Grün-Weiß fährt nach Istanbul!

Von Für SPOX in Hamburg: Stefan Rommel
Bremens Diego traf zum 1:1 - ist nach seiner dritten Gelben Karte aber im Finale gesperrt
© Getty

Werder Bremen steht zum zweiten Mal nach 1992 wieder im Finale eines europäischen Pokal-Wettbewerbs. Die Bremer siegten im Halbfinal-Rückspiel des UEFA-Cups beim Hamburger SV 3:2 (1:1) und ziehen dadurch trotz des 0:1 aus dem Hinspiel ins Endspiel von Istanbul (20. Mai) ein.

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Gegner wird dort Schachtjor Donezk sein. Die Ukrainer setzten sich im Duell gegen Dynamo Kiew mit 2:1 durch (Hinspiel 1:1).

Hambnurg dagegen wartet weiter auf die erste Finalteilnahme in einem eurpäischen Wettbewerb seit dem Sieg im Landesmeisterpokal 1983.

Vor 51.000 Zuschauern in der HSH Nordbank Arena in Hamburg erzielten Ivica Olic (13., 86.) für den HSV und Diego (29.), sowie Claudio Pizarro (65.) und Frank Baumann (83.) die Tore.

Im dritten Aufeinandertreffen beider Mannschaften binnen 15 Tagen war es der zweite Sieg für Bremen. Am kommenden Sonntag begegnen sich beide Mannschaften in der Bundesliga zum vierten und letzten Mal.

Zwei schwere Wermutstropfen mussten die Bremer aber auch hinnehmen: Sowohl Spielmacher Diego als auch Hugo Almeida werden wegen der jeweils dritten Gelben Karte im Finale gesperrt sein.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Hamburg im Vergleich zum Hinspiel nur mit einer personellen Änderung. Der genesene Petric rückt ins Team, Aogo sitzt dafür zunächst draußen. Jansen übernimmt dessen Part auf der linken Verteidigerposition.

Bremen mit zwei Änderungen: Baumann und Rosenberg kommen neu ins Team, dafür müssen Tziolis und Almeida weichen.

11.: Boenisch links durch. Schöne Flanke an den Fünfer, wo Pizarro den Kopfball gegen Mathijsen gewinnt, das Ding per Aufsetzer aber drüber setzt.

13., 1:0, Olic: Leichter Ballverlust von Pizarro im Mittelfeld. Mathijsen spaziert 20 Meter mit dem Ball am Fuß, bedient dann Olic, der sich schön freiläuft und der Kroate lupft den Ball über den heraus stürzenden Wiese ins Netz.

27.: Olic im Sechzehner. Schnelle Drehung um Mertesacker, Schuss mit links aus acht Metern. Wiese rettet per Fußabwehr.

29., 1:1, Diego: Der Brasilianer auf Pizarro. Diego schleicht sich in Jarolims und Alex Silvas Rücken davon und bekommt den Doppelpass. Grandioser Lupfer über Rost, drin.

37.: Diego macht mit Jarolim, was er will. Schneller Antritt, Schuss aus 23 Metern. Latte!

38.: Jansen mit vorne, zieht von halblinks im Strafraum ab. Wiese ist im kurzen Eck und hält.

41.: Diego und Alex Silva bekabbeln sich, liefern sich ein deftiges Wortgefecht. Schiri De Bleeckere versteht keinen Spaß und zeigt beiden Gelb. Bitter für Diego: Ist seine dritte, damit fehlt er im Finale!

56.: Jansen setzt sich auf links stark durch. Flacher Hereingabe, aber Pitroipa verpasst in der Mitte um Zentimeter.

65., 1:2, Pizarro: Der Peruaner darf den Ball 40 Meter vor dem Tor ungestört annehmen und an Silva und Gravgaard vorbeigehen. Schuss aus 25 Metern, noch leicht abgefälscht. Der Ball zappelt rechts unten im Netz, Rost sieht dabei gar nicht gut aus.

83., 1:3, Baumann: Gravgaard verschuldet völlig unnötig eine Ecke, weil der Ball auf einer Papierkugel verspringt. Almeida köpft den Ball aufs Tor. Rost hält. Den Abpraller schießt Trochowski Baumann aus einem Meter quasi an die Brust und von dort hoppelt der Ball ins Tor.

86., 2:3, Olic: Flanke aus dem rechten Halbfeld. Olic setzt sich am Fünfer gegen Prödl durch und versenkt den Ball per Kopfballaufsetzer im rechten Eck.

So lief das Spiel: Sehr verhaltener Beginn beider Mannschaften. In Anbetracht der beiden vorangegangenen Partien war der gegenseitige Respekt voreinander größer als die Lust auf Offensivspiel. Pizarros Chance eröffnete dann gewissermaßen das Spiel, mit Olic' Tor bekam die Partie einen neuen Anstrich.

Bremen musste seine abwartende Haltung etwas lockern, viel fiel den Gästen aber zunächst nicht ein. Hamburg hatte die Partie relativ gut im Griff und setzte selbst sporadische Konter. Der Ausgleich fiel nach einer knappen halben Stunde wie aus dem Nichts.

Jetzt nahm die Partei richtig Fahrt auf, wurde hitziger. Selbst die beiden Kumpels Diego und Alex Silva gerieten aneinander, Olic überspannte mehrmals den Bogen. Nach dem Wechsel war Bremen das eindeutig bessere Team, wollte aber so früh in der Partie noch nicht alles riskieren.

Hamburg versteckte sich immer mehr und verließ sich nur noch auf seine Konterstärke. Nach gut einer Stunde wurden die Gastgeber dafür bestraft und mussten nun ihrerseits den Hebel wieder umlegen.

Es entwickelte sich in der letzten Viertelstunde ein Spiel auf ein Tor, wobei dem HSV aber die Ideen fehlten, um die Gäste noch zu knacken. Erst nachdem alles schon verloren schien, schaltete der HSV auf bedingungslose Offensive - zu spät.

Der Star des Spiels: Ivica Olic polarisiert - aber er war der einzige Hamburger, der sich wirklich mit aller Macht gegen das Aus stemmte. Olic ackerte und rackerte wie immer - wobei er einige Male in der Zweikampfführung deutlich übers Ziel hinaus schoss. Aber hätte jeder Hamburger dieselbe Leidenschaft an den Tag gelegt, stünde der HSV nun im Finale.

Die Gurke des Spiels: Michael Gravgaard. Der Däne war an den beiden Toren nach der Pause und damit am Aus entscheidend beteiligt. Zuerst griff er Pizarro nicht energisch an und gewährte dem den Schuss zum 1:2, dann verschuldete er unglücklich den Eckball, der zum 1:3 führte.

Die Lehren des Spiels: Wie schon im DFB-Pokalspiel erstaunte HSV-Coach Jol mit einer Umstellung der ungewöhnlichen Art: Petric, zuletzt ohne jede Spielpraxis, rückte ins Team. Der in den letzten Spielen starke Aogo musste auf die Bank und Jansen übernahm wie schon vor zwei Wochen die linke Abwehrseite. Nicht die glücklichste Entscheidung, da Petric kaum Bindung zum Spiel hatte und Jansen doch erhebliche Mängel in der Rückwärtsbewegung offenbarte.

Hamburg hatte mit seinem defensiven 4-5-1 bei Bremer Ballbesitz die Partie lange Zeit im Griff, verlor aber nach dem Treffer von Diego völlig den Faden und bekam es plötzlich mit der Angst zu tun. Mit zunehmender Spieldauer wurde der HSV immer fahriger, fast hatte man das Gefühl, dass schon nach einer Stunde die Kräfte schwanden.

In den entscheidenden Zweikämpfen drehte sich plötzlich das Blatt, die Spritzigkeit war weg - die Auswirkungen der langen Saison, die den HSV in jedem Wettbewerb bis aufs Äußerste beanspruchten, forderten deutlich ihren Tribut.

Die Niederlage war auch eine Niederlage der Führungsspieler. Kein Jarolim, kein Mathijsen, kein Trochowski bäumte sich wirklich auf, Keeper Rost patzte beim Gegentor zum 1:2.

Auf der Gegenseite war die Gelb-Belastung etlicher Bremer Stützen vor allem in der ersten Halbzeit ein echtes Problem in der Zweikampfführung - gleich fünf Spieler der Startelf waren mit zwei Gelben Karten vorbelastet.

Im entscheidenden Moment zogen Frings, Diego oder Fritz lieber zurück, als mit Engagement und Risiko das Duell zu suchen. Die Folge war eine wesentlich aggressivere Hamburger Mannschaft, der Bremen in vielen Phasen nur Alibi-Zweikämpfe entgegenzusetzen hatte.

Erst im Verlauf der Partie traute sich Bremen mehr zu und brachte sein Spiel besser durch. Werder war deutlich ausgeruhter, was sich im Lauf der zweiten Halbzeit immer mehr auf den Spielverlauf auswirkte - und das, obwohl Diego nach seiner Gelben Karte in eine Art Sinnkrise verfiel.

Hamburg - Bremen: Daten und Fakten