Vor Polens erstem Endspiel in Gruppe H hatte Englands Harry Kane mehr Tore bei dieser WM auf dem Konto als Lewandowski Ballaktionen im gegnerischen Sechzehner. Erschreckend. Dass dieser Satz sogar noch bis tief in die Partie gegen Kolumbien stimmte, sagt vieles über das Spiel der Polen aus.
Angesichts der an Harmlosigkeit kaum zu überbietenden Offensivbemühungen der Polen verwundert es kaum, dass der Mannschaft von Trainer Adam Nawalka ein zweites Endspiel verwehrt blieb. Polen ist raus. Ein möglich gewesenes Aufeinandertreffen mit England und Kane im Achtelfinale bleibt aus.
Robert Lewandowski: "Uns fehlte einfach die Qualität"
Mit fünf Punkten Vorsprung auf Dänemark hatten sich die Bialo-Czerwoni, die Weiß-Roten, souverän für die Endrunde in Russland qualifiziert.
Lewandowski scherzte nach der Auslosung via Twitter noch in Richtung Teamkollege James Rodriguez vom FC Bayern: "Ich erinnere mich an deine geilen Tore bei der letzten WM. Ich hoffe, du wirst dich auch an meine von Russland erinnern."
Zu mehr als zwei Schüssen auf das Tor von David Ospina hat es Lewandowski nicht geschafft. Das lag jedoch weniger an ihm, als an seinen Hintermännern. Polen wirkte mit Ausnahme seines Spielführers antriebslos und lethargisch.
Ideenlosigkeit gepaart mit mangelnder Präzision in der Offensive, unverständliche Passivität im Spiel gegen den Ball. Lewandowskis ernüchterndes Urteil nach dem Aus: "Bei uns haben viele Dinge nicht funktioniert. Uns fehlte einfach die Qualität."
Polens trügerische WM-Qualifikation
Diese Qualität fehlte den Polen jedoch schon in der Quali. Nur hießen die Gegner da noch Kasachstan, Armenien oder Montenegro. Die Tatsache, dass Polen viele Spiele erst spät für sich entschied und kaum dominierte, trog den Schein einer kompetitiven Mannschaft für die WM.
Lewandowski betonte schon vor der WM, sich nicht als Favorit in der Gruppe H zu verstehen. Das Überstehen der Gruppenphase gab er als Ziel aus.
Wer weiß, ob es Polen ohne 18-Tore-Mann Lewandowski überhaupt bis nach Russland geschafft hätte. Die 0:4-Niederlage in der Qualifikation gegen Dänemark hätte ein schrillendes Alarmsignal sein müssen.
Das war sie womöglich sogar. Nur fehlten schlicht die Spieler im Kader, die das Ruder herumreißen hätten können. Frühere Leistungsträger wie Lukasz Piszczek, Jakub Blaszczykowski oder Grzegorz Krychowiak hatten eine schwierige Saison hinter sich oder sind längst über ihrem Zenit.
Bezeichnend für die Hilflosigkeit war die Tonalität im Lager der Polen nach der 0:3-Klatsche: "Wir taten alles, was wir konnten. Doch das reichte nicht."
Goldene Generation um Robert Lewandowski und Co.? Fehlanzeige
Die 2008 aufkeimende Euphorie über eine möglicherweise goldene Generation um Lewandowski, Piszczek, Kuba und Co. ist spätestens jetzt verpufft. Die Mannschaft konnte nie an die Erfolge der 70er- und 80er-Jahre anknüpfen, als Polen zweimal bis ins WM-Halbfinale kam.
Das höchste der Gefühle dieser Spieler-Generation war das Erreichen des Viertelfinals bei der EM vor zwei Jahren, als man dann aber gegen die spielerisch wahrlich nicht berauschenden Portugiesen im Elfmeterschießen ausschied.
Nach zwei enttäuschenden Auftritten in Russland, bei denen Polen insgesamt sechs Schüsse aufs gegnerische Tor abgab, ist das Ende dieser Generation wohl besiegelt. Das Gold blätterte von Minute zu Minute ab.
An geile Tore bei der WM 2018 wird sich niemand erinnern.