Werder Bremen in der Kaderanalyse: Fragezeichen, so weit das Auge reicht

Philipp Schmidt
17. Juli 202111:22
Gehen Eggestein und Sargent mit Werder in die zweite Liga?imago images
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Werder Bremen steht nach dem erstmaligen Abstieg nach über vier Jahrzehnten Bundesliga vor einem massiven Umbruch, dieser ist jedoch erst teilweise vollzogen. Welche Abgänge könnten noch Geld in die klammen Kassen spülen, auf welchen Positionen herrscht noch Nachholbedarf? Die Hanseaten im Kadercheck vor Beginn der 2. Liga.

Werder Bremen in der Kaderanalyse - Tor

  • Personal: Jiri Pavlenka (Vertrag bis 2022), Michael Zetterer (bis 2022), Stefanos Kapino (bis 2022), Luca Plogmann (bis 2022), Eduardo dos Santos Haesler (bis 2022)
  • Fragezeichen: Kapino, Zetterer
  • Kandidaten: -
  • Situation: Bleibt er oder geht er doch noch? Nach dem Abstieg galt die tschechische Nummer eins Jiri Pavlenka eigentlich wie bereits in der Vergangenheit als Verkaufskandidat, nach Bild-Infos soll Premier-League-Klub Burnley drei Millionen Euro geboten haben - in Anbetracht der finanziellen Not viel Geld für Werder, jedoch deutlich weniger als erhofft.

Trotz zweier durchwachsener Jahre wäre Pavlenka einer der absoluten Top-Keeper der 2.Liga. Wie Sportchef Frank Baumann der Deichstube bestätigte, seien die Parteien in Gesprächen. Pavlenka-Berater Pavel Pillar erklärte bei Novo Sport, dass eine Vertragsverlängerung und ein Verbleib mittlerweile das wahrscheinlichste Szenario sei.

Laut Pillar sei "kein konkretes Angebot" eingegangen. Der 29-Jährige fuhr als Ersatzkeeper zur EM, musste jedoch angeschlagen abreisen. Wie Werder nun bekanntgab, müsse Pavlenka aufgrund von Problemen im Rumpf- und Adduktorenbereich weiter aussetzen, sein Einsatz zum Saisonauftakt ist in Gefahr.

Werder Bremen - Abgänge

Name

neuer Verein

Ablöse

Milot RashicaNorwich City11 Millionen Euro
Patrick ErrasHolstein Kiel250.000 Euro
Niklas MoisanderMalmö FFablösefrei
Theodor Gebre SelassieSlovan Liberecablösefrei
Yannik EngelhardtSC Freiburg IILeihe
Benjamin GollerDarmstadt 98Leihe
Davie SelkeHertha BSCLeih-Ende

Sollte es tatsächlich so kommen und Pavlenka den Hanseaten treu bleiben, hätte dies unmittelbare Auswirkungen auf die Konkurrenz. Leih-Rückkehrer Stefanos Kapino hofft nach starken Leistungen in Sandhausen auf einen Stammplatz, Michael Zetterer wird sich nicht mit der Rolle als Nummer drei zufrieden geben. Einer der beiden müsste wohl noch gehen.

Im Mai wurde Kapino noch mit Union Berlin in Verbindung gebracht, laut der Bild ist dieses Interesse mittlerweile wieder erkaltet. Klar ist, dass es noch Veränderungen auf dieser Position geben muss. Neben Zetterer stehen mit Luca Plogmann und Eduardo dos Santos Haesler weitere Keeper unter Vertrag.

"Wir setzen uns zusammen, um zu schauen, was auch für die Zukunft am meisten Sinn ergibt", ließ Trainer Markus Anfang die Entscheidung offen. Am wahrscheinlichsten ist wohl, dass Zetterer zur Not für Pavlenka in die Bresche springt und sich Kapino einen neuen Verein sucht.

Werder Bremen in der Kaderanalyse - Abwehr

  • Personal: Marco Friedl (Vertrag bis 2023), Milos Veljkovic (bis 2022), Ömer Toprak (bis 2023), Lars Lukas Mai (bis 2022), Anthony Jung (bis 2023), Nicolai Rapp (bis 2024), Ludwig Augustinsson (bis 2022), Felix Agu (bis 2024), Kyu-hyun Park (bis 2024), Simon Straudi (bis 2022)
  • Fragezeichen: Toprak, Veljkovic, Straudi, Augustinsson
  • Kandidaten: -
  • Situation: Nach den Abgängen der langjährigen Führungsspieler Niklas Moisander und Theodor Gebre Selassie, die sich in der vergangenen Saison das Kapitänsamt teilten, legten die Verantwortlichen in puncto Transfers bisher den Fokus auf die Defensive. Dies liegt auch daran, dass mit Ömer Toprak, Ludwig Augustinsson und Milos Veljkovic weitere Wechselkandidaten im Kader stehen, die künftig erstklassig spielen wollen.

Wie die Deichstube berichtet, soll insbesondere Trabzonspor an einer Verpflichtung von Toprak interessiert sein, trotz einer Gehaltsreduzierung von 40 bis 60 Prozent ist das Salär des 263-maligen Bundesligaspielers für Werder kaum zu stemmen. Für sein Engagement erhielt er ein Lob von Leiter Profi-Fußball Clemens Fritz: "Ömer nimmt die Situation komplett an. Er gibt immer Vollgas, spricht viel mit den Kollegen, übernimmt Verantwortung. Wir schauen, was für ihn an Angeboten reinkommt - und dann besprechen wir das mit ihm."

Ähnlich verhält es sich bei Augustinsson und Veljkovic, der aufgrund einer Corona-Infektion in den kommenden beiden Wochen nicht zur Verfügung steht. Zuletzt wurde der Innenverteidiger bereits von muskulären Problemen geplagt. Neben Gerüchten um Begehrlichkeiten in der Premier League nennt die serbische Tageszeitung Sportski zurnal nun die AC Florenz als mögliche Destination.

Für den Fall, dass das Duo den Verein verlässt - kein Spieler ist bei einem entsprechenden Angebot unverkäuflich -, hat Werder vorgesorgt: Für gemeinsam nicht einmal eine halbe Million Euro kamen mit Kyu-hyun Park, Nicolai Rapp, Anthony Jung und Lars-Lukas Mai (Leihe) gleich vier neue Spieler - teilweise durchaus mit Chancen auf einen Stammplatz.

Linksverteidiger Kyu-Hyun Park hat bis 2024 bei Werder unterschrieben.getty

In der von Anfang präferierten Viererkette dürfte dies vor allem für Mai, der in der Vorsaison bei Darmstadt auf ganzer Linie überzeugte, sowie den aus seiner Zeit in Leipzig bekannten Jung gelten - abhängig davon, wie viele der genannten Wechselwilligen den Verein wirklich verlassen.

Ein weiterer Wechselkandidat ist Marco Friedl, der in der vergangenen Saison als Innenverteidiger in der Dreierkette durchaus überzeugte. Bereits im Februar bestätigte Baumann das Interesse einiger Klubs. "Für junge Innenverteidiger mit starkem linken Fuß gibt es schon einen Markt. Es gibt nicht unzählige Spieler mit seinen Eigenschaften", sagte Baumann. Friedl, der beim FC Bayern ausgebildet wurde und beim Rekordmeister sogar Champions League spielte könnte Werder eine große Summe für die klammen Kassen einbringen. Bleibt er (Vertrag bis 2023), wird er gesetzt sein.

Während es für die linke Seite mit Felix Agu und Park Optionen gibt, sind die Fragezeichen beim Thema Rechtsverteidiger größer. Leih-Rückkehr Simon Straudi hat wohl keine Zukunft beim SVW, der etatmäßige Mittelfeldspieler Jean-Manuel Mbom war beim Test-Remis gegen Zenit erste Wahl auf ungewohnter Position. Hier muss Werder noch nachbessern!

Hinzu kommt, dass auch Mbom selbst umworben ist. Die Bild berichtete im Juni von zwei "reizvollen" Angeboten, die eingetrudelt seien. Dabei soll es sich um ein Team aus der Premier League handeln sowie eines, welches in der vergangenen Saison an der Europa League teilnahm.

Da die Angebote im Bereich von zwei Millionen Euro jedoch nicht den Vorstellungen der Bremer entsprachen und Mbom als einer der Bausteine einer möglichen Aufstiegsmannschaft angesehen wird (21 BL-Einsätze 20/21), ist ein Verbleib des 21-Jährigen gut vorstellbar - zumal sich die Gerüchte in den vergangenen Wochen nicht erhärtet haben.

Werder Bremen in der Kaderanalyse - Mittelfeld

  • Personal: Christian Groß (Vertrag bis 2022), Ilia Gruev (bis 2023), Thore Jacobsen (bis 2022), Maximilian Eggestein (bis 2023), Kevin Möhwald (bis 2022), Jean Manuel Mbom (bis 2023), Leonardo Bittencourt (bis 2024), Romano Schmid (bis 2023), Niklas Schmidt (bis 2022)
  • Fragezeichen: Eggestein, Bittencourt, Mbom
  • Kandidaten: Fredrik Aursnes
  • Situation: Ob 4-1-4-1, 4-3-3 oder 4-2-3-1 - Anfang baut in der Regel auf ein spielstarkes und dominantes Mittelfeld und einen mutigen Spielstil. Hierfür steht nach aktuellem Stand ein in Anbetracht der Spielklasse sehr gut besetzter Kader zur Verfügung, der sich jedoch wie in der Defensive noch verändern wird.

"Jeder in Bremen weiß, dass es eine außergewöhnliche Situation ist. Die habe ich in der Form auch noch nicht erlebt", sagte Anfang angesichts der unklaren Situation auf dem Transfermarkt und deutete an, dass der finale Kader wohl erst im Laufe des August stehen wird. "Wir arbeiten damit, wir sehen darin auch unsere Chance. Junge Spieler, die bis dato weniger gespielt haben, bekommen Spielzeit und können sich empfehlen."

Mit Kevin Möhwald, Maximilian Eggestein, Leonardo Bittencourt, Romano Schmid oder Mbom ist die Klasse im zentralen Mittelfeld groß - in quantitativer Hinsicht zu groß. Ein Abgang von Eggestein ist wohl unvermeidbar, um sich auf dem internationalen Markt besser zu positionieren, hat der 24-Jährige sogar seinen Berater gewechselt.

Nachdem Eggestein 2019 noch von Joachim Löw zum DFB-Team eingeladen wurde, ist das Interesse der großen Teams analog zur Entwicklung bei Werder erloschen. Mit Norwich City wird dem Team des deutschen Trainers Daniel Farke Interesse nachgesagt, dem die Rückkehr in die Premier League gelang. Mit Milot Rashica schließt sich ein weiterer Werder-Profi den Canaries an. "Wenn wir eine Lösung finden, die für alle Parteien zufriedenstellend ist, werden wir einen Wechsel nicht ausschließen", sagte Baumann zum Wechselwunsch des Eigengewächses.

Offen ist auch die Zukunft von Bittencourt, für den Werder vor einem Jahr noch sieben Millionen Euro nach Hoffenheim überwies. "Wenn man all die Jahre in der 1. Liga gespielt hat, ist es klar, dass man das Niveau auch weiterhin gerne halten möchte", erklärte der ehemalige Dortmunder, stellte aber gleichzeitig klar, dass es ihm auch gut gehe, wenn er mit Werder in Liga zwei geht. "Ich habe hier noch Vertrag, fühle mich sehr wohl, aber die Situation ist natürlich besonders. Solange ich hier bin, gebe ich 150 Prozent."

Aufgrund des Überangebotes in der Zentrale - mit Routinier Christian Groß, Youngster Mbom oder den Leih-Rückkehrern Niklas Schmidt oder Thore Jacobsen gibt es weitere Optionen - wird es auf der Seite der Zugänge ruhig bleiben, lediglich ein Transfer zeichnet sich ab. Der Norweger Fredrik Aursnes steht vor einem Wechsel nach Bremen. Sein jetziger Klub Molde FK will den Sechser laut der Deichstube jedoch nicht vor August abgeben, damit er in den beiden Qualifikationsspielen zur Europa Conference League gegen Servette Genf noch dabei sein kann.

Werder Bremen - Zugänge

Name

alter Verein

Ablöse

Kyu-hyun ParkUlsan Hyundai250.00 Euro
Nicolai RappUnion Berlin200.000 Euro
Anthony JungBröndby IFablösefrei
Lars Lukas MaiFC BayernLeihe
Kebba BadjieWerder Bremen II-
Thore Jacobsen1. FC MagdeburgLeih-Ende
Simon StraudiAustria KlagenfurtLeih-Ende
Johannes EggesteinLinzer ASKLeih-Ende
Stefanos KapinoSV SandhausenLeih-Ende
Niklas SchmidtVfL OsnabrückLeih-Ende

Werder Bremen in der Kaderanalyse - Sturm

  • Personal: Nick Woltemade (Vertrag bis 2023), Kebba Badije (-), Yuya Osako (bis 2022), Josh Sargent (bis 2022), Niclas Füllkrug (bis 2023), Johannes Eggestein (bis 2022), Eren Dinkci (bis 2022)
  • Fragezeichen: Sargent, Eggestein, Osako
  • Kandidaten: -
  • Situation: Eine Woche vor Saisonbeginn ist Rashica tatsächlich weiterhin der einzige Spieler, der eine beträchtliche Ablösesumme in die Kasse der Norddeutschen gespült hat, dabei soll es aber keinesfalls bleiben.

Wechselkandidat Nummer eins ist Josh Sargent. Der US-Amerikaner lief in jungen Jahren bereits 70-mal in der Bundesliga auf und soll auch dort bleiben. Die Bemühungen der Eintracht aus Frankfurt sind nach Infos der Sport Bild fehlgeschlagen. Werder fordere demnach zehn Millionen Euro, die SGE war nur bereit, die Hälfte zu zahlen.

Als Alternative bringt die Deichstube Bayer Leverkusen ins Spiel. Der Kaderplaner der Werkself, Tim Steidten, arbeitete in gleicher Funktion für Werder und lotste Sargent damals nach Bremen. "Josh ist natürlich ein interessanter Spieler, aber mehr möchte und kann ich dazu nicht sagen", will sich Steidten nicht in die Karten schauen lassen.

Keine Zukunft in Bremen hat wohl auch Johannes Eggestein. Als einer von nur zwei Feldspielern kam er im Test gegen Zenit nicht zum Einsatz. "Wenn Jojo für sich eine Entscheidung trifft, dass er gerne woanders hingehen will, dann hat er die Entscheidung für sich getroffen. Er weiß, wie wir darüber denken", äußerte sich Anfang im Anschluss vielsagend über das einst gehypte Talent, das den Durchbruch (noch) nicht schaffte.

Anders verhält es sich bei den restlichen Spielern im Kader. Zentraler Baustein ist der häufig verletzte Niclas Füllkrug, der, sofern fit, in der 2. Liga den Unterschied machen kann. Hinzu kommen der variabel einsetzbare Yuya Osako sowie Offensivtalent Eren Dinkci, bei dem die Zeichen trotz zahlreicher Nebenbuhler auf Verbleib stehen.

"Im Fußball weiß man nie. Grundsätzlich bin ich aber ein Bremer Jung und spiele gerne bei Werder. Ich hoffe, dass ich möglichst viele Spiele machen kann. Dann sehen wir weiter", sagte der 19-Jährige, der seinen bis 2022 gültigen Juniorenvertrag unbedingt in einen langfristigen Profivertrag umwandeln möchte, der Deichstube. Gegen St. Petersburg betrieb er mit einem schönen Treffer Werbung in eigener Sache.

Besonders wertvoll macht ihn die Tasache, dass er aufgrund seiner Schnelligkeit auch auf dem Flügel einsetzbar ist. Dort ist die Auswahl überschaubar, da mit Nick Woltemade ein weiterer Spieler seine Stärken im Zentrum hat. "Wir hoffen, dass wir recht zeitnah wissen, mit welchem Kader wir planen können", sagte Anfang zu Beginn der Woche bei Sky.

Auch für den Fall, dass Sargent und Eggestein den Klub verlassen, sind Neuzugänge keineswegs garantiert. Mit Flügelspieler Kebba Badije stößt ein vielversprechendes Talent aus der zweiten Mannschaft zu den Profis (25 Tore in 53 RL-Spielen), Gerüchte um Interesse an Hannovers Marvin Ducksch oder Sandhausens Kevin Behrens, der in Bremen geboren wurde, verliefen im Sand.

Werder Bremen: Der Saisonauftakt im Überblick

DatumUhrzeitWettbewerbGegner
24. Juli20.30 Uhr2. LigaHannover 96 (H)
31. Juli20.30 Uhr2. LigaFortuna Düsseldorf (A)
7. August15.30 UhrDFB-Pokal (1. Runde)VfL Osnabrück (A)
15. August13.30 Uhr2. LigaSC Paderborn (H)
21. August13.30 Uhr2. LigaKarlsruher SC (A)