Als Gonzalo Montiel den entscheidenden Elfmeter versenkte und Argentinien zum Weltmeister krönte, wartete man als Zuschauer des Endspiels im Grunde nur noch gespannt auf eine Sequenz: Wie Lionel Messi den von ihm so lang ersehnten WM-Pokal in die Höhe reckt.
Bevor ihm diese Ehre aber zuteil wurde, stülpte der Emir von Katar Messi ein Bischt genanntes Übergewand über. Damit haben Gastgeber Katar und die FIFA, repräsentiert durch den danebenstehenden Präsidenten Gianni Infantino, einen sporthistorischen Moment versaut.
Zunächst: Mit dieser Geste haben es die Kataris gewiss gut gemeint. Der Bischt gilt in der arabischen Welt als Zeichen der Ehrerbietung. Er wird zu feierlichen Anlässen getragen und die Krönung des Weltmeisters ist ja ein solcher.
Doch es fällt freilich enorm leicht, dabei Kalkül zu unterstellen. Ihnen war bewusst: Nun kommt Messis großer Moment, auf den er ein Leben lang gewartet hat und seine sagenhafte Karriere krönt. Die ganze Welt sieht zu, es entstehen ikonische Bilder für die Ewigkeit.
Dabei ist der Bischt an sich nicht das Problem. Man hätte ihn Messi im Anschluss an die Zeremonie anziehen lassen und die Bilder davon genauso in die Welt tragen können. Sich jedoch dermaßen in den Vordergrund zu drängen, wie es Tamim bin Hamad Al Thani und vor allem Infantino getan haben, der Messi wie ein kleines Kind zu seiner Mannschaft hinüberschob und drauf und dran war, sich auch noch auf das Siegerfoto zu schleichen, war nichts als ein Skandal.
Lionel Messi und der Bischt: Unangenehmer WM-Schlusspunkt
Durch ihr egozentrisches Verhalten haben der Emir und Infantino Messi vereinnahmt, für ihre Zwecke instrumentalisiert und ihm seinen großen Moment beinahe ruiniert. Das gehört sich nicht. Noch nie in der WM-Historie war das Trikot eines Weltmeister-Kapitäns teilweise verdeckt, als dieser den Pokal in den Himmel stemmte.
Infantino betonte angesichts der Kritik an der Vergabe der WM an Katar stets, man solle den Fußball nicht politisieren. Genau dies aber passierte, als man Messi in den Bischt steckte. Es bedurfte keiner ausgefallenen Interpretation seiner Mimik, um Messis Unbehagen in dieser Situation zu erkennen.
Diese irritierende Aktion steht somit symbolisch für die Entkopplung der Oberen des Weltfußballs von seinen Zuschauern, von der Basis, ja bisweilen von der Realität. Dass Gastgeber Katar und Infantino nicht in der Lage waren, sich selbst in diesem für die siegreichen Spieler größten Moment der Karriere zurücknehmen, war der unangenehme Schlusspunkt unter einer mit zahllosen Fragwürdigkeiten gespickten Weltmeisterschaft.