Gut gespielt, kurz gezittert, verdient gewonnen: Afrikameister Senegal steht zum ersten Mal seit 20 Jahren im Achtelfinale einer WM.
Siegtorschütze Kalidou Koulibaly sank auf die Knie, Trainer Aliou Cissé stürzte sich hinein in die nächstbeste Jubeltraube - und bei den dauertrommelnden Fans auf der Tribüne herrschte pure Ekstase. Auch ohne den verletzten Superstar Sadio Mané hat die Nationalmannschaft des Senegal in einer emotionalen Zitterpartie zum ersten Mal seit 2002 das Achtelfinale einer WM erreicht.
Mané war auch beim 2:1 (1:0) gegen Ecuador nur Zuschauer aus der Ferne - doch er hat trotzdem schon etwas bewirkt. "Nach der Verletzung von Sadio haben doch die meisten geglaubt, dass wir nicht weiterkommen. Er ist unser Star, das Symbol unseres Fußballs", sagte Koulibaly mit bewegter Stimme, "aber wir sind noch enger zusammengerückt und wollen zeigen, dass wir eine starke Mannschaft haben."
In der K.o.-Runde treffen die "Löwen von Teranga" als Gruppenzweiter auf den Sieger der Gruppe B: England - dank Premier-League-Legionär Koulibaly. "Für alle Senegalesen ist das ein besonderer Tag. Ich bin froh, dass ich dieses Tor erzielt habe, das ist eine Riesenehre für mich", sagte der beim FC Chelsea beschäftigte Matchwinner Koulibaly.
Der Kapitän versetzte seine Mannschaft und ihre dauertrommelnden Fans mit seinem Treffer in der 70. Minute in einen Freudentaumel, kurz nachdem Moisés Caicedo den etwas überraschenden Ausgleich erzielt hatte (67.). Die Senegalesen waren vor allem in der ersten Halbzeit drückend überlegen, vergaben aber zu viele Torchancen. Um in Führung zu gehen, benötigten sie einen Elfmeter: Ismaila Sarr, vom Leverkusener Piero Hincapié gefoult, traf cool (44.).
Und jetzt? "Es ist für uns alle sehr emotional", sagte Ismail Jakobs, einst Spieler des 1. FC Köln und mit der deutschen U21-Auswahl 2021 Europameister, und betonte, im Achtelfinale solle nicht Schluss sein: "Es ist bereits ein toller Erfolg, aber wir wollen mehr, und das ist möglich. Wir schauen von Spiel zu Spiel - aber wir wollen gewinnen. Wir wollen jedes Spiel gewinnen und Weltmeister werden."
Die Senegalesen hatten zum Auftakt gegen die Niederlande verloren (0:2), "nach dem ersten Spiel haben viele uns schon draußen gesehen", berichtete Koulibaly. "Aber wir wollten hier unbedingt Großes leisten. Wir haben immer daran geglaubt, dass wir uns fürs Achtelfinale qualifizieren." Das ist bei der dritten WM-Teilnahme zum zweiten Mal gelungen. Trainer Cissé war beim ersten Mal selbst noch Spieler.
WM 2022: Ecuadors Trainer Gustavo Alfaro lässt Zukunft offen
Ecuadors Trainer Gustavo Alfaro ließ kurz nach dem WM-Aus seine Zukunft als Nationaltrainer von "La Tri" offen. "Wir sind ausgeschieden. Der wunderschöne Traum ist vorbei. Ich brauche Zeit um zu entscheiden, was ich tun will", sagte der 60 Jahre alte Argentinier.
Klar war mit Anpfiff: Die Senegalesen mussten gewinnen, um sicher und wie vor 20 Jahren die K.o.-Runde zu erreichen - damals standen sie bei der WM in Südkorea und Japan sogar im Viertelfinale, scheiterten dort aber an der Türkei. Entsprechend forsch legten sie los, zielten aber in ihrer furiosen ersten Halbzeit bei zwölf Schüssen viel zu oft am Tor vorbei.
Tatsächlich war gleich die erste Gelegenheit zur Führung günstig: Idrissa Gueye kam im Strafraum in guter Position zum Abschluss, verzog aber den Ball (3.). Kurz darauf flog ein Schuss von Boulaye Dia auf Vorlage von Youssouf Sabaly links am Tor vorbei (8.). Sarrs leicht abgefälschter Schuss landete ebenfalls nicht im Netz (24.).
Ecuador wirkte überrumpelt vom Elan der Senegalesen, die aus ihrem Übergewicht beim Ballbesitz viel machten, durchdacht und mit schön anzusehenden Kombinationen angriffen - nur das erlösende Tor wollte zunächst nicht fallen. Der von Sarr cool verwandelte Elfmeter wirkte wie eine Erlösung.
Ecuador gelang es nur in kurzen Phasen, sich vom Druck zu befreien. Zu diszipliniert und entschlossen verteidigte der Afrikameister. Enner Valencia, der drei der sechs letzten ecuadorianischen WM-Treffer erzielt hatte, blieb weitgehend ungefährlich.
Das änderte sich in der zweiten Halbzeit ein wenig, nun benötigte Ecuador einen Treffer. Die Südamerikaner waren jetzt aktiver, kamen aber auch nicht zu einem gefährlichen Abschluss - bis plötzlich Caicedo die erste echte Chance seiner Mannschaft nutzte. Die Senegalesen aber schienen nur kurz geschockt: Nach einem Freistoß stand Koulibaly goldrichtig.
Ecuador - Senegal: Die Stimmen zum Spiel
Gustavo Alfaro (Nationaltrainer Ecuador): "Das ist ein trauriger Moment, wir sind sehr frustriert. Wir hatten hohe Erwartungen. Einige Kleinigkeiten haben den Unterschied gemacht. Wir hatten in der ersten Halbzeit zu wenig Chancen. In der Pause habe ich der Mannschaft gesagt, dass sie zuzulegen muss, um den Ausgleich zu erzielen. Das hat sie gemacht. Doch nach dem 1:1 waren wir nicht in der Lage, das Spiel zu kontrollieren. Ich hoffe, dass die Spieler diese Lektion lernen und diese Erfahrungen mitnehmen können."
Aliou Cissé (Nationaltrainer Senegal): "Wir sind sehr glücklich. Es ist sehr emotional. Wir müssen jetzt schnell regenerieren und uns auf die K.o.-Spiele vorbereiten. Es gibt keinen Lieblingsgegner. Es sind alle stark. Wenn wir ins Finale kommen wollen, müssen wir Jeden schlagen. Der Tag war für uns nicht so einfach. Wir widmen den Sieg Papa (Nationalspieler Papa Bouba Diop starb vor zwei Jahren, d.Red.). Der Sieg war für ihn, aber auch für viele andere Menschen. Es gibt so viele Menschen, die in den letzten Jahren hart dafür gearbeitet haben, dass wir so weit kommen. Wir sind als Team sehr erfahren, das ist für solche Spiele sehr wichtig."
Ecuador - Senegal: Die Daten zum Spiel
Ecuador: Galindez - An. Preciado (Porozo, 85.), Torres, Hincapie, Estupinan - Gruezo (Cifuentes, 46.), Franco (Sarmiento, 46.), M. Caicedo, Plata, E. Valencia - Estrada (Reasco, 64.)
Senegal: E. Mendy - Sabaly, Koulibaly, A. Diallo, Jakobs - I. Gueye, Ciss (N. Mendy, 75.), P. Gueye, Ndiaye (B. Dieng, 75.), I. Sarr - Dia (Cissé, 90.+5)
Tore: I. Sarr (44., Elfmeter), M. Caicedo (68.), Koulibaly (70.)
Gelbe Karten: I. Gueye (66.)