Eintracht Frankfurt: Wohin führt der Weg?

Von Jochen Tittmar
Trainer Armin Veh (r.) hat den Vertrag bei Eintracht Frankfurt bis 2013 verlängert
© Getty

Update Aufsteiger Eintracht Frankfurt hat am Mittwoch den Vertrag mit Trainer Armin Veh um ein Jahr verlängert. Nun könnte sich die strategische Ausrichtung des Vereins vom Main verändern. Sportdirektor Bruno Hübner wirbt für mehr Risiko in der Finanzpolitik.

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Nein, das Herz sei ihm nicht unbedingt geplatzt, sagt Heribert Bruchhagen über den Aufstieg von Eintracht Frankfurt in die Bundesliga. Zu dominant agierte der Verein in den Wochen vor dem finalen Dreier in Aachen, ja eigentlich während der gesamten Zweitligasaison. "Ich war mir sicher, dass nichts mehr schiefgeht", so der Vorstandschef.

Die Hessen haben den Betriebsunfall 2. Liga souverän korrigiert. Der Aufenthalt im Unterhaus kostete den Klub viel Geld, die in den Jahren zuvor so gradlinig verlaufene Entwicklung bekam eine ordentliche Delle ab.

Man sollte daher annehmen, dass der Druck, der die Vereinsverantwortlichen eine gesamte Spielzeit lang begleitete, nun nach und nach abfällt.

Vehs Verbleib gesichert

Doch die SGE steht wie im Vorjahr auch nach Saisonende weiter unter Höchstspannung. Wo nach dem Abstieg innerhalb eines irrwitzig kurzen Zeitfensters ein Sportdirektor, ein Trainer und neue Spieler verpflichtet werden mussten, steht aktuell die künftige strategische Ausrichtung des Klubs auf der Agenda.

Im wichtigsten Punkt ist man sich am Mittwoch entscheidend näher gekommen: Coach Armin Veh verlängerte seinen auslaufend um ein weiteres Jahr bis 2013. Dies ist insofern wichtig, da der gebürtige Augsburger eine in sich gefestigte Mannschaft formte, die unter Vehs natürlicher Autorität reifte und "ohne Krise" (Bruchhagen) durch die 2. Liga bretterte.

Unterschrieben ist der Vertrag nun also, doch Veh geht es weiterhin ums Geld. Der 51-Jährige hat seinen Verbleib an die wirtschaftlichen Perspektiven des Klubs geknüpft und will mit der Eintracht mittelfristig nicht nur um den Klassenerhalt kämpfen. Doch der Abstieg hat die Finanzen natürlich nicht aufbessern können.

Veh: "Ich brauche ein Ziel"

Es wird gemunkelt, dass das Festgeldkonto des Klubs nunmehr rund fünf Millionen Euro beträgt. 70 Millionen Euro stark soll der Gesamtetat in der neuen Saison sein. Im März reichte Bruchhagen einen Plan ein, wonach 24 Millionen davon in den Kader fließen sollen.

Das ist Veh auch angesichts der immensen Miete für das Stadion (rund zehn Millionen Euro jährlich) zu gering. "Ich brauche ein Ziel. Ich will als Trainer die Menschen begeistern. Wenn ich das nicht kann, bin ich enttäuscht. Ich glaube nicht, dass man sich hier freut, wenn man Fünfzehnter wird. Das ist zu wenig für Eintracht Frankfurt", sagt Veh.

In eine ähnliche Kerbe schlägt Sportdirektor Bruno Hübner, der Optimist im Frankfurter Führungstrio. Er, dem man in seiner Zeit am Main ein bislang ausgezeichnetes Zeugnis ausstellen muss, will neue Wege in der Finanzpolitik diskutieren und der Eintracht das biedere Image nehmen, immer nur gegen den Abstieg zu kämpfen.

Hübner stößt neue Finanzierungsmodelle an

Hübner ist sich wie alle anderen jedoch im Klaren darüber, dass es in Jahr eins nach der Rückkehr in die Fußballelite ausschließlich um das Sichern der Klassenzugehörigkeit gehen wird. "Alles andere wäre utopisch", sagt der 51-Jährige.

Doch er stößt jetzt schon Modelle an, die das einst von Bruchhagens wirtschaftlicher Seriosität regierte Frankfurt beinahe konterkarieren.

Um das nicht gerade pralle Budget zu erhöhen und langfristig Erstligist zu bleiben, erwägt Hübner neben einem Vorgriff auf die üppigen Fernsehgelder 2013 auch die Fremdfinanzierung von Neuzugängen. Kein unriskantes Vorhaben, das aber schon bald Gegenstand einer "ausführlichen und unvoreingenommenen" Diskussion mit Vorstand und Aufsichtsrat werden soll.

Bruchhagen sitzt zwischen den Stühlen

"Es ist doch die Frage: Wie stark sehe ich meine Mannschaft? Wo sehe ich sie, wenn wir sie verstärken? Und was ist - daraus resultierend - in zwei, drei Jahren möglich? Alle Beteiligten sind aufgefordert, diese Situation noch mal zu bewerten und einzuschätzen. Jetzt etwas mehr ins Risiko zu gehen, wäre das richtige Zeichen zum richtigen Zeitpunkt", ließ Hübner via "Bild" verlauten.

Glaubt man Aufsichtsratschef Dr. Wilhelm Bender, dürften sich seine Erfolgsaussichten allerdings in Grenzen halten: "Eintracht ist mit ihrer soliden Finanzpolitik gut gefahren. Wir werden diesen Weg fortsetzen. Es gibt viele Beispiele, dass der Niedergang eines Klubs damit begann, dass man über seine Verhältnisse lebte. Den Fehler werden wir nicht mehr begehen."

Bruchhagen sitzt in dieser Frage zwischen den Stühlen. Nach dem Abstieg war er gewissermaßen gezwungen, alles an Geld in die Hand zu nehmen, das notwendig ist, um es bei einem Jahr in Liga zwei zu belassen. Es ist nun kein Geheimnis, dass dies auch in der neuen Spielzeit vonnöten sein wird.

Stefan Aigner bislang einziger Neuzugang

Neuen Wegen verschließen will und kann sich Bruchhagen nicht (mehr). Er nehme Hübners Denkanstöße ernst, "wenn eine Tendenz besteht, dass wir unsere bisherige Politik aufgeben, wird das beschlossen und dann kann man das auch machen."

Da sich Veh nun entschieden hat, kann sich der Verein intensiv über die von Hübner angeregten Ideen unterhalten und dann im Idealfall noch stärker auf dem Transfermarkt aktiv werden.

Eintracht Frankfurt: Der Kader im Überblick

Doch der aktuelle Kader bietet ebenfalls genügend Baustellen, die abgearbeitet werden wollen. Bamba Anderson, Erwin Hoffer, Mo Idrissou und Karim Matmour sind nur ausgeliehen, sollen aber jeweils für eine festgeschriebene Ablösesumme - die Hübner im einen oder anderen Fall noch zu drücken versucht - gehalten werden. Habib Bellaid, Caio und Ümit Korkmaz werden den Verein sicher, Rob Friend, Thomas Kessler und Martin Amedick dagegen so gut wie sicher verlassen. In Stefan Aigner von 1860 München (Vertrag bis 2015) steht bislang ein Neuzugang fest.

Trapp als Favorit für den Kasten

Fünf weitere Spieler habe er im Kopf, so Hübner. Mit Patrick Helmes, in der Winterpause Transferziel Nummer eins, stünde man weiterhin in Kontakt. Neben einem Stürmer sucht Frankfurt vor allem für den Defensivverbund. Der beim VfB Stuttgart aussortierte Stefano Celozzi soll Sebastian Jung rechts in der Viererkette Druck machen. Auch Keeper Oka Nikolov wird ein Konkurrent zur Seite gestellt, der den Oldie als Nummer eins ablösen kann. Lauterns Kevin Trapp, für 1,5 Millionen Euro zu haben, gilt als Favorit.

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