SPOX: Besonders motiviert wäre mit Sicherheit auch Toni Kroos vor dem Clasico am Samstag gewesen. Allerdings verpasst er ihn verletzungsbedingt. Wie enttäuscht ist man als Profi, bei so einer besonderen Partie nicht mitwirken zu können?
Metzelder: Wenn man in Spielen mit dieser Bedeutung auf dem Platz steht und gewinnt, ist man Teil der Sportgeschichte. Das ist die größtmögliche Bühne als Fußballer. Als Sportler möchte man sich im Wettkampf mit den Besten messen. Nicht dabei sein zu können, tut weh.
SPOX: Sie haben angesprochen, dass Sie in Ihrer Zeit bei Real kein Stammspieler waren. Ist es für einen deutschen Spieler bei so einem Weltverein besonders schwierig, sich ein Standing zu erarbeiten, weil der Klub im Zweifel doch eher auf Local Heroes setzt?
Metzelder: Es ist insofern schwierig, sich zu durchzusetzen, weil man sich mit den Besten der Welt misst und auf seiner Position eine maximale Konkurrenzsituation hat. Ich kam nicht mit dem Rückenwind einer gigantischen Ablösesumme, mein Wechsel lief stattdessen eher unter dem Radar. Das ist in so einem Verein ungünstig. Ich habe gespürt, dass ich in engen Entscheidungen derjenige war, der zurückstecken musste. Aber das Schöne am Sport ist, dass jeder selbst für seine Leistung verantwortlich ist. Für jeden geht es darum, sich unverzichtbar zu machen. Deshalb will ich mich auch nicht über äußere Umstände beschweren, sondern es hat sportlich einfach nicht ganz gereicht.
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SPOX: Auch Toni Kroos kam nicht unbedingt mit dem Rückenwind einer gigantischen Ablösesumme nach Madrid. Er kostete "nur" 30 Millionen Euro, während Real im gleichen Transferfenster James Rodriguez für 75 Millionen Euro verpflichtet hat. Wie bewerten Sie Kroos' Entwicklung seitdem?
Metzelder: Ablösesumme ist das eine, aber er kam als Weltmeister 2014. Einen größeren Rückenwind kann man gar nicht haben. Darüber hinaus ist Toni ein fantastischer Fußballer, der perfekt zur Spielweise von Real Madrid passt. Für mich war Kroos Xabi Alonso 2.0. Genau das hat sich bestätigt. Er ist niemand für die ganz großen, spektakulären Momente, aber er ist Taktgeber und eröffnet das Spiel von Madrid sowohl mit kurzen, als auch mit langen Pässen. Er genießt großen Respekt in der Mannschaft und im Umfeld.
SPOX: Marc-Andre ter Stegen hatte beim FC Barcelona dagegen einen schwierigeren Start, da er in seinen ersten beiden Jahren lediglich der Pokal- und Champions-League-Torhüter war.
Metzelder: Letztlich war das eine ähnliche Situation, wie sie auch mir oder Timo Hildebrand widerfahren ist. Man wird am Anfang einer Transferperiode verpflichtet, schaut sich den Kader an und ordnet seine Chancen ein. Am Ende des Transferfensters kommen dann jedoch noch ein paar Spieler. Timo wurde damals von einem Sportdirektor geholt, der am Ende der Vorbereitung nicht mehr im Amt war. Bei mir wurden erst Pepe und schließlich auch noch Gabriel Heinze für meine Position verpflichtet. Das verändert die Situation. In dem Sommer, in dem ter Stegen zum FC Barcelona gewechselt ist, kam mit Claudio Bravo einer der besten Torhüter der WM 2014. Das war so nicht vorhersehbar.
SPOX: Mittlerweile ist Bravo zu Manchester City gewechselt und ter Stegen die Nummer eins.
Metzelder: Ich habe mich gewundert und gleichzeitig sehr für Marc gefreut, denn man konnte den Eindruck gewinnen, dass eher Bravo die Nase vorne hätte. Dass sich ter Stegen bei Barca durchgesetzt hat, ist bewundernswert, zumal er nicht den Bonus hat, Stammtorhüter der deutschen Nationalmannschaft zu sein.
SPOX: Zum Abschluss kommen wir zur aktuellen Tabellensituation in Spanien: Mit einem Sieg am Wochenende könnte Real bereits auf neun Punkte davonziehen. Wäre das bereits eine Vorentscheidung, oder ist es dafür noch zu früh in der Saison?
Metzelder: Es hätte schon einen vorentscheidenden Charakter. Generell hat man aber das Gefühl, dass die Spitze mit Sevilla und Atletico etwas breiter geworden ist. Die Zeiten, in denen sich Real und Barca auf 100 Punkte hochschaukeln und in den beiden Clasicos die Meisterschaft entschieden wird, sind vorbei.
SPOX: Wer wird den Clasico gewinnen?
Metzelder: Ich bin da ja leider überhaupt nicht objektiv. Selbstverständlich gewinnt Real. (lacht)
Christoph Metzelder im Steckbrief
Seite 1: Metzelder über die Bedeutung des Clasico und den Vergleich zum Revierderby
Seite 2: Metzelder über den Konkurrenzkampf bei Real, Kroos und ter Stegen