SPOX: Herr Kreuzer, in der 2. Liga geht es an diesem Wochenende los. Für den Karlsruher SC werden die ersten Spieltage kein Aufwärmprogramm. Wie gefällt Ihnen der Spielplan?
Oliver Kreuzer: Es gibt sicherlich ein einfacheres Programm. Zum Auftakt kommt mit dem MSV Duisburg der letzte Pokalfinalist. Trotzdem sind wir enttäuscht.
SPOX: Weshalb?
Kreuzer: Wir hatten bei der DFL schon früh hinterlegt, dass wir zum Auftakt ein Auswärtsspiel haben wollen, weil wir im Wildpark Bauarbeiten haben. Wir wollten stadiontechnisch in einem einwandfreien Zustand in die Saison gehen. Die DFL hat darauf keine Rücksicht genommen. Jetzt werden wir zu Beginn der Saison eine Baustelle haben. Ich weiß nicht, wie die Denkweise der DFL aussieht.
SPOX: In der Stuttgarter Nachbarschaft hat man damit keine guten Erfahrungen gemacht.
Kreuzer: Genauso ist es.
SPOX: Für Sie ist 2. Bundesliga als Funktionär Neuland. Haben Sie sich schon eingelebt?
Kreuzer: Stadion, Trainingsplätze und das Umfeld in Karlsruhe sind im Grunde gleich geblieben. Das hat mir den Einstieg durchaus vereinfacht. Ich muss aber auch zugeben, dass ich mir anfangs einen detaillierten Überblick noch gar nicht verschaffen konnte, weil ich beispielsweise mit der Kaderplanung sehr viel zu tun hatte.
SPOX: Sie hätten es sich ja einfacher machen können. Warum sind Sie zum KSC gewechselt?
Kreuzer: Entscheidend war, dass der Verein auf einem guten Weg ist. Die notwendige Konsolidierung wird vorangetrieben. Die Lizenz wurde ohne Hängen und Würgen erteilt. Jetzt gilt es einen Neuanfang zu starten. Das ist für mich eine spannende Herausforderung.
SPOX: Welche Argumente haben Sie überzeugt, einen potenziellen Champions-League-Teilnehmer zu verlassen und zu einem Klub zu wechseln, der fast in die 3. Liga abgestiegen wäre?
Kreuzer: Ich habe keine großen Argumente benötigt. Ich habe selbst in Deutschland gespielt und mein Ziel war es, wieder in Deutschland zu arbeiten. Graz war eine wunderbare und auch erfolgreiche Zeit. Mit dem Erreichen des Meistertitels sind wir aber ganz oben angekommen. Natürlich wäre es interessant, die Champions-League-Qualifikation mitzumachen. Aber bleiben wir realistisch: Für die Gruppenphase wird es für Graz nicht reichen.
SPOX: Für Sie ist das also kein Rückschritt?
Kreuzer: Überhaupt nicht! Österreich ist eine kleine Fußballnation - genauso wie die Schweiz.
SPOX: Ihr Name wurde in der Bundesliga immer wieder gehandelt. Ihre Absage an den HSV per SMS war damals sehr medienwirksam. Mit etwas Abstand: Wieso kamen Sie schon damals nicht nach Deutschland zurück?
Kreuzer: Hamburg war ein großes Thema, aber es hätte alles passen müssen. Ich habe zwei Mal mit den Verantwortlichen des HSV gesprochen, aber ich hatte keine Lust auf eine Casting Show.
SPOX: Wie meinen Sie das?
Kreuzer: Ich sollte mich nochmals präsentieren, aber erst sollte mein Gegenpart Roman Grill sich noch einmal vorstellen und dann erst wieder ich. Daraufhin hätten wir ein paar Stunden später im Hotel die Nachricht bekommen, wer den Zuschlag bekommt. Da hätte es nur Verlierer geben können. Eine Sportdirektor-Suche muss anders ablaufen.
SPOX: Und dann haben Sie die berühmte SMS abgeschickt...
Kreuzer: Das wurde sehr aufgebauscht, aber ich habe einige Mal vergeblich versucht, Horst Becker zu erreichen. Dann habe ich eine SMS geschickt und mein Interesse zurückgezogen.
SPOX: So eine Art Interesse gab es ja auch vom FC Bayern. Das hat man zumindest vermutet, als Uli Hoeneß vor zwei Jahren seinen Nachfolger skizziert hat und Sie perfekt ins Bild passten. Ganz ehrlich, haben Sie sich angesprochen gefühlt?
Kreuzer: Es gab ja eine Kooperation zwischen Red Bull Salzburg und Bayern München, die durch meine Person neu gelebt wurde. Uli Hoeneß hat damals laut nachgedacht, aber es wurde nie konkret darüber gesprochen.
SPOX: Sie hätten aber doch nicht abgesagt, oder?
Kreuzer: (lacht) Nein, hätte ich nicht. Ein Teammanager wurde gesucht, aber Jürgen Klinsmann hat sich dann nach seiner Verpflichtung für Christian Nerlinger stark gemacht und der Vorstand hat dies abgesegnet - und Christian macht beim FC Bayern einen sehr guten Job.
SPOX: Ist es ein Ziel, mittelfristig für einen Bundesligisten zu arbeiten?
Kreuzer: Es könnte ja auch ein Ziel sein, mit dem KSC mittelfristig wieder erstklassig zu werden. Natürlich ist die Bundesliga immer ein Ziel, aber das ist weit weg und primär geht es jetzt darum, den KSC nach oben zu führen und zu stabilisieren. Ob das jetzt gleich die Bundesliga bedeuten muss, sei mal dahin gestellt. Aber wer weiß...
SPOX: Die Realität heißt 2. Liga bei einem Klub, dessen finanzielle Möglichkeiten relativ begrenzt sind. In Graz war die Situation lange Zeit ähnlich. Wird diese Erfahrung beim KSC helfen?
Kreuzer: Es hilft sicher. Wenn man nur bei Vereinen gearbeitet hat, in den das Geld nur so fließt, kommt man sicher in Versuchung, gewisse Dinge zu tun, die nicht zu verantworten sind. In Graz hatten wir anfangs keine Mittel, eine Mannschaft zusammenzustellen. Das hieß für uns akribisch und verstärkt auf junge Spieler zu schauen. Die Situation beim KSC ist aber nicht so dramatisch wie anfangs in Graz.
SPOX: Dennoch müssen Sie ähnlich wie bei Sturm auf junge Spieler setzen. Ist es da kein falsches Signal, mit Matthias Zimmermann und Lukas Rupp zwei Vorzeige-Talente gehen zu lassen?
Kreuzer: Nein. Es waren ja keine sportlichen Gründe, diese Spieler gehen zu lassen, sonst wären sie geblieben. Ich muss bei so einem Angebot immer das Gesamtpaket betrachten. Wenn ich merke, dass ich keine Chance auf eine Vertragsverlängerung habe, dann muss ich versuchen mit Borussia Mönchengladbach eine Lösung zu finden. Für die Borussia gab es nur die Option, beide Spieler zu nehmen.
SPOX: Die Suche nach den neuen Zimmermanns und Rupps hat begonnen, aber wie ist es um die eigene KSC-Jugend bestellt? Kann Ihr Ex-Klub Basel mit der tollen Jugendarbeit ein Vorbild sein?
Kreuzer: Unser Ziel muss sein, dass die Jungs aus der Region wieder gerne beim KSC spielen. Es kann nicht sein, dass KSC-Spieler nach Stuttgart oder Hoffenheim wechseln müssen. Da sind wir gefordert, auf allen Ebenen gut zu arbeiten. Da kann Basel sicher als Vorbild dienen. Die Struktur kann man adaptieren. Und mit dem neuen Nachwuchsleistungszentrum ist ein wichtiger großer Schritt in diese Richtung getan.
SPOX: Spielt bei der Kader- und Transferplanung ihr Sohn Niklas eine Rolle, der in der Jugend des FC Basel spielt?
Kreuzer: Er kann in der defensive mehrere Postionen spielen, sein Vertrag läuft noch bis 2012. Er soll dort noch ein Jahr spielen, zumal er mit seinem 93er Jahrgang noch sehr jung ist.
SPOX: Ist die Herausforderung beim KSC noch größer geworden als es zu Beginn aussah?
Kreuzer: 17 Abgänge, wir möchten uns noch von 2 weiteren Spielern trennen, das wären dann Nummer 18 und 19. Es wurden 12 neue Spieler verpflichtet plus eigene Jugendspieler in den Profikader hochgezogen, in dieser Form habe ich das noch nie erlebt. Die Herausforderung ist groß, aber auch sehr interressant. Wir müssen mit Tiefschlägen rechnen, in der Breite sind wir dünn besetzt. Dennoch kriegen wir das hin, dass die Mannschaft das umsetzt, was erwartet wird.
SPOX: Sie haben bei Ihrer Antrittsrede gesagt, dass Sie kein "Wunderwutzi" sind. Die Erwartungen sind dennoch groß. Ein Problem?
Kreuzer: Kein Problem, nur dieser komplette Neuaufbau braucht Zeit, die Euphorie ist großartig, aber man muss der Mannschaft auch Zeit geben und auch etwas Geduld aufbringen, wenn schwierige Phasen kommen.
SPOX: Was ist das konkrete Ziel des KSC in dieser Saison?
Kreuzer: Ganz einfach: Wir wollen mit dem Abstieg nichts zu tun haben, besser sein als letzte Saison. Es gibt keine Zielvorgabe an die Mannschaft. Wir freuen uns auf die neue Saison. Es beginnt alles bei Null.
SPOX: Mal so aus Interesse zum Abschluss: Wann kommt eigentlich Franco Foda nach Deutschland?
Kreuzer: Er wäre in dieser Saison schon gekommen, wenn er ein interessantes Angebot bekommen hätte. Sein Ziel ist ganz klar die Bundesliga und er hat auch das Zeug dazu. Ich habe ihn in Graz die letzten drei Jahre als absoluten Fachmann kennengelernt. Irgendwann taucht Franco in der Bundesliga auf.
SPOX: Gab es in Ihrer gemeinsamen Zeit keine Interessenten?
Kreuzer: Der 1. FC Kaiserlautern war einmal interessiert. Auch der VfL Bochum ist mal an ihn herangetreten, aber es hat damals für ihn nicht gepasst. Mittlerweile, denke ich, wäre er bereit. Es muss nur der richtige Verein anrufen.
Der KSC-Kader im Überblick