Benjamin Köhler blickte auf der Tribüne mit Söhnchen Dian auf dem Schoß ergriffen auf den Rasen, seine Frau Marina fasste gerührt nach dem Arm des 34-Jährigen, und ganz Fußball-Deutschland fühlte mit: Als das knallharte Profi-Business durch eine beispiellose Solidaritäts-Bekundung von Zweitligist Union Berlin für seinen krebskranken Spieler einige Augenblicke lang sein menschliches Antlitz zeigte, war das eigens unterbrochene Spiel gegen den VfL Bochum (2:1) nicht einmal mehr Nebensache.
"Wir sind vielleicht in der Tabelle nicht top, aber was zwischenmenschlich bei uns in der Kabine passiert, da sind wir Champions League", sagte Berlins Trainer Norbert Düwel nach dem Begegnung bei "Sky" zur Aktion seiner Spieler: "Es ist nicht immer nur Fußball, die drei Punkte. Das zeigt die Wichtigkeit von anderen Dingen im Leben."
Gänsehaut-Atmosphäre an der Alten Försterei
Um Köhler nach der schockierenden Krebs-Diagnose in der vergangenen Woche im schweren Kampf gegen einen bösartigen Tumor im Lymphsystem des Bauches moralisch zu unterstützen, hatte sich die Eisernen denn auch etwas Einmaliges einfallen lassen: Nach einem nicht zufällig in der siebten Minute herbeigeführten Ausball versammelten sich Unions Spieler und Reservisten auf dem Rasen vor Köhlers Tribünenplatz, drehten sich in übergestreiften T-Shirts mit seiner Rückennummer 7 sowie der Aufschrift "Gemeinsam kämpfen" zu ihrem Kollegen um und stärkten dem Allrounder mit einem "Eisern bleiben, Benny"-Banner.
Köhler reagierte gerührt. "Ihr gebt mir richtig viel Kraft, Energie und Liebe, wie ich sie von meiner Familie bekomme. Man kann es nicht mit Worten beschreiben, aber Eure Hilfe ist mir wichtig", schrieb der frühere U21-Nationalspieler bei Instagram: "Ich werde gestärkt zurückkommen, das verspreche ich Euch."
Die Gänsehaut-Atmosphäre berührte im Stadion an der Alten Försterei wohl jeden. Bochums Spieler klatschten Beifall, und der harte Kern der Union-Fans rollte Banner mit "7 - eine Zahl für Zuversicht und Glück" sowie "Kämpfen Benny und komm zurück" aus.
"Wir haben Hoffnung"
Die bewegende und weit über Berlin hinaus aufsehenerregende Aktion hatte eine Absprache des Köpenicker Kultklubs mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) möglich gemacht. Schiedsrichter Michael Weiner (Giesen) war in die Pläne von Düwels Spielern eingeweiht, sodass die Unioner bei der Mitgefühlsdemonstration für ihren Mannschaftskameraden keine Sanktionen befürchten mussten.
"Wir haben die Hoffnung und den Glauben, dass 'Benni' zu uns in die Kabine zurückkommen und wieder für uns spielen wird", unterstrich Düwel die Zuversicht im Berliner Team.
Das eindrucksvolle Zeichen für den Zusammenhalt war nur der emotionale Höhepunkt in einer Reihe beachtlicher Zeichen von Solidarität.
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Nachdem Union unter der Woche nur einen Tag nach Bekanntgabe von Köhlers Schicksalsschlag den auslaufenden Vertrag mit dem früheren U21-Nationalspieler demonstrativ bis 2016 verlängert hatte, bekundete zunächst viel Fußball-Prominenz bis hin sogar zu Weltverbands-Boss Joseph S. Blatter und Weltmeister Toni Kroos ihre Verbundenheit mit Köhler.
Auch schon unmittelbar vor dem Spiel gegen Bochum hatten Köhler und seine Familie die Zuneigung der Union-Fans auf besondere Weise erleben dürfen: Bei der Bekanntgabe der Mannschaftsaufstellung schmetterte der Union-Anhang nach der Nennung der Vornamen von Berlins Spieler statt des jeweiligen Nachnamens ein donnerndes "Köhler Fußball-Gott" in die Arena.
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