Frage: Herr Lahm, 1:0 geführt, dann 1:2 hinten und am Ende doch noch ein Unentschieden geholt. Sind Sie zufrieden?
Philipp Lahm: Nein, zufrieden bin ich nicht. Wir wollten heute so gut wie alles klar machen und das ist uns nicht gelungen.
Frage: Woran lag's?
Lahm: Wir waren nicht so aggressiv wie vor gegen Portugal und hatten Probleme in unserem Aufbauspiel, da haben wir schon besser agiert. So kriegt man gegen eine aggressive Mannschaft Probleme.
Frage: Warum hatte die Mannschaft im Aufbauspiel Probleme?
Lahm: Wir haben es taktisch nicht so gut und clever gemacht wie normal. Die Raumaufteilung hat nicht immer gestimmt und wir haben in den entscheidenden Phasen wenige Überzahlsituationen kreieren können. Das hängt aber immer auch vom Gegner ab, Ghana war sehr aggressiv und wir haben über weite Strecken kein Mittel gefunden.
Frage: Es ist aber schon von Vorteil, wenn man von der Bank noch Spieler Bastian Schweinsteiger und Miroslav Klose bringen kann?
Lahm: Wir haben von Anfang an gesagt, dass es wichtig ist, bei diesen Temperaturen Spieler von der Bank bringen zu können, die nochmal frischen Wind bringen. Das war heute definitiv der Fall.
Frage: Klose hat kurz nach seiner Einwechslung seinen 15. Treffer bei Weltmeisterschaften gemacht. Wie bewerten Sie das?
Lahm: Dass er den Rekord eingestellt hat, freut uns alle. Das ist absolut top. Wegen uns kann er schon noch ein, zwei, drei Tore machen.
Frage: Wie haben Sie die Gegentore gesehen?
Lahm: Ich hab die Entstehung des ersten Tores gerade nicht im Kopf. Auf jeden Fall kommt ein hoher Ball in die Mitte und wir stehen nicht gut gestaffelt. Das kann passieren. Man verliert einen Zweikampf und der Ball ist im Tor. Beim zweiten haben wir einen Ballverlust, der Gegner schaltet schnell um, Pass in die Tiefe, Gegentor.
Frage: In der Schlussphase war es ein wilder Ritt. Hat die Mannschaft auch mal überlegt, einen Gang zurückzuschalten und den Punkt zu sichern?
Lahm: So wie's ausgesehen hat, haben wir nicht überlegt. Die Mannschaft wollte das Spiel unbedingt gewinnen. So richtig clever war es dann im Endeffekt auch nicht, weil wir Ghana noch zwei Riesenmöglichkeiten erlaubt haben, in denen wir defensiv in Unterzahl waren. Das darf natürlich nicht sein. Obwohl wir auf der anderen Seite selbst noch Chancen hatten, das Spiel zu gewinnen. Aber so offen wollten wir das Spiel nicht gestalten.
Frage: War der offene Schlagabtausch dem Spielverlauf geschuldet?
Lahm: Klar. Wenn es hin und her geht, liegt das daran, dass man taktisch nicht gut spielt. Die Mannschaft ist dann zweigeteilt in Offensive und Defensive. Das ist definitiv nicht das, was wir haben wollen. Das war aber auch über weite Strecken nicht der Fall, sondern nur in der letzten Viertelstunde. Man hat gesehen, dass wir relativ abwartend gespielt haben.
Frage: Nach dem famosen Auftaktsieg folgte jetzt ein kleiner Dämpfer. Haben Sie schon einen Favoriten in diesem Turnier erkannt?
Lahm: Außer Frankreich war bisher keine Mannschaft dabei, die zwei souveräne Siege eingefahren hat. Für uns geht es weiter, wir haben jetzt ein Endspiel gegen die USA. Wenn wir unsere Leistung abrufen wie im ersten Spiel und phasenweise auch gegen Ghana, dann sehe ich keine Gefahr.
Frage: Im letzten Spieltag kommt es dann ausgerechnet zum Duell mit Jürgen Klinsmann.
Lahm: Das ist ein Thema für die Medien und nicht für die Spieler. Wir hatten eine super Zeit mit ihm, er hat viel Schwung in die Nationalmannschaft gebracht und wir waren erfolgreich mit ihm. Das ist jetzt aber auch schon ein paar Jahre her, wir haben uns weiterentwickelt und am Donnerstag geht es ums Achtelfinale.
Frage: Klinsmann wird seine US-Boys richtig heiß machen, oder?
Lahm: Davon gehen wir aus, aber wir sind auch heiß darauf, ins Achtelfinale einzuziehen.
