war es in der ersten Saison schon sehr schwer, mich nach der Verletzung zurück zu kämpfen. Im zweiten Jahr wurde dann aber nochmal extremer eingekauft und plötzlich standen neben mir auch Stürmer wie Sergio Agüero, Emanuel Adebayor, Carlos Teves, Craig Bellamy und Mario Balotelli im Kader. Teilweise hatte Manchester acht Topstürmer und über 35 Profis. Weil man aber nur 25 für die Spiele melden konnte, blieb einem oft nur die Tribüne.

SPOX: Zogen Sie deshalb weiter in die Primera Division?

Santa Cruz: Es war nicht leicht, so wenige Einsätze zu bekommen, ja. Andererseits war es für mich persönlich aber auch wichtig, um meine Verletzung wirklich auskurieren zu können. In einem anderen Verein hätte ich sicher viel früher wieder auf dem Platz gestanden. So habe ich aber kaum Drück gespürt und konnte mich ruhigen Gewissens auf mich konzentrieren. Irgendwann kommt dann aber der Punkt, an dem du dich entscheiden musst, ob du unbedingt spielen willst, oder ob du auch glücklich bist, wenn du auf der Bank sitzt. Ich wollte immer spielen, deswegen bin ich nach Malaga gegangen.

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