Fiorentino Perez saß an diesem Donnerstagmittag geradezu apathisch neben Zinedine Zidane. Der Franzose verkündete seinen Rücktritt als Trainer Reals, und Perez starrte vor sich hin. "Ich hatte das nicht erwartet", brachte er schließlich hervor. "Er weiß, dass ich ihn mehr geliebt habe als jeden anderen Spieler oder Trainer. Und, dass ich ihn immer hier an meiner Seite haben wollte."
Dass die Nachricht die Journaille zumindest nicht vollkommen überraschend kam, während Perez dreinschaute, als hätte er gerade einen Geist gesehen, zeigt die bizarre Stellung, die Trainer Zinedine Zidane in Madrid hatte. Und vielleicht auch, warum der 45-Jährige den Rücktritt gewagt hat. Zumindest zum Teil.
Bizarr, weil Zidane nach den Jahren unter dem chronisch erfolglosen Jose Mourinho, dem Decima-Fluch-brechenden, aber faden Carlo Ancelotti und Rafa Benitez, über dessen kurze Amtszeit man in Madrid am liebsten den Mantel des Schweigens legt, eigentlich abgöttisch hätte verehrt werden müssen.
Zidane, der schon als Kicker eine Legende war, und 2016 eigentlich gegen seinen Willen Benitez' Nachfolge antrat. Und dann so ziemlich alles abräumte, was ihm titeltechnisch über den Weg lief. Meisterschaft, Superpokal, UEFA Supercup, Klubweltmeisterschaft und natürlich dreimal die Champions League. Neun Titel in zweieinhalb Jahren, nur der legendäre Miguel Munoz heimste in den 60ern mehr Silberware ein. In 16 Jahren als Trainer.
Diese Titel holte Zinedine Zidane mit Real Madrid
Titel | Saison |
Spanischer Superpokalsieger | 2017/18 |
Fifa-Klub-Weltmeister | 2016/17, 2017/18 |
UEFA Supercup-Sieger | 2016/17, 2017/18 |
Spanischer Meister | 2013/14 |
Champions League | 2015/16, 2016/17, 2017/18 |
Real Madrids Zidane harter Kritik ausgesetzt
Doch konnte Zizou niemals das Image des vorschnell Beförderten ablegen. Niemals wurde er seine eigenen Aussagen los, er sei eigentlich noch nicht bereit für die Aufgabe. War Real gut, gewann es Titel, war es oft die gute Mannschaft; war Real schlecht, war es Taktiklaie Zidane, der schuld war.
Medien und auch Teile der Fans waren schnell und hart in ihren Urteilen. Lächerlich schnell und übertrieben hart. Jüngst wurde der Einzug ins Finale der Champions League als ziemlich armselig dargestellt, so war man gegen Juventus und Bayern in den Runden zuvor nicht die dominierende Mannschaft. Die Kritik, die zeitweise auf Zidane einprasselte, war hanebüchen.
Jetzt geht Zidane, zum genau richtigen Zeitpunkt. Als Coach, der die wohl beste Performance in der Geschichte der Königsklasse vorzuweisen hat. Der es am Ende allen gezeigt, der sein Team in eine allesfressende Titelmaschine verwandelt hat.
104 Siege aus 149 Spielen lautet Zidanes Bilanz bei Real. Das ist alle 17 Spiele ein Titel. Zidane hat Geschichte geschrieben, in Madrid und ganz Europa, er hat allen harschen Gegenwinden zum Trotz eine Mannschaft geformt, die als eine der besten aller Zeiten im Gedächtnis bleiben wird.
Real Madrid steht ohne Zidane ein Umbruch bevor
Und nicht zuletzt zeigt Zizous Rücktritt auch die große Fähigkeit, die ihm nicht einmal seine Kritiker absprechen wollten: das Gespür für seine Mannschaft.
Denn so unbesiegbar Real in den letzten Jahren schien - auch die Tage dieser Königlichen neigen sich dem Ende entgegen: Cristiano Ronaldo könnte den Klub verlassen, Gareth Bale kokettiert mit einem Wechsel, Karim Benzema steht zur Disposition. Und selbst wenn sie alle blieben, das aktuelle Leistungsniveau wird die Mannschaft nicht auf Dauer konservieren können. Dass Ronaldo im Halbfinale und Finale nicht traf, war vermutlich ein Fingerzeig, dass selbst er irgendwann altert.
"Große Spieler brauchen Veränderungen", sagte Zidane auf der Pressekonferenz. Diese seien notwendig, damit der Verein und die Spieler weiter Erfolge feiern können - auch, wenn die Mannschaft mit wenigen Ausnahmen komplett hinter dem Coach steht.
In einem "komischen Moment", wie Zidane selbst sagt, geht er jetzt. "Aber ich glaube, es ist die richtige Entscheidung." Kann man unterschreiben.