Am 12. August dieses Jahres atmeten die Fans des FC Barcelona auf. Der Moskito, so wird Ousmane Dembele in Spanien wegen seines schlaksigen Körperbaus und spindeldürrer Beine genannt, stach endlich zu. Mit einem fulminanten Fernschuss in der Schlussphase avancierte der französische Flügelstürmer im Finale des spanischen Supercups gegen den FC Sevilla zum Matchwinner. Nicht Lionel Messi, nicht Luis Suarez, nicht Philippe Coutinho, sondern er, Ousmane Dembele.
Ein Lichtblick für die Barca-Gemeinde, schließlich hatte der 21-Jährige in seiner ersten Spielzeit nach seinem 115 Millionen Euro schweren Wechsel von Borussia Dortmund zu den Katalanen enttäuscht. "Dembele ist angekommen", frohlockte die Barca-nahe Zeitung Sport, während Mundo Deportivo den frischgebackenen Weltmeister kurzerhand zum "besten Transfer des Sommers" ernannte.
Getragen von einer Welle der Euphorie, ließ Dembele seiner "Supergranate" (Marca) im Supercup weitere beeindruckende Leistungen folgen. Beim 1:0 gegen Real Valladolid und 2:1 gegen Real Sociedad erzielte er jeweils den Siegtreffer. Barcas Trainer Ernesto Valverde kam nicht umhin, den Durchstarter zum Stammspieler zu machen. "Alles braucht seine Zeit. Wir setzen große Hoffnung in ihn. Und man sieht: Er wird immer wichtiger für uns", sagte Valverde nach der 4:0-Gala der Katalanen in der Champions League gegen PSV Eindhoven am 19. September.
FC Barcelona denkt über Verkauf von Ousmane Dembele nach
Nur knapp sechs Wochen später sieht die Welt des Ousmane Dembele wieder ganz anders aus. Wie in seiner Debüt-Saison muss er sich vornehmlich mit einem Platz auf der Bank begnügen. Auch im jüngsten Clasico gegen Real Madrid. Valverde zog es vor, Rafinha, den Bruder von Bayern-Star Thiago, als Ersatz für den verletzten Messi an der Seite von Coutinho und Suarez aufzustellen. Ein Schlag ins Gesicht für Dembele, der schon vier Tage zuvor in der Champions League gegen Inter Mailand 90 Minuten als Zuschauer verbracht hatte.
Gegen die Königlichen wurde er schließlich in der 74. Minute eingewechselt. Seine Reaktion fiel zumindest positiv aus. Er zeigte sich, lieferte beim 5:1-Schützenfest im Camp Nou noch eine Torvorlage. So wirklich glücklich ist man in Barcelona mit dem früheren BVB-Star aber trotzdem nicht. Im Gegenteil.
Nach Informationen von SPOX und Goal erwägt der Klub sogar, ihn bei einem passenden Angebot im Winter abzugeben. Ein Gedankenspiel, das weniger mit seinen fußballerischen Fähigkeiten zu tun hat. Kylian Mbappe, sein Nationalmannschaftskollege und guter Kumpel, sagte im Juni, es gebe in Dembeles Altersklasse keinen besseren Fußballer. Und auch Valverde betont immer wieder: "Wir wissen alle um sein Talent."
Die Leistungsdaten von Ousmane Dembele in der Primera Division
Kategorie | 2017/18 | 2018/19 (Stand: 01.11.2018) |
Einsatzminuten | 930 | 602 |
Tore | 3 | 3 |
Vorlagen | 6 | 1 |
Kreierte Großchancen | 6 | 3 |
Gewonnene Zweikämpfe | 42,3 % | 43,6 % |
Passquote in des Gegners Hälfte | 79,6 % | 81,3 % |
Erfolgreiche Dribblings | 51,3 % | 51,7 % |
Ousmane Dembele beim FC Barcelona: Ein Beispiel für fehlende Disziplin
Dembeles großes Problem ist sein Mangel an Disziplin und Professionalität. Das war auch schon in Dortmund so. Laut dem katalanischen Radiosender RAC1 erschien der Streikexperte vor der Partie gegen Inter mehrere Minuten zu spät zum vereinbarten Treffpunkt. Nicht die erste Verfehlung dieser Art.
Dembele hatte bereits während einer Verletzungspause in der vergangenen Saison mit übermäßigem Konsum von Fast Food und einem nicht abgesprochenen Partyausflug nach Marrakesch (Marokko) für negative Schlagzeilen gesorgt. Seine lästigen Starallüren konnten ihm bislang weder Valverde noch seine Mitspieler austreiben. Einzig und allein seine guten Darbietungen auf dem Rasen brachten ihm in den ersten Partien der Saison mehr Spielzeit ein. Auf seinen vielversprechenden Start folgten allerdings wieder zu große Leistungsschwankungen.
Das beste Beispiel dafür lieferte Dembele am Mittwochabend im spanischen Pokal. Er leitete zwar den späten 1:0-Siegtreffer von Clement Lenglet gegen Drittligist Cultural Leonesa ein, produzierte jedoch die meisten Ballverluste (17) aller Feldspieler. Dembele sei "ein Geist" gewesen, schrieb Marca daraufhin, und habe Valverde ebenso wie das brasilianische Sorgenkind Malcom kein überzeugendes Bewerbungsschreiben für eine Protagonistenrolle in den kommenden Spielen abgegeben. "Das Beunruhigende", ergänzte die Madrider Zeitung aber, sei Dembeles lasche Einstellung gewesen: "Er schien sich überhaupt nicht verpflichtet zu fühlen, etwas zu zeigen."
Didier Deschamps: "Ihm sind die Anforderungen nicht bewusst"
Ein Verhaltensmuster, das nicht nur im Lager von Barca für Kopfschütteln sorgt. Schon während der WM im Sommer verlor Dembele in der Equipe Tricolore seinen Stammplatz, weil er sich zu schade war, konsequent mit nach hinten zu arbeiten. "Ich denke, ihm sind die Anforderungen auf diesem Niveau nicht bewusst", kritisierte ihn Nationaltrainer Didier Deschamps damals. Der beidfüßige Angreifer habe gerade in dieser Hinsicht "noch sehr viel Raum für Verbesserung."
Ähnliche Vorwürfe hatte ihm einst auch Thomas Tuchel beim BVB gemacht. Tuchel bekam ihn nach mehreren Einzelgesprächen aber gut in den Griff. Nicht zuletzt deshalb wird Paris Saint-Germain neben dem FC Liverpool als potentieller Abnehmer für Dembele gehandelt. Die Franzosen dürften allerdings Probleme mit dem Financial Fair Play bekommen, wenn sie Barca im Januar eine lukrative Offerte für Dembele (Vertrag bis 2022) unterbreiten. Sticht der Moskito in den kommenden Monaten aber weiterhin nur sich selbst, dürfte er auch im Sommer zu haben sein.