"Das war Real Madrid unwürdig"

Das Clasico-Hinspiel in Madrid gewann der FC Barcelona mit 4:0
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SPOX: Welche Rolle spielen die Trainerwechsel in diesem Zusammenhang?

Illgner: Mit jedem Trainerwechsel verändern die Spieler ihre Wertigkeit. Jeder Trainer hat andere Ideen und manche Spieler leiden darunter oder profitieren davon. Unter Ancelotti war die Stimmung gut, die Homogenität war gegeben, unter ihm wäre sicher etwas mehr drin gewesen. Madrid fehlt es im sportlichen Managementbereich an Kontinuität. In der sportlichen Planung, für die in großen Teilen der Präsident Florentino Perez zuständig ist, liegt Vieles im Argen. Es werden tolle Einzelspieler verpflichtet, aber es wird wenig auf das Gleichgewicht in der Mannschaft geachtet. Es werden nicht die Spieler für die Positionen verpflichtet, die die Mannschaft braucht, sondern es werden die Spieler verpflichtet, die aus Marketingsicht für neue Märkte interessant sind.

SPOX: Ist James Rodriguez so ein Beispiel, der nach der WM für sehr viel Geld geholt wurde und der in Südamerika eine große Nummer ist?

Illgner: Zum Beispiel, obwohl James im ersten Jahr sehr, sehr gute Leistungen gezeigt hat. Aber es ist eine Position, die nicht unbedingt hätte besetzt werden müssen. James, Isco, Toni Kroos und Luka Modric sind für mich alle ähnliche Spielertypen, die offensiv als Bindeglied zwischen Mittelfeld und Angriff agieren können. Da nicht für alle Platz ist, werden Spieler auf defensivere Positionen umgepolt. Dass das nicht immer funktioniert, sollte jedem klar sein. Kroos hat seine Stärken nicht auf der Xabi-Alonso-Position, sondern etwas weiter vorne, auch wenn er eine gute erste Saison gespielt hat. Auch Modric hat sich angepasst, wobei er den Vorteil hatte, Xabi Alonso an seiner Seite zu haben. Es ist ganz einfach nicht die optimale Lösung, sich die besten Offensivspieler zu holen und sie dann in der Defensive einzusetzen.

SPOX: Hat Perez nichts aus seiner ersten Amtszeit gelernt, als er mit Claude Makelele Zidanes Wasserträger verkaufte und das Spiel damit aus den Fugen geriet?

Illgner: Der defensive Mittelfeldspieler hat in den letzten Jahren zu wenig Wertschätzung erhalten. Makele oder auch Fernando Redondo und Sanchis, die zu meiner Zeit aktiv waren, werden immer wieder als Beispiele angeführt für Spieler, die in erfolgreichen Mannschaften das Mittelfeld kontrollierten. Im Moment wird diese Position von Offensivspielern ausgefüllt, das funktioniert nur punktuell.

SPOX: Das Gesicht Madrids ist immer noch Ronaldo. Mit 31 Jahren ist er nicht mehr der Jüngste. Muss sich Real schön langsam um einen Nachfolger kümmern?

Illgner: 31 ist sicher ein fortgeschrittenes Alter für einen Spieler, der vor allem von seiner Explosivität lebt. Es liegt auf der Hand, dass Madrid ein Nachfolger für Ronaldo suchen muss. Wenn man Messi und Ronaldo vergleicht, hat man beim Argentinier aufgrund seines Alters und seiner Spielweise das Gefühl, dass noch viel mehr Jahre Spitzenfußball in ihm stecken als bei Ronaldo.

SPOX: Im Tor hätte David de Gea vor der Saison Iker Casillas beerben sollen. Wie haben Sie die Transferpanne erlebt?

Illgner: Das war Madrid und Manchester United unwürdig. Ich bin damals auch auf die letzte Minute verpflichtet worden, und wenn es klappt, spricht keiner darüber. Aber diese Panne zeigt natürlich auch die fehlende Linie in der sportlichen Leitung, um solche Entscheidungen rechtzeitig einzuleiten und den Transfer dann durchzuführen.

SPOX: Die neue Nummer eins Keylor Navas spielt eine gute Saison. Ist er der Torhüter der Zukunft, oder sollte Madrid es im Sommer wieder bei De Gea probieren?

Illgner: Durch die Vertragsverlängerung bei Manchester United hat sich die Situation De Geas komplett geändert, Madrids Verhandlungssituation ist eine ganz andere. De Gea ist sicher der kommende Nationaltorwart Spaniens, daher ist es verständlich, dass sich Madrid an einem zukünftigen Idol Spaniens orientiert. Aber mit seiner Verpflichtung würde sich Real neue Probleme ins Haus holen, weil man den sehr, sehr starken Navas mit einem sehr, sehr starken De Gea ergänzen würde und dann die Diskussion führen müsste: Wer ist die Nummer eins und wer spielt welchen Wettbewerb? Das ist grundsätzlich nicht ideal. Das funktioniert bei manchen Vereinen, wie eben in Barcelona, aber wer weiß wie lange noch.

SPOX: Marc-Andre ter Stegen hat schon angekündigt, dass im Sommer Gesprächsbedarf herrscht. Er will mehr spielen als nur die Pokalwettbewerbe.

Illgner: Auf Dauer ist die Situation nicht ideal für ihn. Sein Ziel ist es, sich in der Nationalmannschaft zu positionieren. Und Nationaltorhüter sind in der Regel bei ihren Vereinen als erste Torhüter unumstritten. Davon ist er im Moment aufgrund seines starken Konkurrenten Claudio Bravo ein ganzes Stück entfernt.

SPOX: Fehlt noch ein Tipp für das Spiel am Samstag, wie geht's aus?

Illgner: Der Tipp kommt mehr vom Herzen. Ich hoffe, dass Real Madrid mehr Hunger hat in diesem Clasico, weil es nach dem Hinspiel einiges gutmachen muss und hoffe auf ein positives Ergebnis für Real.

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