Dennoch wurde Vogts deutlich. "Das ist schon überheblich gewesen, wie die deutsche Mannschaft gegen Mexiko aufgetreten ist. Man hat wohl gedacht: Mexiko hat man immer geschlagen. Die Mexikaner, sagt man, sind nur stark, wenn sie zu Hause in 2.000 Meter Höhe spielen", kritisierte er. Auch der deutliche Sieg beim Confed Cup sei noch in den Köpfen gewesen, "aber: Die Zeiten haben sich geändert".
Weiter polterte Vogts: "Viele Spieler denken: Wir sind Weltmeister, wir gewinnen locker. Die aktuelle Situation erinnert mich nicht nur an 1994, sondern auch an 1978 - jeweils das Turnier vier Jahre nach einem Weltmeistertitel. Viele Spieler denken einfach: 'Wir sind der amtierende Weltmeister. Natürlich gewinnen wir das erste Spiel und die Gruppe.' Und dann gibt es ganz schnell die Quittung."
Vogts: "Gehe davon aus, dass Löw auf den Tisch gehauen hat"
Dabei seien die Probleme aber immerhin korrigierbar. So wurde bei der Auftaktniederlage "zu wenig gearbeitet, wenn der Gegner in Ballbesitz war. Wenn man sich das Tor von Mexiko anschaut: Da war keine Staffelung da, man ist nicht rechtzeitig reingerückt und hat gedacht, da wird schon nichts passieren. Das ärgert mich."
Das Team glaube, "man fährt als Weltmeister nach Russland und spielt einfach wieder so wie vier Jahre zuvor. Aber einige Spieler fühlen sich zu sicher. Das überrascht mich, weil die letzten Spiele unserer Mannschaft alles andere als überragend waren. Ich habe in den letzten sieben, acht Spielen kein gutes Länderspiel der DFB-Elf gesehen. Da hätte ich erwartet, dass jeder Spieler sich denkt: Verdammt noch mal, wir müssen mehr Gas geben."
Dementsprechend deutlich dürfte es nach der Partie auch innerhalb der Mannschaft zugegangen sein. "Ich gehe davon aus, dass Löw auf den Tisch gehauen hat", sagte Vogts: "Das dringt nicht nach draußen, aber mit Sicherheit hat er das gemacht. Jetzt stehen wir schon mit dem Rücken zur Wand."
Vogts über Schweden: "Müssen es jetzt abrufen"
Das zweite Gruppenspiel gegen Schweden ist so bereits das erste Endspiel für Deutschland - das DFB-Team könnte im Zweifelsfall sogar schon vorzeitig ausscheiden. Vogts mahnte: "Gegen Schweden muss sich die deutsche Elf jetzt auf ein sehr körperbetontes Spiel einstellen. Die Schweden wissen, dass die deutsche Mannschaft angeschlagen ist. Sie werden versuchen, ihre Stärken - bei Standards und Kontern - durchzubringen und die Deutschen wieder zu überraschen."
Klar sei dabei aber auch: "Wenn die Deutschen zu ihrer normalen Form finden und ihr schnelles Passspiel durchziehen, dann werden die Schweden große Probleme haben, mit dem deutschen Spiel klar zu kommen. Die deutschen Spieler wissen, wie stark sie spielen können, wenn sie es müssen. Nur: Sie müssen es jetzt abrufen."
Trotz all der Kritik aber ist für Vogts Bundestrainer Löw weiterhin der richtige Mann: "Ich glaube an den deutschen Fußball und unsere Nationalmannschaft. Den Gedanken an ein frühes Aus lasse ich gar nicht hochkommen. Joachim Löw ist auch weiter der richtige Mann am Steuer und er wird die richtige Elf finden, die uns gegen Schweden drei Punkte bescheren wird."