Mit der Verpflichtung von Jude Bellingham hat sich bei Real Madrid einiges getan. Das Mittelfeld der Los Blancos hat nicht weniger als das Prädikat Weltklasse verdient. Es ist eigentlich schon zu gut. Trainer Carlo Ancelotti verfügt plötzlich über eine wahre Fundgrube: sieben potenzielle Weltklasse-Mittelfeldspieler, die er auf vier Positionen verteilen muss.
Da liegt es nahe, dass der Trainer eine Umstellung der Formation vorschlägt. Ancelotti hat zugegeben, dass er Neuzugang Bellingham als Zehner aufstellen könnte, was es ihm ermöglichen würde, drei weitere seiner Weltklassespieler in die Mannschaft einzubauen. Für Bellingham ist das ein Traumszenario, denn er kann rennen, kreativ sein und schießen ohne Ende - und das alles mit Spielern im Rücken, die dafür sorgen, dass er sich frei bewegen kann. Das klappte auch beim Test gegen Manchester United eindrucksvoll, als Bellingham nach wenigen Minuten seinen ersten Treffer für Real erzielte.
Doch das macht die Sache für den Trainer nicht einfacher. Er hat immer noch Luka Modric, Toni Kroos, Eduardo Camavinga, Federico Valverde, Aurelien Tchouameni und Dani Ceballos, für die er nur drei Plätze in der Startformation zur Verfügung hat.
Ancelotti hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er nichts gegen Rotation hat. Kroos und Modric sind beide in die Jahre gekommen und spielen vermutlich ihre letzte Saison im Verein. Aber wenn sie fit sind, sollten sie in der Mannschaft stehen. Das würde bedeuten, dass von Camavinga, Tchouameni und Valverde zwei auf der Bank sitzen müssten - eine fast unmögliche Aufgabe. Und was ist mit Ceballos, dem vergessenen Mann, der zum nützlichen Spieler wurde? Auch er kann nicht einfach ausrangiert werden. Die Verpflichtung des "türkischen Messi" Arda Guler macht die Sache nur noch komplizierter.
Wie also soll das alles funktionieren? Wie kann Ancelotti sieben Spieler auf vier Positionen unterbringen? Und wer kann wo spielen? SPOX hat einen Blick darauf geworfen.
Jude Bellingham
Ancelotti hat möglicherweise sein ganzes System über den Haufen geworfen, um einem Spieler entgegenzukommen. Das scheint ziemlich untypisch zu sein, vor allem, wenn man bedenkt, dass der Italiener sich auf Vibes und flüssiges Positionsspiel verlässt. Aber es macht durchaus Sinn, das Mittelfeld um Bellingham herumzubauen. Modric, Kroos und vermutlich auch Camavinga haben die Beine und die Intelligenz, um hinter ihm etwas zu bewirken.
Wenn man Bellingham den Ball in den vorderen Bereichen gibt, mit schnellen Spielern vor ihm und Unterstützung auf beiden Flügeln, könnte das Ergebnis tödlich sein. Das hat er für England bei der Weltmeisterschaft bewiesen, als er während der gesamten Gruppenphase das Spiel diktierte und der beste Spieler der Three Lions war.
Natürlich ist er auch vielseitig genug, um auf anderen Positionen eingesetzt zu werden. Wenn die Königlichen Rodrygo in eine offensivere Rolle versetzen möchten - womit sie letztes Jahr geliebäugelt haben - könnte Bellingham weiter hinten spielen. Aber wenn Ancelotti tatsächlich das Bellingham-Experiment eingehen will, gibt es eigentlich nur die eine Rolle für ihn.
Eduardo Camavinga
Ancelotti hat immer noch nicht ganz herausgefunden, was Camavingas beste Position ist. Er spielt am liebsten überall, nur nicht als Linksverteidiger. Ironischerweise und zu seinem Leidwesen ist er ein ziemlich guter Linksverteidiger. Das ist auch die Position, auf der Ancelotti den Spieler in den vergangenen sechs Monaten immer wieder eingesetzt hatte und ihn David Alaba und Ferland Mendy vorzog.
Doch mit Fran Garcia hat Real Verstärkung auf der Position des Linksverteidigers bekommen. Der ehemalige Spieler der Madrider Akademie, der über eine Rückkaufklausel von Real Valladolid geholt wurde, wird um einen Platz in der Startelf kämpfen. Camavinga könnte also endlich seinen Wunschplatz im Mittelfeld bekommen.
In seiner Jugendzeit in Rennes war er zwar nominell die Nummer 6, aber er hatte die Beine um überall hin zu flitzen und zu laufen. In Madrid hat Camavinga im Mittelfeld schon so ziemlich alles gespielt. Er wird wohl mit seinem Landsmann Tchouameni um die Rolle als Sechser kämpfen. Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Aurelién Tchouaméni
Madrids teuerste Neuverpflichtung des letzten Sommers sah vor der Weltmeisterschaft wie eine gute Ergänzung aus. Tchouaméni musste sich erst noch eingewöhnen, sah aber wie die ideale Nummer 6 für Ancelottis Mannschaft aus. Er offenbarte zwar einige Schwächen - seine Ballverteilung war nicht unbedingt so weiträumig wie die seines Vorgängers auf dieser Position - , doch die Grundlagen waren vorhanden.
Dann lief alles ein wenig schief. Tchouaméni musste einige Rückschläge einstecken, bevor er den Zorn seines Trainers auf sich zog, indem er ein Pokalspiel verletzungsbedingt ausließ, um bei einem Basketballspiel in Paris dabei zu sein. Es folgte eine Phase der Inkonstanz. Am Saisonende hatte er seinen Platz in der Startelf verloren.
Schon bald wurde ein Transfer ins Gespräch gebracht. Tchouaméni betonte jedoch, dass er den Verein nicht verlassen wird und um seinen Platz kämpfen will. Wenn er auch nur annähernd so gut ist wie in der vergangenen Saison, dann wird er jede Woche in der Startelf stehen.
Toni Kroos
Wie geht man mit Kroos' steigendem Alter um? Ancelotti hat zugegeben, dass sowohl Kroos als auch Modric in den kommenden Monaten weniger Einsatzminuten erhalten werden und dass die Saison 2023/24 ihre letzte im Verein sein könnte.
Was genau das von Woche zu Woche bedeutet bleibt abzuwarten. Kroos hat genug getan, um zu beweisen, dass er so gut wie jede Woche in der Startelf stehen sollte. Obwohl seine Schwächen in der Defensive immer offensichtlicher werden, ist sein Passspiel von unschätzbarem Wert für die Mannschaft, die sich am Ball viel wohler fühlt, wenn der Deutsche spielt.
Kroos' Vielseitigkeit wird ihm sicherlich auch zugute kommen. Er kann auf der Sechs oder als linker Achter spielen. Wenn er nicht regelmäßig auf einer Position eingesetzt wird, kann man davon ausgehen, dass Kroos der ideale Rotationsspieler, dem Ancelotti in den großen Spielen vertrauen wird, ist.
Luka Modric
Am Ende der vergangenen Saison wurde Modric im Grunde von Spiel zu Spiel gefragt, ob er bereit sei zu spielen. Wenn ja, würde der Kroate beginnen. Fühlte er sich unsicher, war ein Einsatz immer noch möglich. So kann es auch in diesem Jahr laufen.
Modric ist schon weit über 30 und schien am Saisonende etwas an Kraft zu verlieren. Er wird zweifellos mit neuem Schwung in die Saison gehen. Es ist aber unrealistisch von ihm zu verlangen, dass er in seinem Alter 30 Spiele bestreitet.
Die Chancen stehen gut, dass er die gleiche Rolle wie im vergangenen Jahr spielen wird. Modric wird bei den großen Spielen - Derbys, Champions-League, Pokalendspiele - wahrscheinlich in der Startelf stehen. Gegen schwächere Gegner braucht man ihn nicht wirklich. Wie Kroos hat auch er die Vielseitigkeit auf seiner Seite. Modric kann sowohl als Achter als auch auf der Zehn spielen, wenn Bellingham woanders eingesetzt wird.
Federico Valverde
Trotz einer Reihe von enttäuschenden Leistungen und Problemen abseits des Platzes hielt Ancelotti im vergangenen Jahr an Valverde fest. Es schien eine merkwürdige Entscheidung zu sein, zumal es bedeutete, dass der immer besser werdende Camavinga nicht mehr in seiner natürlichen Rolle im zentralen Mittelfeld spielen konnte.
Dennoch gibt es eine Menge, was man an Valverde mögen kann. Er hat alle Eigenschaften eines modernen Box-to-Box-Mittelfeldspielers. Die oft geäußerten Vergleiche mit Steven Gerrard sind vielleicht etwas zu hoch gegriffen, aber Valverde kann an einem guten Tag trotzdem ein Weltklassespieler sein.
Wo genau er in jetzige Mannschaft passt, ist allerdings nicht klar. Ancelotti hat ihn oft als Außenverteidiger eingesetzt, als eine Art modifizierter Rechtsaußen, der sich bei Ballbesitz von Madrid einschalten soll. Das hat manchmal funktioniert, aber es bedeutete oft, dass man auf den vielversprechenden Rodrygo verzichten musste - ein Opfer, das immer schwer zu bringen ist.
Seine Zukunft scheint auf der rechten Seite einer Dreierkette im Mittelfeld zu liegen. Da die Konkurrenz groß ist, wird er eine starke Saison brauchen um seinen Platz zu behalten.
Dani Ceballos
Der Außenseiter! Es war etwas seltsam, dass Madrid Ceballos nach der Verpflichtung von Bellingham behalten hat. Der ehemalige Arsenal-Spieler scheint keinen richtigen Platz in der Mannschaft zu haben. Angesichts von sechs hochkarätigen Mittelfeldspielern vor ihm ist es schwierig zu verstehen warum er bleiben möchte.
Seine Vielseitigkeit ist jedoch ein Pluspunkt. Ceballos kann so ziemlich überall im Mittelfeld spielen und zeigte Ende Januar für kurze Zeit gute Leistungen auf der linken Seite einer Dreierkette im Mittelfeld.
Vielleicht liegt genau darin sein Wert - ein wertvoller Aushilfsspieler, der immer einspringen kann wenn einer der großen Spieler eine Pause braucht. Man kann argumentieren, dass Ceballos wahrscheinlich zu gut für eine solche Rolle ist, aber Madrid wird sich darüber nicht beschweren.