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WM 2006: Als Graham Poll Josip Simunic drei Gelbe Karten in einem Spiel zeigte

Von Chris Lugert
Graham Poll sorgte unfreiwillig im Spiel Kroatien gegen Australien bei der WM 2006 für ein Novum im Fußball.
© getty

Graham Poll und Josip Simunic schrieben bei der WM 2006 unfreiwillig Geschichte. Ein Rückblick auf einen besonderen Fußball-Moment.

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Der Videobeweis sieht sich seit seiner Einführung im Fußball stets harscher Kritik ausgesetzt. Er wird zu oft eingesetzt, er wird zu selten eingesetzt, der Einsatz dauert zu lange. Doch allein, dass er überhaupt benutzt wird, stört viele Fans. Lebt der Fußball nicht auch von Fehlentscheidungen, machen diese nicht den Reiz des Sports aus?

Zumindest hätte es einige historische Fußballmomente mit dem Videobeweis wohl nicht gegeben, etwa das Wembley-Tor bei der WM 1966. Doch auch einige kuriose Momente hätten ihren Niederschlag in der Fußball-Historie wohl nicht gefunden. So auch jenes Gruppenspiel bei der WM 2006 in Deutschland zwischen Australien und Kroatien (2:2), bei dem Schiedsrichter Graham Poll mit drei Gelben Karten gegen denselben Spieler unfreiwillig Geschichte schrieb.

Herthaner Simunic wurde Teil der Fußball-Historie

Es lief die 90. Minute, als Poll dem damaligen Herthaner Josip Simunic auf kroatischer Seite eine Gelbe Karte gab. So weit, so unspannend. Doch was der englische Unparteiische übersah: er hatte Simunic bereits 28 Minuten vorher Gelb gezeigt. Folglich hätte der Kroate vom Platz fliegen müssen. Doch Poll konnte sich offenbar nicht daran erinnern, seine Notizen halfen wohl auch nicht unbedingt.

Der damalige FIFA-Präsident Sepp Blatter fand das alles andere als witzig. "Das kann ich nicht verstehen, und das kann ich auch nicht verzeihen. Da sind fünf Schiedsrichter bei einem Spiel, von denen vier per Funk verbunden sind. Ich kann nicht nachvollziehen, dass sich keiner eingeschaltet hat", sagte der Schweizer nach dem Spiel. Denn auch den Schiedsrichter-Assistenten war nichts aufgefallen.

Ganz anders als dem Australier Mark Viduka. Denn dieser verfolgte das Spiel offenbar genauer als der Schiedsrichter selbst. "Ich habe Poll gefragt, wie viele Karten Simunic bekommen hat. Er sagte, nur eine. Es sah so aus, als hätte er sich vertan", sagte Viduka, nahm Poll aber in Schutz: "Jeder macht Fehler. Poll ist ein Top-Schiedsrichter. Ich werde nichts gegen ihn sagen."

Ohnehin war es nicht Polls bestes Spiel als Schiedsrichter. Nach einem Foul an Viduka und einem absichtlichen Handspiel des kroatischen Verteidigers Stjepan Tomas im Strafraum verweigerte er jeweils den fälligen Strafstoß. Doch vor allem sein Fauxpas gegen Ende des Spiels blieb in Erinnerung.

Graham Poll sorgte unfreiwillig im Spiel Kroatien gegen Australien bei der WM 2006 für ein Novum im Fußball.
© getty
Graham Poll sorgte unfreiwillig im Spiel Kroatien gegen Australien bei der WM 2006 für ein Novum im Fußball.

Poll verkündete Rücktritt nach Fehler

Für Poll war es das letzte Spiel überhaupt bei einer Weltmeisterschaft. Schon unmittelbar nach diesem historischen Patzer hatte Blatter mehr oder weniger über die Zukunft des Briten zumindest bei jenem Turnier gerichtet. "Ich denke, dass die Schiedsrichter-Kommission soviel Fingerspitzengefühl hat, um eine richtige Entscheidung zu treffen", sagte er wenig verblümt.

Poll erklärte später, er habe Simunic' Verwarnung zwar vermerkt, aber wegen dessen australischen Akzents in der falschen Spalte. Somit wies er die Verwarnung irrtümlich dem Australier Craig Moore zu. Eine Woche nach dem Vorfall verkündete Poll seinen Rücktritt von internationalen Einsätzen und erklärte, er selbst habe die FIFA gebeten, ihn nach Hause zu schicken.

Besonders kurios: Polls Fehler hielt nur ein paar Sekunden an. Denn in der dritten Minute der Nachspielzeit zeigte er Simunic doch noch Gelb-Rot, nachdem sich der Kroate zu heftig beschwert und damit seine dritte Gelbe Karte gesehen hatte. Und auch sportlich hatte es keine Auswirkungen. Australien kam ins Achtelfinale, Kroatien schied aus. Doch Polls Karriere retteten diese Umstände nicht mehr.

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