Sie stehen eigentlich für die Zukunft ihres Landes - doch schon in Brasilien könnte manch ein Supertalent den Durchbruch schaffen. SPOX stellt acht unbekannte Hoffnungsträger vor. Jürgen Klinsmanns bajuvarischer Lieblingsschüler, ein VfB-Juwel und die ultimative Freistoß-Waffe.
Memphis Depay | 20 Jahre | Linksaußen |Niederlande
Louis van Gaals persönlicher Schützling! Memphis Depay debütierte unter van Gaal und wurde letztlich sogar in den finalen WM-Kader berufen. Der 20-Jährige hat eine fünf Jahre lange Ausbildung in der renommierten Jugendakademie von PSV Eindhoven hinter sich und hat sich dort mittlerweile als unverzichtbare Stammkraft etabliert. Zwölf Tore und acht Assists gingen vergangene Saison auf sein Konto. Übrigens nicht irgendwelche Tore. Depay mag es spektakulär. Der 20-Jährige verfügt über eine gewaltige Schusstechnik, die den gegnerischen Torhütern besonders eklige Flatterbälle beschert - sei es vom ruhenden Ball oder aus dem Spiel heraus.
Dazu ist der Linksaußen verdammt antrittsstark und im Tempodribbling nur schwer zu stoppen. Mit 198 Dribblings hat er die zweitmeisten in der Eredivisie auf dem Konto, 51 Prozent gewann er. Zum Vergleich: Groningens Filip Kostic, der mit 225 Dribblings die Rangliste anführt, kommt nur auf 39 Prozent. In der Oranje-Startelf ist Depay allerdings noch nicht angekommen, dennoch setzt van Gaal große Stücke auf ihn. Dementsprechend wundert es auch nicht, dass er ihn offenbar nach der WM zu seinem neuen Arbeitgeber Manchester United locken will. Die fällige Ablöse liegt angeblich bei 18 Millionen.
Luke Shaw | 18 Jahre | Linksverteidiger | England
Manchester United, Manchester City, der FC Liverpool, Real Madrid - über ein halbes Dutzend europäischer Topklubs wurde in den vergangenen Wochen und Monaten mit Englands großem Abwehrtalent nach dessen herausragender Saison beim FC Southampton in Verbindung gebracht. Der 18-Jährige, den es wohl zu United zieht, steht statt Ashley Cole im Kader der Three Lions, muss aber mit Leighton Baines um den Platz links in der Viererkette kämpfen.
"Es ist wirklich komisch, mit Ashley Cole jemanden zu ersetzen, dem ich früher nachgeeifert habe. Vor ein paar Jahren hab ich ihm noch im Fernsehen zugeschaut", erklärte der Abwehrmann nach der Kadernominierung. Shaw ist für sein Alter körperlich schon sehr weit, besticht mit Physis und Athletik (55 Prozent gewonnene Zweikämpfe in der Vorsaison) und kann es auch mit technisch starken Flügelspielern aufnehmen. Der Außenverteidiger verfügt außerdem über großen Offensivdrang und schlägt herausragende Diagonalbälle, um das Spiel zu verlagern.
Mateo Kovacic | 20 Jahre | Offensives Mittelfeld | Kroatien
Neben Alen Halilovic ist Mateo Kovacic wohl das größte und begehrteste Talent des Landes. Für zehn Millionen Euro angelte sich Inter letztes Jahr die Dienste des 20-Jährigen, der zuvor in Dinamo Zagrebs berühmter wie berüchtigter Jugendakademie ausgebildet wurde. Dabei war Kovacic einst in Österreich aufgewachsen, kehrte jedoch später wieder zurück nach Kroatien. Ein Engagement für den österreichischen Verband schloss er jedoch kategorisch aus.
In Mailand hat sich der offensive Mittelfeldspieler längst zur Stammkraft gemausert und auch unter Niko Kovac ist der 20-Jährige ein Kandidat für die Startelf, falls er auf ein 4-2-3-1 statt 4-4-2 setzen möchte. Mit Ivan Rakitic und Luka Modric im Rücken kann sich Kovacic besten Gewissens offensiv austoben und mit seiner beeindruckenden Technik, seiner Schnelligkeit und seinen cleveren Pässen in die Gasse glänzen. Sein Coach attestierte ihm "Riesenpotenzial", bei der WM in Brasilien könnte Kovacic nun erstmals auf der ganz großen Bühne für Aufmerksamkeit sorgen.
Serge Aurier | 21 Jahre | Rechtsverteidiger | Elfenbeinküste
Laut englischen Medienberichten hat Arsene Wenger ihn längst zum Nachfolger des scheidenden Bacary Sagna auserkoren. Aurier selbst gab unlängst zu Protkoll, man könne "zu Arsenal wirklich nicht Nein sagen". Auch ein Fan-Video machte die Runde, in dem der Rechtsverteidiger seinen bevorstehenden Wechsel angekündigt. Weshalb Wenger ein solcher Aurier-Fan geworden ist, hat der 21-Jährige in der vergangenen Saison beim FC Toulouse eindrucksvoll unterstrichen. 13 Scoererpunkte sammelte Aurier und beackerte die rechte Außenbahn beim Tabellenneunten konsequent.
Vor allem durch sein regelmäßiges Einschalten in gefährliche Offensivaktionen weiß er zu beeindrucken: Nur drei Spieler bei Toulouse kreierten mehr Torchancen als Aurier (32), seine Hereingaben sind pfeilgenau und gut getimed. Doch auch in der Defensive outete sich Aurier als zuverlässig: Gut zwei Drittel gewonnene Zweikämpfe sowie 60 Prozent erfolgreicher Kopfballduelle sprechen für ihn. Bei der WM soll er Didier Drogba und Co. mit Vorlagen füttern, um den Traum vom Achtelfinale wahr werden zu lassen.
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Juan Quintero | 21 Jahre | Offensives Mittelfeld | Kolumbien
Durch den Ausfall von Radamel Falcao muss die Offensivlast bei Kolumbien auf mehrere Schultern verteilt werden. Neben Stürmer Jackson Martinez dürften James Rodriguez und Juan Cuadrado offensiv gesetzt sein, doch Quintero, der erst drei A-Länderspiele vorweisen kann, hat sich in der vergangenen Saison mit acht Scorerpunkten in 22 Ligaspielen für den FC Porto ebenfalls in den Vordergrund gespielt. Auch in der WM-Vorbereitung überzeugte er und schaffte so den Sprung in den 23-er Kader.
Der 21-Jährige ist schnell, extrem trickreich und stark im Eins-gegen-Eins, wobei er allerdings noch häufiger den Pass zum Mitspieler suchen muss. Gleichzeitig kann er aber brandgefährliche Freistöße schießen, wie etwa bei der U-20-Südamerikameisterschaft im Vorjahr gegen Argentinien. "Mit Jackson Martinez habe ich im vergangenen Jahr zusammengespielt, das macht es einfacher. Aber ich komme mit allen Offensivspielern klar. Kolumbien kann etwas erreichen", meldete Quintero Anfang Juni Startelf-Ansprüche an.
Julian Green | 19 Jahre | Stürmer | USA
Tampa, Miesbach, Hausham, Bayern - Brasilien! Die Karriere von Julian Green ist ungewöhnlich und rasant. Nachdem der 19-Jährige in der vergangenen Saison bei den Bayern-Amateuren mächtig aufzockte (15 Tore, acht Assists) und sein Debüt bei den Profis gab, wurde er plötzlich auch ein ernsthaftes Thema für Jürgen Klinsmann. In seiner Jugend hatte Green für diverse deutsche Jugendnationalteams gekickt, zwischendurch auch wieder für Amerikas U 18. Nach reifer Überlegung entschied er sich schließlich für den US-Verband, der heftig um ihn geworben hatte.
Manch einer behauptet sogar, eine WM-Nominierung 2014 sei Teil der Abmachung gewesen, als Green sich zu den USA bekannte. Tatsache ist: Fußballlegende Landon Donovan bleibt zu Hause, Green hingegen fährt nach Brasilien. "Julian ist ein sehr intuitiver, instinktiver Spieler. Er denkt nicht zu viel nach. Wenn er eine Chance hat, zu schießen, dann schießt er", lobte Klinsmann seinen Lieblingsschüler. Doch ob der 19-Jährige mit dem spektakulären Umbruch - von Amateurkickern als Gegenspieler hin zu den Weltbesten - bleibt abzuwarten. Vielversprechende Anlagen hat der sprintstarke Offensivallrounder allemal.
Carlos Gruezo | 19 Jahre | Defensives Mittelfeld | Ecuador
Gruezo hat einen rasanten Aufstieg hinter sich. Der Mittelfeldmann wechselte erst im Januar aus Ecuador zum VfB Stuttgart und avancierte innerhalb kürzester Zeit zum Stammspieler. Es folgte nach neun U-20-Einsätzen das A-Länderspieldebüt im Mai sowie die Nominierung für den endgültigen WM-Kader Anfang Juni. Gruezo beeindruckte mit starkem Zweikampfverhalten, herausragendem Einsatz sowie weitestgehend sicherem Passspiel (Passquote von 81 Prozent).
Gruezos starke Entwicklung soll sogar das Interesse von Jose Mourinho geweckt haben, angeblich lässt der Coach des FC Chelsea den Mittelfeldmann während der WM von einem Scout eigens beobachten. Dieser dürfte einiges zu tun bekommen: Gruezo hat sich offenbar in Ecuadors Startelf gespielt, ihm soll in dem auf Konter ausgelegten Spiel der Ecuadorianer die wichtige Rolle des Ballgewinns im Mittelfeld zufallen, um dann schnelle Gegenstöße mit einzuleiten.
Ahmed Musa | 21 Jahre | Offensives Mittelfeld | Nigeria
Trotz seiner jungen Jahre ist Musa unumstrittener Stammspieler in der Offensive der Super Eagles (30 Länderspiele, fünf Tore). Durch seinen Wechsel zu ZSKA Moskau vor zwei Jahren hat er zudem auch internationale Erfahrung gesammelt und sich körperlich weiterentwickelt: In fünf der sechs Moskauer Champions-League-Spiele in der vergangenen Saison stand Musa in der Startelf, einmal wurde er eingewechselt.
Der beidfüßige Offensivmann verfügt über gute Übersicht sowie einen starken Antritt. Am liebsten zieht er vom linken Flügel, ähnlich wie Franck Ribery beim FC Bayern, in den Strafraum, wo er kaum vom Ball zu trennen ist. Der 21-Jährige, der sich bis kurz vor Turnierbeginn noch mit einer Oberschenkelzerrung herumplagte, zeigte sich bei seinen Presseterminen im Vorfeld zudem überaus reif und abgeklärt: "Wir müssen von Spiel zu Spiel denken. Im Moment beschäftige ich mich nur damit, wie wir den Iran schlagen können. Dann erst geht es um Argentinien."
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Die WM 2014 im Überblick