WM

Belgien vor dem Spiel gegen England: FC Premier League United

Zwölf Spieler des 23-köpfigen belgischen WM-Kaders spielten in der vergangenen Saison in der Premier League.
© getty

Bei der Partie zwischen Belgien und England (20 Uhr im LIVETICKER) geht es um den Sieg in Gruppe G. Die beteiligten Spieler kennen sich bestens, denn die belgische Nationalmannschaft hat sich zu einer Zweigstelle der englischen Premier League entwickelt.

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Endlich, ja endlich ist es tatsächlich passiert: die Premier League, die vermeintlich beste, mindestens aber teuerste und umkämpfteste Liga der Welt, stellt nun auch das Gerüst eines Weltklasse-Nationalteams. Am Donnerstag kämpft es bei der WM in Russland um den Sieg in Gruppe G, das Ziel ist aber eigentlich der Titel. Es handelt sich, klar, um Belgien. So wird vor dem Spiel gegen England munter gescherzt, aber ein bisschen ernst gemeint ist es ja schon auch.

"Belgien hat eine bessere Premier-League-Auswahl als England", sagte der ehemalige Premier-League-Spieler und jetzige TV-Experte Alan Shearer vor dem Turnier. Während die bisher absolut überzeugenden WM-Auftritte Englands doch eher überraschten, waren die Belgiens absehbar. "Sie haben viele der besten Spieler der Liga", erklärte Shearers Artgenosse Matt Holland. "Belgien ist eigentlich ein Premier-League-All-Star-Team."

In den beiden ersten Gruppenspielen (3:0 gegen Panama und 5:2 gegen Tunesien) standen jeweils sechs Premier-League-Spieler in der belgischen Startelf, weitere wurden eingewechselt. Bei ihren Klubs sind sie keine Mitläufer, sondern Schlüsselspieler. Wäre man gemein, könnte man auch sagen: Sie sind die Stars zwischen all den Engländern.

Belgiens Premier-League-All-Stars

Da wäre Thibaut Courtois, der Stammkeeper des FA-Cup-Siegers FC Chelsea. Da wären auch Toby Alderweireld und Jan Vertonghen, das Innenverteidiger-Duo des Überraschungsvereins der vergangenen Premier-League-Saisons Tottenham Hotspur. Regisseur Kevin De Bruyne, der teuerste Neuzugang in der Geschichte von Meister Manchester City und beste Vorlagengeber der vergangenen Premier-League-Saison. Da wäre noch Eden Hazard, zweimaliger Meister mit Chelsea und Spieler des Jahres der Saison 2014/15. Und Romelu Lukaku, zweitteuerster Neuzugang in der Geschichte von Manchester United und einer der treffsichersten Stürmer der vergangenen Spielzeiten.

Wegen des engen WM-Spielplans und des bereits geschafften Achtelfinal-Einzugs bekommen gegen England aber wohl einige nominelle Stammspieler eine Pause. Dann könnte im Tor beispielsweise Simon Mignolet vom FC Liverpool starten. In der Verteidigung Vincent Kompany von Manchester City. Im Mittelfeld Mousa Dembele von Tottenham oder Marouane Fellaini von Manchester United. Und im Sturm Michy Batshuayi, der zwar zuletzt leihweise für Borussia Dortmund stürmte, aber eigentlich Chelsea gehört.

Zwölf Spieler des 23-köpfigen Kaders spielten in der vergangenen Saison in der Premier League, 16 irgendwann im Laufe ihrer Karriere. Die belgische Nationalmannschaft ist der FC Premier League United.

Und dabei schaffen es Stürmer wie Christian Benteke (Crystal Palace) und Divock Origi (Liverpool) noch nicht einmal ins Aufgebot. So begehrt sind Belgier mittlerweile in England, dass mit Steven Defour sogar der FC Burnley einen hat. Wozu man wissen muss, dass der FC Burnley eigentlich nur Briten hat (und ausnahmsweise auch den einen oder anderen Skandinavier).

Die Premier-League-Spieler in Belgiens WM-Kader

aktueller Vereinin England seit
Thibaut CourtoisFC Chelsea2011 (mit Unterbrechung)
Simon MignoletFC Liverpool2010
Toby AlderweireldTottenham Hotspur2014 (mit Unterbrechung)
Jan VertonghenTottenham Hotspur2012
Vincent KompanyManchester City2008
Mousa DembeleTottenham Hotspur2010
Marouane FellainiManchester United2008
Kevin De BruyneManchester City2012 (mit Unterbrechung)
Eden HazardFC Chelsea2012
Nacer ChadliWest Bromwich Albion2013
Romelu LukakuManchester United2011
Michy BatshuayiFC Chelsea (zuletzt per Leihe beim BVB)2016 (mit Unterbrechung)

Eden Hazard: "Gut, dass wir aus einer Fußball-Kultur kommen"

Vor zehn Jahren sah das noch anders aus. Als Kompany mit seinem Wechsel vom Hamburger SV zu Manchester City die Belgier-Flut über den Ärmelkanal auslöste, spielte dort nur ein Landsmann von ihm: Emile Mpenza. In der vergangenen Saison waren es 17.

"Es ist gut für uns, dass wir aus einer Fußball-Kultur kommen", sagte Hazard neulich. Er selbst wechselte mit 21 zu Chelsea, gemeinsam mit seinem damals 19-jährigen Bruder Thorgan, der mittlerweile bei Borussia Mönchengladbach spielt. Auch viele andere aktuelle belgische Nationalspieler wechselten schon jung nach England und wurden dort fußballerisch sozialisiert: britische Bildung.

Ob der Erfolg der belgischen Nationalmannschaft denn in England geformt wurde, fragte 11Freunde neulich den Nationaltrainer Roberto Martinez in einem Interview und er antwortete: "Ja." Sein eigener ebenfalls.

Belgiens Trainerteam: Martinez, Jones und Henry

21 Jahre war der Spanier Martinez alt, als er den Verein seiner Heimatstadt CF Balaguer verließ. Er übersiedelte auf die Insel und spielte fortan in England, Schottland und Wales für Klubs, die sich Wigan Athletic, FC Motherwell, FC Walsall, Swansea City oder Chester City nennen. Und dann, als er genug vom Spielen hatte, trainierte er eben noch einige dieser Vereine. Wigan führte Martinez 2013 sogar zum FA-Cup-Sieg, ehe er nach einem dreijährigen Engagement beim FC Everton 2016 das Traineramt bei der belgischen Nationalmannschaft übernahm.

"Es ist es schon hilfreich, dass ich ein bisschen Kenntnis von der Premier League habe, die wohl die anspruchsvollste Liga der Welt ist", sagt Martinez. "Ich kann also einschätzen, was diese Spieler in den Klubs machen, und ihre Form entsprechend einordnen."

Seine Co-Trainer können das übrigens auch: Graeme Jones aus Gateshead, der mal fast 30 Tore in drei Jahren bei den Doncaster Rovers schoss und dann unter anderem gemeinsam mit Martinez bei Wigan spielte. Und Thierry Henry, der mal 174 Tore für den FC Arsenal schoss und unter anderem auch ungeschlagen Meister wurde. Bei seiner Vorstellung als Co-Trainer Belgiens vor knapp zwei Jahren sagte er: "Das Talent, das in der Mannschaft steckt, ist erschreckend."

Genau wie die Verbindungen der belgischen Nationalmannschaft zum englischen Fußball auf allen Ebenen. Ihr Spitzname lautet übrigens "Rode Duivels". Oder wie man in Manchester sagen würde: "Red Devils"

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