SPOX: Wie darf man sich das in der Praxis vorstellen?
Nubbemeyer: Es ist meistens so, dass wir vom letzten und vom nächsten Spiel ausgehen. Wir sehen die Spiele an, nehmen Szenen heraus und entwickeln dann daraus das Training. Im Grunde zerlegen wir das Spiel in seine Bestandteile und setzen sie dann wieder zusammen. Wir spielten Anfang Mai das Halbfinale im Westfalenpokal gegen den VfL Bochum. 60 von 80 Minuten waren wir sehr gut. 20 Minuten lang wurden wir allerdings nach hinten gedrängt und bekamen den Ausgleich. Daher haben wir angesprochen, wie wir uns verhalten müssen, wenn es nicht läuft.
SPOX: Wie sieht verdeutlicht an einem Beispiel die Vorbereitung auf ein Spiel aus?
Nubbemeyer: Gegen Bayer Leverkusen haben wir bewusst versucht, so zu lenken, dass sie über den Flügel kommen müssen. Deshalb haben wir für dieses Spiel gezielt das Verhalten der Verteidiger am Flügel trainiert. Die Gegebenheiten sind so, dass wir uns meist am Gegner orientieren müssen, weil wir oft die unterlegene Mannschaft sind. Wenn wir das aber gut gemacht haben, sprechen wir es auch in der nächsten Woche nochmal an, um es positiv zu verfestigen.
SPOX: Welchen Anteil haben Videoanalysen?
Nubbemeyer: Unser Fokus liegt stark auf der Nachbereitung. Wir machen zwei Analysen zum Spiel. Meist eine für die Offensive und eine für die Defensive. Dann trainieren wir auf dem Platz. Was die Jungs im Video gesehen haben, sollen sie auch auf dem Platz mitkriegen. Und genau da baue ich Spielformen ein, um die Jungs vor Entscheidungen zu stellen.
SPOX: Wir haben nun viel über die Anpassung an den Gegner gesprochen. Wie würden Sie Ihre eigenen Spielprinzipien kennzeichnen?
Nubbemeyer: Wir spielen in dieser Saison in einem 3-4-3. Wenn wir den Ball nicht haben, wollen wir hoch attackieren und den Gegner vor Schwierigkeiten stellen. Wenn wir ihn gewinnen, soll es schnell zum Tor gehen. Alternativ können wir auch mal abwarten und setzen dann Nadelstiche. Aber es geht mit Ball schnell und zielgerichtet nach vorne, mit einem klaren Plan zum Tor. Wenn wir den Ball verlieren, versuchen wir, schon im Ballbesitz ein so gutes Netz aufgebaut zu haben, dass wir ins direkte Gegenpressing gehen können.
SPOX: Das Ziel ist also, in der Hälfte des Gegners zu spielen. Das klingt nach RB-Fußball.
Nubbemeyer: Das ist kein Zufall.
SPOX: Oft wird an der Ausrichtung im Ballbesitz Kritik geübt. Wie ist das bei Ihrer Mannschaft?
Nubbemeyer: Das ist von Spiel zu Spiel unterschiedlich. Wir versuchen grundsätzlich schon, den schnellen Weg zum Tor zu suchen und gezielt in die Räume zu spielen, in die wir wollen. Aber wir haben uns in der Rückrunde so entwickelt, dass wir den Gegner mit Kurzpassspiel locken können.
SPOX: Wie kam der Kontakt nach Leipzig zustande?
Nubbemeyer: Dort sieht man sich ja nicht nur nach Spielern um. Ein Yussuf Poulsen oder Emil Forsberg kamen auch nicht von Arsenal, sondern von kleineren Vereinen. Leipzig betreibt auch ein Trainerscouting. Auf ein Gespräch hin haben sie mich beobachten lassen. Da ging es darum, dass sie die Grundzüge ihrer Spielphilosophie auch bei meiner Mannschaft wiederfanden, genauso aber in meinem Coaching. Sie haben das sehr genau analysiert.
SPOX: Mit wem hatten Sie aus Leipzig vorrangig Kontakt?
Nubbemeyer: In Leipzig habe ich die Gespräche vorrangig mit dem Akademieleiter Frieder Schrof und dem sportlichen Leiter U16-U19 Achim Beierlorzer geführt. In diesen Gesprächen haben wir uns über die sportliche Philosophie, als auch über persönliche Werte ausgetauscht.
SPOX: Dann werden Sie auch kein Problem damit haben, sich in das bestehende Konzept einzufügen?
Nubbemeyer: Das können Sie so stehen lassen.
SPOX: Welche Art von Rückmeldungen haben Sie bekommen, nachdem ihr Wechsel bekannt wurde?
Nubbemeyer: Andere Amateurtrainer haben mir Erfolg und Glück gewünscht. Man freut man sich darüber, wenn es jemand aus diesem Kreis in ein Nachwuchsleistungszentrum schafft.
SPOX: Inwiefern haben Sie Respekt vor der Aufgabe in Leipzig und auch vor der nicht immer vorurteilfreien Beurteilung des RB-Konzepts?
Nubbemeyer: Ich bringe einen gesunden Respekt, aber auch viel Freude mit. Mit den Vorurteilen beschäftige ich mich nicht, für mich zählt Qualität und Leistung. Ich lasse mir da keine Meinung von anderen aufdrängen.
SPOX: Wo soll es langfristig für Sie hingehen?
Nubbemeyer: Ich freue mich erst einmal darauf, als Co-Trainer anzufangen, weil ich in meinem Alter noch viel lernen kann. Momentan lebe ich den Moment. Mein Ziel ist es, eine Top-Ausbildung zu erhalten und meine Stärken bestmöglich ins Trainerteam der U19 einzubringen.