Carles Perez legt raus auf Antoine Griezmann, dieser leitet direkt weiter in die Mitte zu Arturo Vidal, der mit einem Balanceakt den Ball im Winkel unterbringt. 5:1 für Barca. Das Camp Nou applaudiert verhalten, denn gegen Real Betis ist damit in der 78. Minute längst der Deckel drauf.
Doch Sekunden nach Vidals Treffer entbrandet dann doch euphorischer Jubel auf den Rängen. Es knistert, die Blicke richten sich zur Seitenlinie, denn dort steht die Nummer 31 zur Einwechslung bereit. Ansu Fati kommt unter dem lauten Jubel der Anhänger aufs Feld und verpasst dem Spiel damit eine historische Note.
Im Alter von 16 Jahren und 298 Tagen wird Fati zum zweitjüngsten je in der spanischen Meisterschaft eingesetzten Spieler in der Geschichte der Katalanen - seit Vicenc Martinez im Jahr 1941. Nicht einmal Lionel Messi kann da mithalten.
Und Fati zeigte sofort, was er trotz seines jungen Alters bereits auf dem Kasten hat. Er forderte die Bälle und seine Mitspieler suchten ihn regelmäßig auf der rechten Seite. Zusammen mit den Zuschauern entstand eine Atmosphäre im Camp Nou, die nur ein Ziel hatte: Fati ein Tor aufzulegen.
Barca brauchte Erlaubnis von Ansu Fatis Eltern
In der 86. Minute war es dann tatsächlich fast so weit. Fati bekam auf dem rechten Flügel den Ball, hatte Platz und dribbelte seinen Gegenspieler an. Kurzer Haken auf den rechten Fuß, Abschluss auf den langen Pfosten - doch es fehlten wenige Zentimeter.
Es wäre die Krönung eines überragenden Abends für den 16-Jährigen gewesen, doch auch ohne eigenen Treffer war er nach dem Spiel natürlich überglücklich: "Die Wahrheit ist, dass ich sehr nervös war", sagte der Debütant. "Ich verspüre große Dankbarkeit dem Klub gegenüber sowie dem Trainer und den Fans, die mich großartig empfangen haben."
Papa Fati, der Ansu im Vorfeld aufgrund seines Alters grünes Licht für eine Teilnahme am Abendspiel geben musste, wurde nach der Partie noch emotionaler.
"Jetzt kann ich beruhigt sterben", wird Bori Fati vom Radiosender COPE zitiert. "Denn Ansu hat sein Debüt bei Barca gefeiert. Es ist der glücklichste Tag meines Lebens. Als Ansu mir erzählte, dass er von Ernesto Valverde nominiert worden war, mussten meine Frau und ich weinen."
Familie Fatis heimlicher Held, Trainer Valverde, der die Erfüllung dieses Traums erst möglich machte, fand nach dem Spiel nur lobende Worte. Man habe gesehen, dass Fati "Dinge kann, die uns in unserer Situation helfen können", so der 55-Jährige. "Er hat Selbstvertrauen, ist schnell und ein vielversprechendes Talent."
Messi, Suarez, Dembele: Fati profitiert von Verletzungen
Mit der aktuellen Situation meinte der Barca-Coach die Verletzungssorgen in der Offensive. Gegen Real Betis fehlten den Katalanen nämlich neben Superstar Messi auch dessen Sturmkollegen Luis Suarez und Ousmane Dembele.
Nur so kam Fati, der in der offensiven Dreierreihe alle Positionen bekleiden kann - bevorzugt aber über die linke Seite kommt -, zu seinem unverhofften Debüt. Dennoch kann man behaupten, dass der beste Torschütze von Barcas U19 aus der Vorsaison seine Chance genutzt hat.
Das sah offenbar auch der fünfmalige Weltfußballer Messi so und beglückwünschte Fati nach dem Spiel höchstpersönlich. Auf Instagram postete der Argentinier ein Foto mit dem Top-Talent im Arm und schrieb dazu: "Großes Spiel von allen! Wir haben die ersten drei Punkte in LaLiga eingefahren und ich bin sehr glücklich, dass unsere Jungs aus La Masia ihren Traum vom ersten Spiel im Camp Nou verwirklicht haben." Auch der 21-jährige Perez feierte sein Heimspiel-Debüt.
Wie groß die Hoffnungen der Katalanen in Fati sind, zeigte erst jüngst seine Vertragsverlängerung im Juli. Dabei wurde der Offensivspieler bis 2022 an den Klub gebunden, darüber hinaus gibt es eine Option auf zwei weitere Jahre. Das Bemerkenswerteste im neuen Arbeitspapier ist jedoch die integrierte Ausstiegsklausel.
Ansu Fati im Steckbrief
geboren | 31. Oktober 2002 in Bissau (Guinea-Bissau) |
Größe | 1,78 m |
Gewicht | 75 kg |
Position | Linksaußen |
starker Fuß | rechts |
Stationen | FC Sevilla Jugend, FC Barcelona Jugend |
LaLiga-Spiele/-Tore | 1/0 |
Mit 16 Jahren: Fati hat Ausstiegsklausel über 100 Millionen Euro
Um zu verhindern, dass nach Xavi Simons ein weiteres Top-Talent aus der eigenen Akademie den Klub aus heiterem Himmel verlässt, wurde diese auf 100 Millionen Euro festgelegt - zur Erinnerung: für einen 16-Jährigen!
Bereits als Zehnjähriger schloss sich der in Guinea-Bissau geborene Rechtsfuß der bekannten Jugendakademie Barcas an, doch auch Real Madrid zeigte damals Interesse, wie sein Vater zuletzt verriet. Aufgrund der besseren Perspektive entschied man sich dann trotz eines finanziell schlechteren Angebots für die Blaugrana.
Nun hat er seine ersten klitzekleinen Fußspuren bei den Profis hinterlassen. Wie es nach der Rückkehr der oben genannten Offensivstars mit ihm weitergeht, ist offen. Doch es ist davon auszugehen, dass er den Großteil der Saison in der U19 oder Barcas Reserve verbringen wird.
Das Verhalten auf den Rängen gegen Real Betis lässt jedoch durchaus tief ins Seelenleben der Anhänger blicken. Seit Jahren stockt die Produktion von Weltstars aus der eigenen Jugend, vielmehr wurden in der jüngeren Vergangenheit hochkarätige Transfers für großes Geld getätigt.
Fati hat theoretisch das Potenzial, diese Durststrecke zu durchbrechen und in den kommenden Jahren zu einer echten Identifikationsfigur zu werden. So wie es ein gewisser Lionel Messi seit Jahren für Jung und Alt im altehrwürdigen Camp Nou ist.