SPOX: Ricken schrieb damit sein eigenes Märchen und stand auch aufgrund seines jungen Alters extrem im Fokus. Wer war für Sie neben ihm der Mann des Endspiels?
Klos: Martin Kree war mein leiser Held. Er hat die große Lücke gefüllt, die Julio Cesars Ausfall hinterlassen hat. Das war ein kaum zu ersetzender Weltklassespieler. Gegen diesen Traumsturm von Juventus dann eine solche Leistung wie Martin abzurufen, das nötigt mir schon großen Respekt ab.
SPOX: Anschließend machte der BVB die Nacht zum Tage und feierte in München. Wie war die Party?
Klos: Wir kamen erst spät zum Bankett und sind nach dem offiziellen Teil recht schnell ins Nachtleben verschwunden. Da ging es natürlich zur Sache, aber ich selbst bin jetzt nicht total ausgeflippt oder habe mir voll die Kante gegeben. Plötzlich stand Jens Lehmann in der Disko neben mir, das weiß ich noch. Er hatte das Spiel auf Einladung eines Fernsehsenders verfolgt. Die bessere Feier fand dann erst in Dortmund am nächsten Tag statt. Das ging den ganzen Tag - Autokorso, Empfang im Rathaus, gemeinsames Essen, einfach eine ausgelassene Feier. In München hielt sich die Freude über unseren Sieg ja auch in Grenzen. (lacht)
SPOX: Wer wurde der Partykönig in dieser Nacht?
Klos: Da fällt mir auf Anhieb niemand ein. Wir waren alle trinkfest, das war eine geschlossene Mannschaftsleistung. (lacht)
SPOX: Zur neuen Saison trat Hitzfeld von seinem Posten zurück und wurde Sportdirektor, Nevio Scala folgte als Trainer auf ihn. Wie genau veränderte dies und auch der CL-Triumph den Klub?
Klos: Alles ging allmählich zu Ende: Kalle Riedle hat in München sein letztes Spiel für uns gemacht, ich war eineinhalb Jahre später nicht mehr da, Stephane Chapuisat wechselte und Andy Möller ging auf einmal zu Schalke. Das hätte am Tag des Endspiels wohl niemand in dieser Form für möglich gehalten. Nach einem solchen Erfolg bleibt eine gewisse Leere wohl einfach nicht aus. Es ist für einen neuen Trainer auch schwer, im unmittelbaren Anschluss auf einen solch langjährigen und erfolgreichen Vorgänger zu kommen. Die nächste Saison war sportlich sehr schwierig, obwohl wir ja noch den Weltpokal geholt haben. Die Unzufriedenheit war groß. Wir konnten den Abgang von Riedle nicht ersetzen, auch Matthias Sammer fiel immer häufiger aus.
SPOX: Bekamen Sie als amtierender CL-Sieger dann eigentlich gleich hoch dotierte Angebote?
Klos: Nein. Ich hatte ja nicht einmal einen Berater und war zudem sehr zufrieden in Dortmund. Ich hatte nicht vor, den Verein zu verlassen. Mein Vertrag lief dann aber aus und es zeichnete sich leider nicht ab, dass man mit mir verlängern würde. Wenn man wie ich seit der Jugend für den Klub gespielt und kaum Spiele verpasst hat, geht man natürlich davon aus, dass der Verein auf einen zukommt und ein Angebot macht. Andere Spieler haben beispielsweise neue Verträge unterschrieben, obwohl die alten noch zwei Jahre Laufzeit hatten. Daher habe ich mir irgendwann gesagt: Wisst ihr was, dann kann ich auch woanders spielen. Kurz nach dem Weltpokalsieg habe ich mich nach Alternativen umgeschaut.
SPOX: Konnten Sie das mittlerweile aufklären, weshalb man sich damals so gegenüber Ihnen verhalten hat?
Klos: Ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu unserem Manager Michael Meier und habe zuvor ja auch selbst erfolgreich die Verhandlungen geführt. Im Nachhinein gesehen herrschte aber wohl eher die Meinung vor: Der Stoffel bleibt ja sowieso da - und wenn jemand kommt, der ihn haben möchte, dann halten wir ihn schon. Mein Vertrag lief zuvor schon zwei Mal aus und wir haben ihn beide Male verlängert. Aufgrund dieser Vorerfahrungen konnte ich gut einschätzen, was da auf einmal läuft und wie ich das zu bewerten habe.
SPOX: Sie gingen dann 1998 zu Glasgow Rangers und blieben dort fast zehn Jahre lang, bevor Sie 2007 zehn Jahre nach München Ihre Karriere beendeten.
Klos: Ich bereue diesen Wechsel auch absolut nicht. Schottland war für mich als Person und für meine Familie eine ganz tolle Erfahrung. Zwei meiner vier Kinder sind dort geboren, die beiden anderen groß geworden. Als wir von dort in die Schweiz zogen, hatten wir anfangs sogar ein bisschen Heimweh nach Schottland. Jetzt sind wir noch ab und zu drüben, mittlerweile bin ich aber wieder öfter in Dortmund.
SPOX: Sie leben nun auf dem Land am Vierwaldstättersee, waren von November 2013 an aber drei Jahre Kassenprüfer beim e.V. der Borussia. Wie kam das denn zustande?
Klos: Ich habe ja noch Kontakte zum BVB und wurde damals einfach gefragt, ob ich mich dafür nicht zur Verfügung stellen möchte. Eine solche ehrenamtliche Aufgabe, die nicht viel Zeit und keine Präsenz vor Ort erfordert, konnte ich mir schon vorstellen. Ich ließ mich bei der Mitgliederversammlung aufstellen und wurde zu einem von zwei Kassenprüfern gewählt. Im Grunde wälzt man da an einem bestimmten Tag im Jahr die Unterlagen, zählt die Tageskasse und guckt, ob das alles seine Ordnung hatte. Laut den Vereinsstatuten bekleidet man dieses Amt maximal drei Jahre und dann ist Schluss.
SPOX: Ist eine solche oder ähnliche Funktion für Sie auch in Zukunft denkbar?
Klos: Aktuell nicht. Ich habe keine Ambitionen auf einen bestimmten Job, auch nicht im Tagesgeschäft. Meine Eltern und mein Bruder wohnen noch in Dortmund, ich bin deshalb immer mal wieder dort. Wenn es zeitlich passt, gehe ich dann auch ins Stadion zur Borussia.
SPOX: Wieso haben Sie sich für diesen Abstand vom Fußball-Kosmos entschieden?
Klos: Ich war in Schottland in den letzten eineinhalb Jahren häufiger verletzt. In dieser Zeit konnte ich mich gedanklich auf meinen letzten Tag als Profi vorbereiten, dazu lief mein Vertrag aus. Wir haben überlegt, wie es für uns als Familie weitergehen könnte. Letztlich wollten wir wieder Richtung europäisches Festland und den deutschsprachigen Raum gehen. Meine Kinder waren auf einer schottischen Schule und hier in der Schweiz bestanden gute Möglichkeiten, eine internationale Schule zu besuchen. Wir waren ja unter Ottmar Hitzfeld häufig im Trainingslager am Vierwaldstättersee und das hat mir immer gut gefallen. Die Landschaft ist toll und man ist schnell in Deutschland oder im Süden.
SPOX: Es ist aber nicht so, dass Sie keinerlei Interesse mehr am Fußball an sich haben würden?
Klos: Nein, aber ein Job im Fußball war einfach nicht mein angestrebter Lebensentwurf. Da müsste man gerade beim Wohnort flexibel sein, denn wer bleibt mittlerweile in dieser Branche schon länger als drei oder vier Jahre bei einem Verein? Uns war es wichtig, mit den Kindern an einem festen Ort zu bleiben, damit sie dort in Ruhe aufwachsen und ihre Schule machen können - ganz unabhängig von irgendwelchen Fußballergebnissen.