Die U17 spielt um einen für den deutschen Nachwuchs historischen Titel - weil sie nicht bloß auf edle Techniker setzt. In der Heimat drückt nicht nur der frühere WM-Held Mario Götze die Daumen.
Julian Nagelsmann und Rudi Völler fiebern gemeinsam in Hamburg mit, und auch Mario Götze wird die historische Chance der U17-Nationalmannschaft auf den WM-Titel natürlich vor dem Fernseher verfolgen. "Jetzt, kurz vor dem Finale, möchte ich Euch zurufen: Ich glaube an Euch. Ihr schafft das! Belohnt Euch", schrieb der Siegtorschütze des WM-Finals 2014 in einem Brief an das Team von Trainer Christian Wück.
Am Samstag kann Deutschland bei der Junioren-Weltmeisterschaft im Finale gegen Frankreich den überhaupt erst zweiten WM-Titel im Nachwuchsbereich gewinnen. In der Heimat werden Götze und Co. die Daumen drücken, der Held von Rio hatte wenige Stunden vor Anpfiff in Surakarta noch ein paar Tipps parat.
In seinem mehr als 700 Wörter langen Schreiben appellierte Götze an die gesamte Mannschaft, an sich zu glauben und sich gegenseitig zu unterstützen. "Nutzt jede Euch gegebene Minute. Jeder Moment kann alles verändern. Vor dem Finale 2014 war ich traurig, dass ich nicht zu denjenigen gehörte, denen Jogi Löw von Beginn vertraute. Doch guckt in mein Gesicht, wie ich nach der 113. Minute gestrahlt habe", schrieb Götze in seinem Brief, den der Fernsehsender Sky veröffentlichte.
Geht es nach Trainer Wück, ergibt sich die historische Chance am Samstag auch dank rabiater Defensivarbeit. Es ist eine Weile her, dass der Verteidiger Marke "Eisenfuß" wie Georg Schwarzenbeck und Karlheinz Förster, Wolfgang Weber und Jürgen Kohler ein gefürchtetes Exemplar des deutschen Fußballs war. Wück hat die Zeiten nicht vergessen: "Ich weiß ja, wofür wir international angesehen sind, und da wollten wir wieder hinkommen."
imago imagesDietmar Hamann sieht "Laufbereitschaft, Einsatzbereitschaft und Widerstandskraft"
Vor drei Jahren hat Wück diese Mannschaft übernommen, "und es war uns von Anfang an ein großes Anliegen, nicht nur gute Fußballer auszubilden", sagt er, "sondern auch Verteidiger, die verteidigen können. Die vielleicht nicht jeden Pass perfekt spielen, aber im Zweikampf unschlagbar sind."
Die deutsche Defensive um Abwehrchef Finn Jeltsch vom 1. FC Nürnberg verhindert nicht jedes Gegentor in diesem Turnier in Indonesien, sieben waren es in sechs Spielen. Die Siege gegen individuell stärkere Mannschaften wie etwa Spanien im Viertelfinale (1:0) waren aber doch vor allem Ergebnis harter Arbeit.
Und in der fernen Heimat trifft das irgendwie einen Nerv. Ein Land, das doch sehr mit seiner Männer-Nationalmannschaft fremdelt, schaut der nächsten Generation dabei zu, wie sie die "deutschen Tugenden" wiederentdeckt. "Laufbereitschaft, Einsatzbereitschaft und Widerstandskraft" hat Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann ausgemacht, "jeder, der dieser Mannschaft zuschaut, ist gefesselt von ihr."
Bei der U17 geht es aber nicht bloß um harte Knochen in der Abwehr, das wäre wohl etwas zu einfach. Auch die Offensive überzeugt ja, "wir haben gute, individuelle Spieler vorne, die immer für ein Tor gut sind", sagte Noah Darvich, der selbst so einer ist: Der deutsche Kapitän spielt beim FC Barcelona. Zuletzt stand vor allem Paris Brunner im Mittelpunkt, der Stürmer von Borussia Dortmund war im Halbfinale gegen Argentinien (4:2 i.E.) der entscheidende Spieler.
Rabiate Verteidiger, raffinierte Angreifer, so wünscht Wück es sich. Junge Männer für Spezialaufträge sind wieder gesucht im deutschen Nachwuchs. Ein Team brauche "keine Spieler, die überall gut sind", sagt der Trainer, "sondern Spieler, die auf einer Position perfekt sind."
Sein Team wolle nun noch "diesen letzten Schritt gehen, wir wollen mit dem Pokal nach Hause kommen. Wir wissen, dass viele Deutsche hinter uns stehen."